Üppig und zugleich schlank: Die zahlreichen Traktanden waren an der Gemeindeversammlung vom letzten Donnerstag ziemlich rasch abgehandelt. Die Behörden erhielten grünes Licht für die nächsten Investitionen.

JULIAN ZAHND
Willy Matti war gewappnet. Nicht etwa gegen einen möglichen Aufruhr, den das Programm der nachgeholten Frühlingsversammlung ohnehin nicht erahnen liess. Vielmehr trug der Gemeindepräsident das Reichenbacher Wappen auf seiner dunkelgrünen Krawatte – sicher auch, um seiner Freude Ausdruck zu verleihen, nach knapp einem Jahr endlich wieder eine Versammlung durchführen zu können.

Eine aufgeheizte Ambiance hätte auch gar nicht ins Bild gepasst: Die 53 «bemasketen» StimmbürgerInnen sassen im Kirchgemeindehaus mit gebührendem Abstand zueinander. Tuschelstimmung schien schon nur deswegen weit entfernt.

Die Ressorts gaben weniger Geld aus
Auch die Traktanden boten wenig Anlass zu Diskussionen. Am ehesten noch die Rechnung 2020, deren Gesamthaushalt um rund 900 000 Franken besser abschloss als budgetiert (letztlich resultierte ein Plus von 78 000 Franken). Er könne es gut verstehen, wenn bei einer solchen Abweichung Fragen auftauchen würden, meinte der zuständige Gemeinderat Toni Imsand zu Beginn seiner Ausführungen. Ein paar Antworten lieferte Finanzverwalter Marco Schläppi dann gleich selbst. So gaben die meisten Ressorts weniger aus als berechnet, was teilweise auch an der Pandemie lag. Der Politbetrieb etwa lief insgesamt etwas ruhiger als in normalen Jahren. Zudem erhielt die Gemeinde vom Kanton teils erheblich höhere Projektbeiträge als budgetiert, was die Rechnung zusätzlich aufbesserte.

Diese Geldzuflüsse übten auch einen sichtbaren Effekt auf die Nettoinvestitionen aus, die statt der veranschlagten 2,1 Millionen bloss 1,1 Millionen Franken betrugen. Auch konnte die Gemeinde nicht alle Projekte wie geplant durchführen und musste einige davon vertagen. Insgesamt führte die Situation aber dazu, dass die Gemeinde sämtliche Investitionen aus Eigenmitteln stemmen konnte. Die Rechnung wurde letztlich einstimmig gutgeheissen.

Abrechnungen oft besser als budgetiert
Auch bei den vier abgeschlossenen Bauprojekten, deren Abrechnungen der Versammlung zur Kenntnis vorgelegt wurden, präsentierten sich die Zahlen teilweise erheblich besser als erwartet:

• Gesamtsanierung Turnhalle Gand Kien: Kostenunterschreitung von 142 000 Franken;
• Neubau Wasserleitung Kien– Schwandi–Wengi–Reudlen: Kostenunterschreitung von 171 000 Franken;
• Sanierung Abwasserleitung Reudlenbrücke bis Schützenbrücke: Kostenunterschreitung von 143 000 Franken;
• Sanierung Runsenbrücke: Kostenunterschreitung von 47 000 Franken.

Die einzige Ausnahme war die Parkplatzbewirtschaftung, die deutlich teurer war als berechnet. Die Kostenüberschreitung von 66 000 Franken (+50 Prozent) musste erneut zur Abstimmung gebracht werden und wurde von der Versammlung mit lediglich einer Gegenstimme genehmigt.

Keine Diskussionen, aber kritische Fragen
Die restlichen drei Abstimmungsgeschäfte hiessen die Anwesenden einstimmig gut. Dabei handelte es sich um eine Teilrevision des Baureglements, bei der es im Wesentlichen um eine interkantonale Harmonisierung von Baubegriffen und Messweisen geht. Zudem sprach die Bevölkerung Geld für künftige Sanierungsarbeiten: Der Ersatz der Meteor- und Wasserleitung beim Fröschenmoosweg ist mit einem Kredit von 252 000 Franken veranschlagt, die Sanierung der Wasserleitung Dorfstrasse mit 332 000 Franken.

Die klaren Sachlagen lieferten an diesem Donnerstagabend zwar kaum Diskussionsspielraum. Dennoch liessen die Anwesenden die Geschäfte nicht einfach passieren, sondern stellten immer wieder kritische Fragen. So wollte ein Versammlungsteilnehmer etwa wissen, ob beim Konkursverfahren der Ramslauenenbahn für die Gemeinde etwas herausgesprungen sei, was Finanzverwalter Schläppi aber verneinte. Beim Traktandum «Verschiedenes» äusserte ein Bewohner der Bäuert Reudlen zudem seine Unzufriedenheit betreffend Informationspolitik der Gemeinde. Im Februar war es im Bereich Leiterenwald / Blatti zu einem kleineren Felssturz gekommen. Die Gemeinde reagierte, kontaktierte daraufhin aber nur die Direktbetroffenen. Dieser Kreis sei zumindest auf die gesamte Bäuert zu erweitern, meinte der Votant. Die Gemeinde aber konterte: «Eine flächendeckende Information würde dann doch etwas zu weit führen.»

Nach knapp 90 Minuten beendete Gemeindepräsident Willy Matti die Versammlung – nicht ohne den Anlass ein letztes Mal zu würdigen: Die Reichenbacher seien ein «friedliches Völklein», das noch zu diskutieren wisse. Und als wollte die Versammlung ihrem Ruf gerecht werden, spendete sie zum Abschluss anständigen Applaus.

Ein einig Volk

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