NORMAL – Wär bisch, was machsch?
12.11.2021 KolumneWär bisch, was machsch?
Kennen Sie das auch, dass Sie an einem Anlass beim Smalltalk nach Ihrer Tätigkeit, Ihrem Beruf gefragt werden? Oder fragen Sie das selbst? Ich jedenfalls stelle diese Frage. Es ist einerseits ein ganz einfaches Thema, um mit einer unbekannten ...
Wär bisch, was machsch?
Kennen Sie das auch, dass Sie an einem Anlass beim Smalltalk nach Ihrer Tätigkeit, Ihrem Beruf gefragt werden? Oder fragen Sie das selbst? Ich jedenfalls stelle diese Frage. Es ist einerseits ein ganz einfaches Thema, um mit einer unbekannten Person ins Gespräch zu kommen. Andererseits ist es für mich immer wieder spannend, etwas Neues zu erfahren und in andere Welten einzutauchen. So finde ich es äusserst interessant, von den unterschiedlichen Arbeiten, Themen, Problemen, Herausforderungen sowie von den schönen Dingen einer mir unbekannten Arbeitswelt zu erfahren. So kann ich nebenbei meinen Horizont erweitern und über meinen Tellerrand hinausblicken.
Wir definieren uns zum Teil über unsere Tätigkeit, über unseren Beruf und sind hoffentlich auch stolz auf unsere Ausbildung und unseren Berufsstand. Jeder Job ist wichtig und dient dazu, dass Dinge professionell ausgeführt werden. Wie sieht es nun bei Menschen mit einer Beeinträchtigung, Behinderung aus? Natürlich genauso. Auch für Menschen mit einer Beeinträchtigung ist es wichtig, dass sie einen Beruf haben, dass sie eine sinnvolle Tätigkeit ausüben und dass sie mit dieser Tätigkeit anderen Menschen eine Freude bereiten, eine Dienstleistung erbringen oder Arbeiten abnehmen können. Ebenso wichtig ist es, dass die Arbeiten geschätzt werden. Die Wertschätzung der eigenen Leistung ist für uns alle bedeutsam und gibt uns Energie, uns weiterhin für die Arbeit einzusetzen und unser Bestes zu geben.
So begegne ich in der Stiftung Bad Heustrich immer wieder Mitarbeitenden unserer Werkstätten, die mir stolz erzählen, was sie heute gemacht, was sie gerade gepflanzt, gewaschen, getöpfert, geschreinert, gekocht oder welche Kundenaufträge und Bestellungen sie nun ausgeführt haben. Oft ist es so, dass die Arbeiten, die wir für unsere Kund*innen erledigen, also nicht für die Stiftung selbst, den höheren Stellenwert haben. Ebenso wichtig ist, ob der / die Mitarbeiter*in Anleitung und Begleitung benötigt oder ob sie oder er die Arbeiten selbstständig ausgeführt hat. Natürlich bekomme ich auch mit, wenn jemand nicht zufrieden mit seiner zugeteilten Arbeit ist, sie langweilig, eintönig oder zu schwierig findet.
Nicht alle Menschen wollen ein Leben lang immer das Gleiche oder am gleichen Ort arbeiten. So ist es wichtig, dass Menschen mit einer Beeinträchtigung sich beruflich verändern oder weiterentwickeln können. Mehrere Mitarbeitende der Stiftung Bad Heustrich haben einen Beruf erlernt und diesen für eine bestimmte Zeit ausgeführt, sich dann weiterentwickelt und arbeiten heute nicht mehr in ihrem Beruf, sondern in einer anderen Werkstätte. Auch ziehen Mitarbeitende weiter, finden eine Stelle in der Umgebung oder arbeiten tageweise in einer anderen Firma.
Arbeit ist eine wichtige und gute Möglichkeit zur Integration – sei es im Heustrich in einer Werkstätte oder in einem anderen Betrieb in der Nachbarschaft. Freuen wir uns, wenn wir arbeiten können, wenn wir arbeiten dürfen, wenn wir unsere Arbeit gerne verrichten und stolz auf das Geleistete sein können.
ARNOLD SIEBER
ARNOLD.SIEBER@GMAIL.COM