Hoch hinaus ab Reichenbach
17.08.2021 Reichenbach, KientalSchon vor Jahrzehnten hat sich Bernhard Egloff seinen Traum vom Fliegen erfüllt. Als Cheffluglehrer der hiesigen Fluggruppe hilft er heute anderen, die Privatpilotenlizenz zu erlangen. Einer seiner Schüler, Pascal Baumann, hat die anspruchsvolle und bereichernde Ausbildung erfolgreich ...
Schon vor Jahrzehnten hat sich Bernhard Egloff seinen Traum vom Fliegen erfüllt. Als Cheffluglehrer der hiesigen Fluggruppe hilft er heute anderen, die Privatpilotenlizenz zu erlangen. Einer seiner Schüler, Pascal Baumann, hat die anspruchsvolle und bereichernde Ausbildung erfolgreich absolviert. Beide schätzen die Vorzüge des Reichenbacher Flugplatzes.
MICHAEL MAURER
Auch wenn beim Besuch des «Frutigländers» auf dem Flugplatz Reichenbach kein ideales Flugwetter herrscht – der Lust, einfach mal kurz vom Alltag abzuheben, tut dies keinen Abbruch. Bernhard Egloff, Cheffluglehrer der Fluggruppe Reichenbach, geht schon seit vielen Jahren in die Luft und verhilft heute anderen zur Pilotenlizenz. «Ich wollte schon mit 14 Jahren das Flugbrevet machen», erinnert er sich. Doch es sollten noch ein paar Jahre vergehen, bis Egloff das Steuerhorn selbst in die Hand nehmen würde. Beim mittlerweile pensionierten Flugverkehrsleiter war es Anfang der 1980er-Jahre soweit. Er fand die nötige Zeit und hatte auch die erforderlichen finanziellen Mittel beisammen. Beides ist für die Ausbildung zum Privatpiloten und auch danach unabdingbar. Mindestens 45 Flugstunden und zahlreiche Theoriestunden werden für die Privatpilotenlizenz benötigt. Dies gibt es nicht gratis: «Mit 18 000 bis 20 000 Franken muss man rechnen», beziffert der erfahrene Pilot die grosse, aber auch lohnenswerte Investition.
«Das Wichtigste ist die Selbstdisziplin»
Zeit und Geld investiert hat auch Pascal Baumann aus Thun. «Ich hatte viel Bezug zu Flugzeugen und Flugplätzen», beschreibt der ehemalige Fallschirmaufklärer seinen fliegerischen Werdegang. So kam es, dass er letztes Jahr die Privatpilotenprüfung ablegte – was einigen Einsatz erforderte. «Das Wichtigste ist die Selbstdisziplin», hebt er hervor. Bei umfangreicher Theorie, beispielsweise zu Luftrecht, Meteorologie oder Grundlagen des Flugs, geht es nicht ohne Hausaufgaben. Natürlich spielt auch die praktische Ausbildung eine grosse Rolle. Diese fängt beispielsweise mit dem Einrichten des Flugzeugs an. In Reichenbach gehören auch elementare Dinge dazu: «Hier tankst du selbst», beschreibt Cheffluglehrer Egloff den an Kollegialität und Verlässlichkeit ausgerichteten Schulungsbetrieb auf dem kleinen Frutigländer Flugplatz. Fortlaufend bauen die Flugschüler ihre Erfahrung in der Luft aus, vorerst mit dem Geradeaus- und dem Kurvenflug. «Zentral sind Start und Landung», meint der frisch gebackene Pilot Baumann zu diesem besonders anspruchsvollen Ausbildungsinhalt. «Als Schüler bist du froh, wenn du die Landung hinkriegst!»
Blumen zum ersten Soloflug
Nach erfolgreichen Start- und Landemanövern, zahlreichen Platzvolten und Flügen zu anderen Schweizer Flugplätzen folgt eine weitere Herausforderung: ein Alleinflug ohne Lehrer an Bord. Dieser wartet jeweils am Pistenrand und überreicht seinem Schüler nach der Landung eine Blume. Dieser Moment berührt Bernhard Egloff, der seit 30 Jahren Fluglehrer ist, noch heute: «Für mich sind es immer tolle Erlebnisse, wenn der Schüler oder die Schülerin seinen / ihren ersten Soloflug hinter sich hat.» Auch der als Oberstufenlehrer tätige Pascal Baumann war nach seiner Rückkehr vom Alleinflug glücklich. Begeistert erzählt er zudem von einem weiteren Höhenpunkt, bevor er im Sommer 2020 den Prüfungsflug erfolgreich ablegte. Eines Tages startete er ab Reichenbach zu einem Dreiecksflug, der ihn nach Lausanne und zum jurassischen Flugplatz Bressaucourt führte. Was der knapp 40-Jährige als «schönen Flug» bezeichnet, war gleichzeitig ein intensives Erlebnis, das viel Konzentration erforderte. «Ich dachte nie an etwas anderes als ans Fliegen», beschreibt er. Schliesslich bedingen zum Beispiel die Landeanflüge oder der Funkverkehr volle Aufmerksamkeit.
«Du hast nie ausgelernt»
Hat jemand die Privatpilotenlizenz erlangt, belohnt und fordert ihn der Traum vom Fliegen fortwährend. So stehen verschiedenste Weiterbildungsmöglichkeiten zur Auswahl. Bernhard Egloff wählte die Erweiterung «Kunstflug», bevor er für die Durchführung von Rundflügen die beschränkte Berufspilotenausbildung absolvierte. Er verzichtete jedoch bewusst auf andere Weiterbildungen, beispielsweise zum Pilotieren zweimotoriger Maschinen. «Mein Steckenpferd war der Kunstflug.»
Ausserdem ist regelmässige Flugerfahrung aus Sicherheitsgründen zentral. So ist denn auch eine bestimmte jährliche Mindestanzahl an Flugstunden vorgeschrieben. Jungpilot Baumann ist sich dessen sehr wohl bewusst: «Meine Herausforderung ist es, die Sicherheit zu erhalten.» Er will somit nicht nur der Freude wegen regelmässig in die Lüfte steigen. Langweilig wird ihm dabei bestimmt nicht. «Du hast nie ausgelernt», betont Baumann, der auch noch Gleitschirm fliegt. So habe etwa jeder Flugplatz seine Eigenheiten.
Sehr gute Infrastruktur vor Ort
Dies trifft ebenso auf den Flugplatz Reichenbach zu. «Er ist relativ einfach betreffend der Windverhältnisse», weiss Egloff. Wegen des alpinen Charakters beschreibt er den Platz jedoch als anspruchsvoll, zumal der Anflug einen Hang entlang führt. «Für viele Leute ist dies eindrücklich.» Seinem ehemaligen Flugschüler war es ob der Nähe zum Gelände beim ersten Anflug nicht so wohl. Viel Lob übrig haben Egloff und Baumann für Reichenbach als Schulungsflugplatz. «Die Infrastruktur ist hier in meinen Augen sehr gut», rühmt Baumann. Egloff sieht vor allem in der Hartbelagspiste und im guten, vor Ort vorhandenen Theoriematerial Vorteile für die Grundausbildung. Hinzu kommen die übersichtliche Grösse und geografische Lage. «Du bist schnell über die Pässe», so Baumann.
Die «Reichenbacher» fliegen aber auch weitere Strecken. «Wir hatten auch Auslandflüge», bestätigt Bernhard Egloff und weckt mit Destinationen wie Berlin, Korsika oder den Nordseeinseln gleich etwas Fernweh.
Mitgliedschaft vorausgesetzt
Im Unterschied zu anderen Schulungsplätzen beinhaltet in Reichenbach die Privatpilotenausbildung die Vereinsmitgliedschaft in der örtlichen Fluggruppe. Es gibt Flugschüler, die offenbar gerade deswegen andernorts ihre Pilotenausbildung in Angriff nehmen. «Viele Leute sind heutzutage nicht mehr für den Frondienst bereit», bedauert Egloff. Dabei bietet die Verbundenheit mit einer Fluggruppe gerade auch für Jungpiloten zahlreiche Vorteile. Pascal Baumann schätzt daran unter anderem den unkomplizierten, wertvollen Austausch mit erfahreneren Fliegern und die Möglichkeit, auf dem Flugplatz mit Gleichgesinnten einfach mal auch nur eine Bratwurst zu essen. Er wird auf jeden Fall auch künftig so oft wie möglich ab Reichenbach starten.
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