POLYSPORTIV
Für viele Menschen ist die Vermengung von Sport und Politik toxisch: Die beiden Bereiche, so die Ansicht, gehörten sauber getrennt. Denn sobald der Sport für politische Zwecke instrumentalisiert werde, verliere er seine Unbeschwertheit und seinen eigentlichen ...
POLYSPORTIV
Für viele Menschen ist die Vermengung von Sport und Politik toxisch: Die beiden Bereiche, so die Ansicht, gehörten sauber getrennt. Denn sobald der Sport für politische Zwecke instrumentalisiert werde, verliere er seine Unbeschwertheit und seinen eigentlichen Sinn: zu unterhalten.
Wie bigott diese Haltung sein kann, zeigt sich in der breiten Bevölkerung immer wieder. So suchen wir beispielsweise während eines WM-Fussballspiels zwar Ablenkung vom ernsten Alltag, ärgern uns aber gleichzeitig darüber, dass die Schweizer Spieler während der Hymne angeblich zu wenig Nationalstolz an den Tag legen.
Auch die olympischen Spiele gaben Anlass zu Quersprüngen in die Politik: Ein Leserbriefschreiber lancierte im «Bund» nach den italienischen Sprinterfolgen etwa den Appell, das Land möge doch die dringend nötigen Reformen in ähnlichem Tempo anpacken, damit «Bella Italia» seinem Namen wieder gerecht werde.
So richtig klappt das also nicht mit der sauberen Trennung. Betrachten wir die Schweizer Erfolge in Tokio somit doch mal im breiteren Kontext:
Olympia hat uns die Fähigkeit bescheinigt, auch im ruppigen Gelände voranzukommen (vier Medaillen im Mountainbike). Sobald der Berg, den es zu erklimmen gilt, aber zu steil wird, kann das auch mal zum abrupten Absturz führen (Klettern). Nicht eben nützlich ist unser Inselstatus dann, wenn sich die Konkurrenz verbündet und mit vereinten Kräften kämpft: Beim Karate verpasste die Schweizerin die Finalrunde unter anderem deshalb, weil zwei Konkurrentinnen untereinenader einen Nicht-Angriffspakt geschlossen hatten. So oder so: Wirklich kampferprobt sind wir Schweizer ja nicht. Und so mag es auch nicht erstaunen, dass wir sowohl im Ringen als auch im Judo und Fechten leer ausgingen.
Gewappnet für den Ernstfall sind wir jedoch allemal: Wir exportieren nämlich nicht nur Waffen en masse, sondern wissen auch, damit umzugehen (zwei Medaillen im Schiessen). Auf unsere Schlagkraft können wir uns zudem stets verlassen (drei Medaillen im Tennis und Beachvolleyball).
Fazit: Die (poly)sportive Bilanz der Schweiz kann sich durchaus sehen lassen.
JULIAN ZAHND
J.ZAHND@FRUTIGLAENDER.CH