«Safe, Brudi!»
Szene: Künstlich angelegte Strecke mit speziell geformten Hügeln und Steilkurven – ein sogenannter Pumptrack. Befahrbar unter anderem mit Velo, Trotti, BMX oder Inlineskates. Gerade führt ein Halbwüchsiger einen Trick auf dem Trotti vor: «Hey Bro! ...
«Safe, Brudi!»
Szene: Künstlich angelegte Strecke mit speziell geformten Hügeln und Steilkurven – ein sogenannter Pumptrack. Befahrbar unter anderem mit Velo, Trotti, BMX oder Inlineskates. Gerade führt ein Halbwüchsiger einen Trick auf dem Trotti vor: «Hey Bro! Hesch mi Tailwhip gseh!?» «Oohaaa! Wiene Pro, Alte! Nice!» Ein verwundertes Grosi zieht ein langes Gesicht. Es versteht nur Bahnhof. Das ist jetzt wohl die Sprache der Jungen?
Und damit wird im Moment nicht nur der Pumptrack, sondern auch unsere Wohnung – ja, was sag ich: das ganze südliche Wohnquartier – geflutet.
Letzthin suchte meine Älteste frühmorgens verzweifelt «s Crunchie». Ich dachte zuerst an eine Knuspermüsli-Mischung, aber sicher nicht an ein Haargummeli! Aber da ja jetzt das «Bürzi» eben «Dutt» heisst, passt das Haargummeli natürlich auch nicht mehr. Unter dem Bürzi kommt ja gleich der Kapuzenpulli. Da dieser sich wahrscheinlich auch beschwert hat über seinen altmodischen Namen, heisst er jetzt «Hoodie», und seine Nachbarin unter ihm, die unförmige Arbeiterhose aus den USA, nennt sich «Mom Jeans».
Bei der Autofahrt durchs Dorf lassen unsere Zwillinge das Fenster runter und rufen ihren Kollegen nicht mehr mit Vornamen an, sondern mit : «Moin Meister!» «Hey Diggah!», ruft dieser zurück ,was etwa so viel heisst wie «Hey Kumpel». Weiter gehts: Ein nerviger Mitbürger ist nicht mehr ein «Löl», sondern ein «Lauch». Beim Fussball nimmt man seinen Gegner mit einem «Tüneli» hops. Und wenn sich einer abfällig über den anderen äussert, fühlt dieser sich «gedisst» … Und diese Sprache macht nicht mal vor dem kirchlichen Unterricht halt. Hier nennt man den andern einen «Habakuk», wie der Prophet im Alten Testament. «Sheesch» – wirklich? «Safe, Brudi» – sicher, Bruder!
Zugegeben, ich blicke da nicht mehr durch und weiss auch nicht, ob das alles stimmt, was ich da geschrieben habe. Fragen Sie am besten Ihre Kinder oder Enkel. Und wenn ich überhaupt nicht mehr «drus komme» mit all diesen Ausdrücken, lächeln meine Buben etwas mitleidig. Aber statt: «Ach Mueti, das isch doch bubi-ifach!», sagen sie: «Hey Mummy: Easy peasy lemon squeezy!»
Was sag ich dazu?
«Safe, Brudi …! So lost bin ich auch noch nicht, und wenns sein muss, schnall ich mein Scrunchie ums Bürzi, schlüpfe in den schnellsten Hoodie, den ihr euch vorstellen könnt, stürze mich ‹Moin Meister› zeternd in den Kampf um irgendwelche ‹slang words› und dann nehm ich euch zwei Diggahs noch allemal mit einem Tüneli hops – beim Habakuk!»
ANDREA BALMER-BEETSCHEN
ANDREA.BEETSCHEN@BLUEWIN.CH