Vorsicht beim Spiel mit dem Feuer
30.07.2021 GesundheitGESUNDHEITSECKE Zu viel Sonne, zu nah am Feuer, ein Ölspritzer vom Grill oder ein unvorsichtig abgebranntes Feuerwerk – für Verbrennungen gibt es viele Ursachen. Die rasche und richtige Behandlung ist entscheidend, damit Schmerzen und Brandblasen schnell wieder ...
GESUNDHEITSECKE Zu viel Sonne, zu nah am Feuer, ein Ölspritzer vom Grill oder ein unvorsichtig abgebranntes Feuerwerk – für Verbrennungen gibt es viele Ursachen. Die rasche und richtige Behandlung ist entscheidend, damit Schmerzen und Brandblasen schnell wieder verschwinden.
Der Sommer lädt zum Sonnenbad, zu gemütlichen Grillabenden und fröhlichen Runden am Lagerfeuer ein. Am 1. August begleiten Feuerwerke und zischende Raketen den Feiertag. Unbeschwert und frei sollen diese Sommertage sein, sie bergen jedoch auch ihre Gefahren.
Rund um den 1. August verletzen sich in der Schweiz gemäss Statistik der Unfallversicherungen jedes Jahr rund 110 Personen beim Umgang mit Feuerwerkskörpern. Zu den häufigsten Verletzungen gehören dabei Verbrennungen, vor allem von Händen und Fingern (37 Prozent) sowie Gehörschäden (22 Prozent). Der Kontakt mit Hitze von mehr als 45 Grad Celsius oder die zu lange Einwirkung energiereicher UV-Strahlung beim Sonnenbad führt zu akuten Schädigungen der Haut. Die Schwere der Verbrennung hängt von der Höhe der Temperatur und der Dauer der Hitzeeinwirkung ab.
Grad für Grad steigt die Gefahr
Wie gravierend ein Schaden ist, zeigen die Einschätzung der Tiefe einer Wunde, das Ausmass der betroffenen Fläche und der Ort der Verbrennung. Brandverletzungen werden in vier Schweregrade eingeteilt. Bei einer Verbrennung ersten Grades ist nur die oberste Hautschicht (Epidermis) betroffen. Typische Symptome sind starke Rötung, Schwellung und Schmerz. Bei Verbrennungen zweiten Grades ist die darunter liegende Lederhaut (Dermis) geschädigt, es bilden sich Brandblasen (Grad 2a) und der Wundgrund ist stark schmerzempfindlich. Bei tiefer gehenden Läsionen (Grad 2b) mit zerrissenen Blasen, offenen Wunden und rauen Wundrändern besteht Infektionsgefahr, die Schmerzen sind jedoch geringer.
Schwerste Verbrennungen dritten und vierten Grades zerstören die oberen Hautschichten komplett, die Wunde erscheint trocken und die Verletzungen reichen bis zur Unterhaut (Subcutis). Muskeln, Sehnen, Knochen oder Gelenke können mit betroffen sein. Weil alle Nerven im verbrannten Bereich zerstört sind, fühlt er sich taub an. Bei grossflächigen Verbrennungen verliert die Haut ihre lebenswichtige Funktion als Schutzhülle und Wärmeregulator. Der Flüssigkeitsverlust über die Wunde kann zu einem lebensbedrohlichen Schock führen.
Wie reagiert die Haut?
Im harmlosen Fall verbrennen, unter üblem Geruch, nur die Härchen auf der Hautoberfläche. Die oberste Hautschicht ist ein sehr schlechter Wärmeleiter, und so wird die bei einer starken Hitzeeinwirkung oder nach einem zu langen Sonnenbad aufgenommene Energie in tiefere Schichten abgeleitet. Dabei zerstörte Zellen und verletztes Gewebe lösen eine akute Entzündung aus, die zu einer Mehrdurchblutung (Rötung), zu Schmerzen (durch Entzündungsmediatoren) und zu einer Schwellung führt.
Flüssigkeit aus beschädigten Blutkapillaren bei Verbrennungen zweiten Grades füllen eine Brandblase. Knapp unter der Oberhaut liegen sensible Nervenendigungen, die auf thermische Reize rea-gieren. Daher sind oberflächliche Verbrennungen äusserst schmerzhaft. Tief reichende Verbrennungen zerstören diese Nervenfasern, und der betroffene Bereich wird taub. Gefährlich ist dies bei Verbrühungen oder Dampfverbrennungen, wenn die Schädigung in tieferen Geweben, kaum bemerkt, lang anhaltend fortschreitet.
Bei unklarem Ausmass einer Verbrennung, insbesondere bei Kindern, ist ein Gang zum Arzt oder ins nächste Spital nie vergebens. Ein lebensgefährlicher Schockzustand kann auch erst Stunden später eintreten.
Kühlen Kopf bewahren
Jede Brandverletzung muss ernst genommen und rasch beurteilt werden. Verbrennungen ersten und zweiten Grades mit intakter Haut (geschlossene Brandblase) kann man gut selbst behandeln. Weil keine tieferen Hautschichten zerstört sind, heilen sie meist auch ohne Narbenbildung ab. Die erste und wichtigste Massnahme ist fünfminütiges Kühlen mit kaltem Leitungswasser. Dies lindert die Schmerzen und grenzt die Ausbreitung der Hitze im Gewebe ein. Kühl- oder Eisbeutel sind nur zurückhaltend und für einige Minuten aufzulegen. Von «bewährten» Hausmitteln wie Öl, Mehl, Kartoffeln, Zwiebeln, Puder oder Zahnpasta ist absolut abzuraten.
Brandblasen schützen die darunterliegende Wunde und schaffen ein ideales Klima für die Heilung. Das Wundsekret dient der Kühlung. Beim Öffnen mit unsterilen Nadeln, Pinzetten oder Scheren besteht die Gefahr einer Infektion tiefer liegender Hautschichten. Offene Brandwunden sollten nach dem Kühlen mit einem sterilen Wundverband (notfalls mit einem sauberen Tuch oder Alufolie) abgedeckt und vom Arzt untersucht werden.
Immer zum Arzt gehören grossflächige Verbrennungen und Verbrühungen (auch bei intakter Haut und insbesondere bei Kindern), Verbrennungen im Gesicht, am Hals, an Gelenken oder in der Genitalregion. Bei einem verbrannten Anteil von 15 Prozent der Körperoberfläche (Grad 2b oder höher, Kinder ab 10 Prozent) besteht Lebensgefahr. Zur Einschätzung des betroffenen Bereichs dient die Neuner-Regel: Kopf 9 Prozent, Arme je 9 Prozent, Beine je 2×9 Prozent, Rumpf und Rücken je 18 Prozent, Genitalien 1 Prozent der Körperoberfläche. Bei Kindern ist die Handfläche inklusive Finger das Mass und entspricht 1 Prozent.
Richtige Versorgung – auch mit natürlichen Mitteln
Leichte Verbrennungen mit intakter Haut können mit einem kühlenden Brandgel bedeckt werden. Spezielle Brandwundenpflaster mit einem kühlenden Hydrogel wirken schmerzlindernd und schaffen ein feuchtes Klima für die Heilung. Die umliegende Folie schützt vor Wasser, Bakterien und Schmutz. Die Pflaster können mehrere Tage aufgeklebt bleiben.
Wundauflagen mit Silber werden bei offenen und infektionsgefährdeten Wunden eingesetzt. Die freigesetzten Silberionen wirken direkt am Ort antibakteriell. Antibiotische Crèmes hingegen sind in der Regel nur der Infektionsprophylaxe offener Wunden vorbehalten.
In der Nachbehandlung kommen Wundsalben mit wundheilungsfördernden Inhaltsstoffen (Hyaluronsäure, Pantothen, Arginin, Vitamin A) zum Einsatz. Regelmässiges leichtes Einmassieren hält die neu gebildete Haut elastisch, der Fettanteil verhindert das Austrocknen und Reissen des Narbengewebes. Abgeheilte oder sauber vernarbte Haut benötigt einen hohen Sonnenschutz.
Johannisöl, ein altbewährtes Hausmittel bei Verbrennungen, wirkt entzündungshemmend, antibakteriell und wundheilungsfördernd. Als Bestandteil eines speziellen natürlichen Wundsprays (in Kombination mit Neem-Öl) hat es auch einen Platz in der modernen Wundversorgung gefunden.
Bei einem Laborunfall um 1920 verbrannte sich der französische Parfümeur René-Maurice Gattefossé im Labor die Hand und tauchte sie in das nächstgelegene Glas mit Lavendelöl. Die Verbrennung heilte rasch und ohne Narbe ab. Bis heute gilt Lavendelöl in der Aromatherapie als Mittel der Wahl bei Verbrennungen und ist eines der wenigen Aromaöle, die pur auf einer Wunde eingesetzt werden können.
Zur unterstützenden Behandlung akuter Verbrennungen kann man auch die beiden Schüsslersalze Nr. 3 und Nr. 8 einsetzen. Im entsprechenden Handbuch heisst es: «Nr. 3 in rascher Folge einnehmen und eine Mischung aus überwiegend Nr. 8 und Nr. 3 als Brei auflegen, je nach der Grösse der Verbrennung. Die Mineralstoffkombination ist in der Anwendung als Salbe, Gel oder Creme-Gel im Anschluss besonders zu empfehlen.»
BEAT INNIGER, OFFIZIN-APOTHEKER FPH, ADELBODEN
Mehr Infos finden Sie in unserer Web-Link-Übersicht unter www.frutiglaender.ch/web-links.html