Jetzt, da die Hobbysportler wieder aktiv werden, hört man den Tipp häufiger: Wer unter Krämpfen leidet, der müsse nur die richtigen Brausetabletten nehmen. Auch Bitter Lemon wird gelegentlich empfohlen. Wirklich hilfreich ist aber etwas anderes.

MARK POLLMEIER
Körperliche Anstrengung ist ein bekannter Krampfauslöser – vor allem, wenn jemand die sportliche Betätigung nicht gewöhnt ist oder nach einer Pause wieder anfängt. Doch nicht nur Bewegung führt zu Krämpfen. Manche bekommen sie auch nach längerem Sitzen oder mitten in der Nacht im Bett. Oft ist es die Wade, die hart wird und schmerzt, aber auch die grossen Oberschenkelmuskeln neigen dazu, sich zu verkrampfen. Doch was ist das eigentlich: ein Krampf?

Normalerweise bewegen sich Muskeln, wenn das Gehirn den Befehl dazu gibt. Manchmal läuft dieser Mechanismus jedoch aus dem Ruder. Die Nervenzellen senden dann unkontrollierte Impulse, worauf sich bestimmte Muskeln anspannen bis hin zum völligen Erstarren.
Die Ursachen für solche Fehlimpulse sind vielfältig: Überbeanspruchung, orthopädische Probleme wie Fehlstellungen, neurologische Krankheiten. Da Muskeln letztlich durch winzige elektrische Signale gesteuert werden, kann aber auch ein Mineralstoffmangel zu einer Fehlfunktion führen – etwa eine Unterversorgung mit Kalium oder Magnesium. Das ist vermutlich der Grund, warum Magnesium gern als Mittel gegen Krampfattacken empfohlen wird.

Gut für die Nerven
Tatsächlich hat Magnesium eine positive Wirkung auf die Nervenleitgeschwindigkeit. Auch für andere Körperfunktionen ist es wichtig, etwa für die Konzentrationsfähigkeit. Insofern ist es sicher sinnvoll, auf eine ausgewogene Ernährung zu achten, sodass ausreichend Magnesium zugeführt wird.

Dass man mit ein paar Magnesiumpillen seine Muskelkrämpfe loswerden kann, ist jedoch nicht belegt. Vor allem hilft das so zugeführte Mineral nicht kurzfristig. Als ungeübter Sportler vor dem Joggen noch schnell ein Glas Wasser mit Magnesiumzugabe trinken, bringt also nichts. Im Gegenteil: Wird Magnesium überdosiert, kann es sogar schaden und beispielsweise die Nierenfunktion stören oder Magen-Darm-Beschwerden hervorrufen.

Hilfreich ist dagegen die Einnahme von Chinin. Der Bitterstoff senkt Anzahl, Dauer und Intensität von Krämpfen nachweislich. Doch auch Chinin ist mit Vorsicht zu geniessen – eine Überdosierung kann lebensbedrohlich werden. Der Genuss von chininhaltigem Bitter Lemon hat dagegen weder positiven noch negativen Einfluss – die Konzentration im Getränk ist dafür nicht hoch genug.

Ein Schluck aus dem Gurkenglas
Weitgehend ungefährlich und doch wirksam gegen Krämpfe ist ein Mittel, an das wohl kaum jemand denkt: verdünnter Essig oder einfach «Gurkenwasser», also die Flüssigkeit, in der saure Gurken eingelegt sind. Gemäss einer USamerikanischen Studie kann damit die Krampfdauer um fast die Hälfte auf durchschnittlich 85 Sekunden verkürzt werden. Einziger Nachteil: Kaum jemand hat beim Sport wohl Gurkenwasser dabei. Bei nächtlichen Krampfanfällen daheim kann ein schneller Schluck dagegen Linderung verschaffen. Doch Vorsicht: Nicht die Gurke mittrinken!

Gegen akute Krämpfe, aber auch vorbeugend hilft ausserdem das gute alte Dehnen. Eine Studie belegt: Wer vor dem Schlafengehen die grossen Beinmuskeln ein paarmal für jeweils zehn Sekunden dehnt, kann damit das Krampfrisiko senken.

RICHTIG ODER FALSCH? Alltagsmythen unter der Lupe

Image Title

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Ja. Ich benötige ein Abo.

Article

Image Title