TAG DES SCHLEUDERSITZES
Mit gleich zwei Nachrichten war die Schweiz am vergangenen Mittwoch in den internationalen Medien. Die erste betraf einen Absturz: Ein F-5 «Tiger» der Luftwaffe war am Morgen bei Melchsee-Frutt verunglückt. Der Pilot blieb unverletzt. Bevor seine ...
TAG DES SCHLEUDERSITZES
Mit gleich zwei Nachrichten war die Schweiz am vergangenen Mittwoch in den internationalen Medien. Die erste betraf einen Absturz: Ein F-5 «Tiger» der Luftwaffe war am Morgen bei Melchsee-Frutt verunglückt. Der Pilot blieb unverletzt. Bevor seine Maschine aufschlug, konnte er sie mit dem Schleudersitz verlassen.
Auch in der zweiten Meldung aus der Schweiz ging es um einen Absturz. Schon vor Monaten waren die Verhandlungen mit der EU ins Trudeln geraten, seit Ende April befand sich das Projekt quasi im freien Fall.
Am Mittwochnachmittag betätigten sieben Schweizer Piloten dann den Schleudersitz und katapultierten das Land aus den Verhandlungen. Das institutionelle Rahmenabkommen zerschellte auf halbem Weg zwischen Bern und Brüssel, vermutlich irgendwo in der Nähe von Strassburg.
Die Frage ist nun, wie man die beiden Notausstiege beurteilt. Im ersten Fall scheint die Sache klar: Indem der «Tiger»-Pilot den Schleudersitz nutzte, rettete er sein Leben. Er wird noch ein paar Tage Rückenschmerzen haben, das Ganze ansonsten aber heil überstehen.
Beim zweiten Notausstieg gehen die Meinungen weit auseinander. Die einen applaudieren und sprechen von Rettung in letzter Sekunde. Andere klagen, die bundesrätlichen Piloten seien schlicht unfähig. Das Drücken des Schleudersitz-Knopfes sei eine übereilte Panikreaktion gewesen.
Es ist müssig, noch wochenlang über die Situation im Cockpit zu diskutieren. Die Piloten haben entschieden, es gibt kein Zurück. Viel interessanter ist, was nun geschehen soll. Auch hier ist die eine Geschichte klarer als die andere. Im letzten Herbst hat das Volk die Anschaffung neuer Kampfflugzeuge genehmigt. Sechs Milliarden Franken sind dafür veranschlagt, Folgekosten nicht mitgerechnet. Sofern sie nicht vorher vom Himmel fallen, werden die antiquierten «Tiger» der Luftwaffe also demnächst ersetzt werden.
Das Volk hat auch mehrmals Ja gesagt zum bilateralen Weg mit der EU. Dementsprechend will der Bundesrat nun irgendwie an den Bilateralen festhalten. Falls das gelingt, wird dabei wohl gleichfalls das Scheckbuch zum Einsatz kommen. Genau wie Sicherheit hat eben auch die Freiheit ihren Preis.
MARK POLLMEIER
M.POLLMEIER@FRUTIGLAENDER.CH