Schüler auf Sendung
22.06.2021 Adelboden, Bildung|SchuleWenn Kinder «on air» sind, geht es oft lustig und ungezwungen zu. Davon konnten sich die Adelbodner eine ganze Woche lang selbst überzeugen – auf der Frequenz 87,7 MHz.
MONYA SCHNEIDER
Bereits vor sieben Jahren machte der Adelbodner Lehrer Alexander Zumbrunn ...
Wenn Kinder «on air» sind, geht es oft lustig und ungezwungen zu. Davon konnten sich die Adelbodner eine ganze Woche lang selbst überzeugen – auf der Frequenz 87,7 MHz.
MONYA SCHNEIDER
Bereits vor sieben Jahren machte der Adelbodner Lehrer Alexander Zumbrunn Erfahrungen mit dem «powerup_ radio», einem Projekt der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi (siehe Kasten). Damals unterrichtete er im Hirzboden. Sein Frutiger Kollege Valentin Leibundgut hatte dieses Projekt ein Jahr zuvor in der Schule Winklen durchgeführt, und Zumbrunn hielt dies für «eine coole Sache». Es umzusetzen war aber gar nicht so einfach, es gab ein paar Startschwierigkeiten. Doch von den Erfahrungen von damals konnte Alexander Zumbrunn nun profitieren. Vor seiner Pensionierung in zwei Jahren wollte er noch einmal ein grösseres Projekt realisieren. Mit dem Radiobus erfüllte er sich diesen Herzenswunsch. Er brachte den Bus erneut nach Adelboden – diesmal ins Schulhaus Ausserschwand, wo er mittlerweile unterrichtet. Eigentlich war der Bus bereits für letztes Jahr gebucht, doch Corona hatte andere Pläne.
Berichte über Food-Waste, Sportler-Interviews und Quizspiele
Der Vorbereitungsaufwand im Vorfeld der Projektwoche war sehr gross. Die Lehrer kümmerten sich um das Sammeln von Sponsorengeldern. Schliesslich musste das über 7000 Franken teure Vorhaben auch irgendwie finanziert werden. Die Unterstützung und der Rückhalt durch das Adelbodner Gewerbe und die Bevölkerung waren überwältigend. Auch die Migros, der Frauenverein Adelboden, das Chindernetz Bern (ehemals Pro Juventute), der Bärner Jugendtag, die «éducation21» – eine Stiftung des Bundes, die nachhaltige Projekte unterstützt – und die Schule selbst steuerten grosse Geldbeträge bei. Ausserdem wurden einige Sachpreise gespendet, die während der Radiosendung bei Quizzen und Spielen verlost und verschenkt werden sollten.
Auch die Kinder hatten für die Radiowoche im Vorfeld fleissig Vorbereitungen getroffen. Schwerpunkt der meisten Sendungen sollte die Bildung für Nachhaltige Entwicklung BNE sein. Also suchte man nach nachhaltigen Themen, die auch im Erfahrungsbereich der Kinder liegen – wie etwa Food-Waste, Sonnenkollektoren oder Abfallvermeidung. Die rund 65 Kinder vom Kindergarten bis zur 6. Klasse gingen recht selbstständig an die Sache. Für sie war die Arbeit sehr vielseitig. So wurden verschiedene Fächer aus dem Lehrplan 21 abgedeckt. Medien und Informatik kamen zum Zug, als sie Werbung produzierten, entsprechende Programme zum Aufnehmen und Bearbeiten anwendeten und sahen, wie man Musik dazu mischt. Im Bereich Deutsch mussten sie Interviewfragen aufschreiben, Interviews durchführen, freies Sprechen am Mikrofon üben und schauen, wie man reagiert, wenn jemand live anruft. Die Themen für die Sendungen wurden schon ein wenig von Zumbrunn gesteuert, aber grösstenteils konnten sich die SchülerInnen frei entfalten. Sie interviewten den Läufer Jonathan Schmid, den Gleitschirmflieger Chrigel Maurer, aber auch ihre Eltern.
Live oder aus der «Konserve»
Am letzten Montag stand dann der blaue Radiobus auf dem Schulhausplatz im Ausserschwand – und los gings. Über die UKW-Antenne auf dem Bus mit eingebautem Sender wurde das Programm auf der Frequenz 87,7 MHz ausgestrahlt. Die Reichweite war ziemlich gross, und man konnte die Stimmen der Schüler sogar bis zum Spital Frutigen empfangen. Zudem wurde das Programm über einen Livestream übertragen, und von der im Bus eingebauten Webcam wurde jede Minute ein Bild gesendet.
Fünf Tage lang musste eine tägliche Sendezeit von 7.30 bis 19 Uhr gefüllt werden. Dabei wurden die vorbereiteten Beiträge gesendet, aber auch viele Livebeiträge. So konnten die Zuhörer beim Wunschkonzert anrufen oder die Kindergartenkinder trugen ihre selbst erfundene Kasperli-Geschichte vor. Am Vormittag fand ganz normaler Unterricht statt. Während meistens zwei Kinder oder manchmal auch nur ein Kind einen jeweils 30-minütigen Moderatorenblock übernahm, arbeiteten die restlichen Schüler an einer selbstständigen Aufgabe. An den Nachmittagen hatten die Kinder schulfrei – ausser natürlich jene, die hinter dem Mikro sassen. Im Radiobus wurden sie von «powerup»-Mitarbeiterin Mariel Diez und den zwei Praktikantinnen bestens betreut.
Eine Erfahrung fürs Leben
Am Anfang hatten ein paar Kinder noch Hemmungen, während andere von Anfang an selbstbewusst hinter dem Mikrofon sassen und drauflos plauderten, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Alexander Zumbrunn zeigt sich erfreut darüber, wie alles klappte und alle immer rechtzeitig für ihren Einsatz parat waren. Er versuchte den Kindern die Begeisterung fürs Radiomachen zu vermitteln und ihnen klarzumachen, dass dies eine einmalige Chance sei, die sie nicht verpassen sollten. «Nicht, dass sie am Ende der Woche bereuen, nicht so aktiv mitgemacht zu haben», so Zumbrunn. «Nach einer Woche wüssten sie dann, wie es läuft, und man müsste eigentlich noch eine Woche dranhängen.» Auf jeden Fall war es eine spannende, gute Erfahrung für die Kinder, nur schon einmal am Mikrofon zu sitzen und zu merken: Da hört ja jemand zu! Sie erhielten viele schöne Rückmeldungen von den Zuhörern.
Schon bald wird der Radiobus wieder im Frutigland stehen. In der ersten Aprilwoche wird die Schule Winklen auf Sendung gehen.
Seit 22 Jahren unterwegs
«powerup_radio» ist ein Projekt der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi und macht bereits seit 1999 Sendungen mit Kindern und für Kinder. Seit 2006 ist der Radiobus in der ganzen Schweiz unterwegs. Da «powerup_radio» die komplette technische Versorgung abdeckt, steht in Nullkommanichts ein modernes Radiostudio auf dem Pausenplatz – mit eigener Frequenz, Onlinezugriff, Mobile-App und Webcam inklusive. 2013 erhielt das Projekt als «Sprachrohr von Kindern und Jugendlichen» den Förderpreis der SRG Ostschweiz.
MS
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