PUNKTLANDUNG – Direkt auf Wanderweg und Piste
22.06.2021 KolumneDirekt auf Wanderweg und Piste
«Wie wollen Sie endlich mehr Menschen in der Freizeit in die Bahn bringen?», fragte das Konsumentenmagazin «Der Beobachter» im April SBB-Chef Vincent Ducrot. Seine Antwort fiel klar und für die Tourismusregionen eindeutig positiv aus: ...
Direkt auf Wanderweg und Piste
«Wie wollen Sie endlich mehr Menschen in der Freizeit in die Bahn bringen?», fragte das Konsumentenmagazin «Der Beobachter» im April SBB-Chef Vincent Ducrot. Seine Antwort fiel klar und für die Tourismusregionen eindeutig positiv aus: «Wir müssen flexibler werden mit unseren Angeboten. Zum Beispiel planen wir mehr direkte Verbindungen von den Zentren in die Freizeitregionen. An Wochenenden soll es einen anderen Fahrplan geben als unter der Woche. Wo wir das machen, haben wir grossen Erfolg.»
Kurze Rückblende: Ende der 1960er-Jahre standen mein Vater und ich jeweils winters am Samstagmorgen kurz vor sieben Uhr am Gleis 2 des Bahnhofs Ostermundigen und warteten auf den Schnellzug Richtung Brig mit zwei direkten Wagen nach Zweisimmen. Diese wurden in Spiez an den Regio Richtung Simmental angehängt. Oft waren wir so die ersten Skifahrer, die in den bunten und eierförmigen Gondeln auf dem Rinderberg ankamen und allein durch den Pulverschnee hinab Richtung Gobeli kurvten.
Was haben nun die aktuellen Aussagen des obersten Schweizer Bähnlers und meine Erinnerungen miteinander zu tun? Entscheidend für den Erfolg der neuen SBB-Strategie wird sein, wann diese direkten, also umsteigefreien Freizeitzüge abfahren und wo sie ihre Fahrgäste aufnehmen. Im Stadtzentrum von Bern gibt es zwar viele Haushalte ohne eigenes Auto, die per se den öffentlichen Verkehr für Freizeitfahrten und die Anreise in die Ferien benützen. Aber eben nicht nur hier, sondern auch in den Vororten wie Bümpliz und Wankdorf und in den aufstrebenden Agglomerationen von Ostermundigen, Muri-Gümligen und Münsingen. Ergo müssen die Wochenendangebote der SBB und BLS die Passagiere hier abholen. Also dort, wo sie leben, nämlich in einem Umkreis von etwa 500 Metern oder knapp zehn Minuten Fussweg zum Bahnhof. Für weiter entfernte potenzielle Fahrgäste könnten die am Samstag und Sonntag meist leer stehenden Park- & Ride-Parkplätze für einen Fünfliber pro Tag angeboten werden, also für gleichviel oder weniger Geld als man bei den Talstationen der Bergbahnen zahlen muss. Inhaber eines SwissPasses lösen zudem die Tageskarte bequem zu Hause im Internet bei Railaway mit einem Rabatt von zwanzig Prozent und laden sie auf diesen hoch. Das Anstehen an der Kasse entfällt und der Sportspass kann gleich beginnen.
Nicht alle beliebten Freizeitsportorte sind direkt zu erreichen: Adelboden ist ein gutes Beispiel. Aber man könnte das Umsteigen erleichtern, indem die morgendlichen «Freizeitzüge» in Frutigen am Gleis 1 halten, sodass der Wechsel von der Bahn auf den Bus ohne Treppen- und Rampensteigen möglich ist.
Eine Bahn-Freizeit-Erfolgsgeschichte gibt es schon mehrere Jahre für die Flumserberge: An Samstagen, Sonntagen und allgemeinen Feiertagen fährt die S2 von Zürich-Ziegelbrücke bis nach Unterterzen weiter und nimmt Freizeitsportler sommers und winters entlang des linken Zürichseeufers auf. Von St. Gallen her hält die S4 sogar täglich direkt gegenüber der Talstation der Achtergondelbahn Seejet nach Tannenboden.
KURT METZ
MAIL@KURTMETZ.CH