ZWISCHEN BERG UND BERN – Ich habe die Antwort!
13.08.2021 KolumneIch habe die Antwort!
Darf ich Ihnen ein paar Fragen stellen? Vielen Dank, das ist lieb. Also:
Wie sind Sie, als Mensch?
Was ist typisch für das Frutigtal?
Wie funktioniert ein Virus?
Wer kontrolliert die Welt?
Wie bleibt man gesund, im ...
Ich habe die Antwort!
Darf ich Ihnen ein paar Fragen stellen? Vielen Dank, das ist lieb. Also:
Wie sind Sie, als Mensch?
Was ist typisch für das Frutigtal?
Wie funktioniert ein Virus?
Wer kontrolliert die Welt?
Wie bleibt man gesund, im Allgemeinen?
Was ist wichtig?
Die gute Nachricht ist, dass ich Ihnen all diese Fragen ganz einfach beantworten kann. Die Antwort ist: Das ist kompliziert! (Und vielschichtig und vermutlich auch umstritten.) Es gibt auf keine dieser Fragen eine kurze Antwort, der man nicht widersprechen kann. Ich weiss, das ist jetzt gar nicht so hilfreich. Aber geben Sie mir noch ein paar Zeilen?
Die Forschung zeigt es: Je genauer man hinschaut, desto komplizierter wird alles. Oder besser gesagt: komplexer. Das stimmt nicht nur für die Materie oder die Physik, es stimmt auch für Geschichte: In jedem Moment gibt es unzählige Möglichkeiten, wie er sich weiter entwickeln könnte. Im Rückblick wird meist jene Möglichkeit besprochen, die sich durchgesetzt hat. Geschichte erscheint folgerichtig und logisch, weil sie geschehen ist. Aber sie hätte eben auch anders verlaufen können. Situationen sind immer vielschichtig.
Wie unsere aktuelle Situation: Impfung, Maskenpflicht, Zertifikate, Profiteure der Pandemie, zunehmende Überwachungsmöglichkeiten der Bürger*innen: Das sind brennende Themen, über die man tagelang diskutieren und sich auch streiten kann.
Ich pflege selbst eine gesunde, zweifelnde Vorsicht gegenüber Absolutheitsansprüchen von Forschung, Politik und öffentlicher Berichterstattung. Man muss nicht alles einfach glauben, was uns Wissenschaft, Politik und Medien vorsetzen. Aber das heisst für mich auch, dass ich den gesunden Zweifel rundum anwende, auf alle, die mich von irgendetwas überzeugen wollen. Und am stärksten misstraue ich den allzu einfachen Antworten, denn sie verweigern sich der Komplexität fast aller Fragen. Ein paar Beispiele: Abweichende Stimmen aus wissenschaftlichen Kreisen belegen nicht zwingend, dass die offizielle Version eine erzwungene Kampagne aus dem Hause Bill Gates ist. Ein einig wirkender siebenköpfiger Bundesrat aus vier Parteien plant vermutlich keinen totalitären Staat. Aber auch: Die Ablehnung bestimmter Aspekte der offiziellen Covid-Massnahmen bedeutet nicht zwingend, dass jemand jeder idiotischen Verschwörungstheorie aufsitzt.
Man muss nicht aus jedem sichtbaren E reignis eine Theorie konstruieren. Ja, Pharmakonzerne pushen die Impfungen auch aus Geschäftsinteressen – vielleicht sind die Impfungen trotzdem sinnvoll. Ja, durch Corona kann eine ausgebaute Überwachung unserer Gesundheitsdaten entstehen – trotzdem muss das nicht der «Plan» hinter der Pandemie sein. Ja, viele Medien steigen scheinbar unkritisch auf die «offizielle Version» ein – trotzdem ist es unwahrscheinlich, dass alle Journalisten käuflich sind. Gegen diese Erscheinungen in der Pandemie können wir uns wehren, wenn wir das wollen, und vermutlich ist der Widerstand wirkungsvoller, wenn er sich eben nicht auf ein grob vereinfachtes Verschwörungsnarrativ bezieht.
Ein konstruktiver, friedlicher Umgang mit Uneinigkeit gehört zur Grundlage unseres Systems: Das bringt uns weiter. Wenn wir unsere Grundlagen infrage stellen, haben jene Kräfte gewonnen, die sich schwächere Demokratien und gespaltene Bevölkerungen wünschen – zur Etablierung ihrer eigenen Form von Machtpolitik, die typischerweise auch auf vereinfachten Grundlagen aufbaut.
«Es ist kompliziert.» Ich behaupte, das ist eine der besten Annäherungen an die Wahrheit, die wir haben. Jetzt können wir üben, das auszuhalten.
CHRISTOPH TRUMMER