NUR DIE RUHE!
Sechs Stunden waren es, die nun tagelang Gesprächsstoff geben. Man könnte meinen, dass sich die Erde in dieser Zeit nicht weitergedreht hätte: Sechs Stunden, in denen am Montagabend gefühlt die halbe Menschheit von der Aussenwelt abgeschnitten war. ...
NUR DIE RUHE!
Sechs Stunden waren es, die nun tagelang Gesprächsstoff geben. Man könnte meinen, dass sich die Erde in dieser Zeit nicht weitergedreht hätte: Sechs Stunden, in denen am Montagabend gefühlt die halbe Menschheit von der Aussenwelt abgeschnitten war. Facebook, Instagram und Whats-App funktionierten nicht! Vielleicht hat der Facebook-Konzern – dem alle drei Plattformen gehören – gegen die eigenen viel gerühmten moralischen Standards verstossen und seine Accounts wurden als Strafe für einige Stunden gesperrt – wie derjenige von Donald Trump bei Twitter? Nein, ein internes technisches Problem während eines Updates soll die Ursache gewesen sei. Also kein Hacker, kein Virus und keine Verschwörung, sondern ein Ingenieur, der das Häkchen wohl am falschen Ort gesetzt hat, wie jede und jeder von uns schon mal.
Nach der ersten Panik, dass man nicht live sehen konnte, wer jetzt gerade wo war oder was jemand aktuell machte, besannen sich etliche auf ihre technische Vergangenheit. Plötzlich wurden vom Handy wieder SMS verschickt und die Telefonanbieter verzeichneten teils ungewohnt hohe Zahlen an Anrufen. Ganz gewöhnliche Anrufe! Wie in der analogen Steinzeit!
Hart wird es die Influencer getroffen haben, die ihr Leben quasi virtuell in den sozialen Medien verbringen und dort auch noch ihr Geld mit Produktwerbung verdienen. Ob sie für diese Zeit irgendwo Entschädigungen beantragen können? Man liest ja auch Geschichten, dass es vermehrt psychische Probleme gegeben haben soll, da die dauernde Onlinepräsenz durchaus Suchtpotenzial hat. Ob sich solche Leute nun ihren künftigen Umgang mit Facebook und Co. überlegen? Die extreme Abhängigkeit von einem einzigen Konzern, der zudem nicht gerade für seine Transparenz bekannt ist, wurde jedenfalls überdeutlich.
Da bin ich richtig beruhigt, dass ich – obwohl vor allem beruflich ebenfalls auf diese digitalen Informationskanäle angewiesen – das Handy am Montagabend zur Seite legen und herrlich schlafen konnte. Die Welt drehte sich nämlich doch weiter.
Je vernetzter wir werden, desto anfälliger wird auch die Technik. Dieser «Blackout» wird nicht der letzte gewesen sein. Also nur die Ruhe!
HANS RUDOLF SCHNEIDER
H.SCHNEIDER@FRUTIGLAENDER.CH