FEIERTAG Die Kunst tut sich seit jeher schwer mit dem Auffahrtsfest. Um das Geschehen darzustellen, behalfen sich Maler mit Tricks.
MARK POLLMEIER
Wenn man in religiösen Kategorien denkt, ist es eigentlich ganz einfach. Gott hat mit Jesus seinen Sohn in die Welt ...
FEIERTAG Die Kunst tut sich seit jeher schwer mit dem Auffahrtsfest. Um das Geschehen darzustellen, behalfen sich Maler mit Tricks.
MARK POLLMEIER
Wenn man in religiösen Kategorien denkt, ist es eigentlich ganz einfach. Gott hat mit Jesus seinen Sohn in die Welt gesandt. Nach seiner Kreuzigung und Auferstehung kehrt dieser Jesus zurück zu seinem Vater in den Himmel. Die Bibel bietet dazu verschiedene Versionen an. Einmal wird Jesus emporgehoben, eine Wolke nimmt ihn auf und entzieht ihn den Blicken der Jünger. An einer anderen Stelle verlässt Jesus seine Begleiter und wird zum Himmel «emporgehoben».
Wie andere Sprachen krankt auch das Deutsche daran, dass es für Himmel nur ein Wort kennt. Das Englische ist differenzierter. Dort gibt es das Wort sky für den Himmel über unseren Köpfen – und heaven für den Himmel im religiösen Sinn. Die Himmelfahrt Jesu ist wohl nicht als Ortswechsel zu verstehen, sondern in erster Linie als Rückkehr in den religiösen Himmel, in die Sphäre Gottes. Dazu passt auch die Erwähnung der Wolke, die in der Bibel meist für die Gegenwart Gottes steht. Nur: Wie soll ein Künstler diese Rückkehr in den Himmel darstellen?
Lange gab es gar keine bildlichen Darstellungen der Himmelfahrt. Die frühe Malerei ab dem 4. Jahrhundert lässt Jesus dann gen Himmel schreiten, wo er von Gott in Empfang genommen wird. Später war es Mode, einen Jesus zu malen, der von Engeln gen Himmel getragen wird. Ab dem Jahr 1000 setzte sich die Darstellung durch, die wir heute vielfach vor Augen haben: Der Gottessohn entschwindet auf einer Wolke.
Um auszudrücken, dass Jesus wahrer Gott und wahrer Mensch ist, griffen die Künstler zu besonderen Stilmitteln. Eine Zeit lang liessen sie auf ihren Darstellungen noch Jesu Füsse und Beine ins Bild ragen. Etwa ab dem 14. Jahrhundert bleiben am Boden nur noch seine Fussabdrücke übrig. Die Botschaft: Auch wenn Jesus «auffährt» und entschwindet, bleibt er doch einer von uns und hat hier auf Erden Spuren hinterlassen.