Porzellanmalen bleibt ihre Leidenschaft
23.11.2021 FrutigenFingerspitzengefühl, Kreativität, Ausdauer, Neugier und die Liebe zum Detail zeichnen Hanny Zurbrügg aus Frutigen aus. Darum ist Porzellanmalen ein Teil ihres Lebens. Ihr Können hat sie stets weitervermittelt.
PETER ROTHACHER
«Ich müsste wohl 300-jährig ...
Fingerspitzengefühl, Kreativität, Ausdauer, Neugier und die Liebe zum Detail zeichnen Hanny Zurbrügg aus Frutigen aus. Darum ist Porzellanmalen ein Teil ihres Lebens. Ihr Können hat sie stets weitervermittelt.
PETER ROTHACHER
«Ich müsste wohl 300-jährig werden», sagt Hanny Zurbrügg, «wenn ich all das noch verarbeiten möchte.» Sie meint damit die sich in ihrem Besitz befindenden Farben, Pinsel und das Rohmaterial aus Porzellan. «Die filigranen Sachen faszinieren mich nach wie vor, aber da meine Augen mittlerweile schneller ermüden, kann ich nicht mehr stundenlang arbeiten.» Mit der Bemerkung: «Es ist jetzt Zeit für das Wintergeschirr», tischt die 73-Jährige Kaffeetassen und Teller auf. Es sind Zeugen ihres kreativen Könnens, die mit Schneesternen, Weihnachtsguetzli, Langläufern und Schneemännern kunstvoll bemalt sind. Zudem ist jedes Stück signiert.
Porzellanmalen – ein anspruchsvolles und zeitaufwendiges Hobby – sei leider aus der Mode geraten, bedauert die Seniorin. Wegen der aggressiven Abwaschmittel dürfe das Geschirr mit den zarten Malereien und Goldrändern nicht maschinell gereinigt werden. Zudem würden die jungen Leute heutzutage in den Wohnungen auch kaum mehr solche Sachen zur Schau stellen. Das sei früher ganz anders gewesen, erklärt Hanny Zurbrügg, wenn sie von ihrem jahrelangen Wirken als Porzellanmal-Lehrerin an der Thuner Migros-Klubschule erzählt.
Vom Kachelofen zum Porzellan
Als junge Frau hat Zurbrügg sich für ihre Wohnung einen selbst bemalten Kachelofen gewünscht. «Die rohen Kacheln mussten wir in Liechtenstein beziehen. Zum Brennen und Glasieren habe ich die mit der Tellenburg, der Kirche sowie Tieren, Bergblumen und Sprüchli verzierten Kacheln dann wieder zurückgesandt.» Wegen der Maltechnik habe sie damals die Klubschule in Thun kontaktiert. «Das Bemalen von Kacheln war zwar nicht im Programm, aber Porzellanmalen. Und als ich 1981 einen ersten Kurs absolvierte, war ich so begeistert, dass ich mich in den Folgejahren immer weitergebildet habe.»
Dank ihres aussergewöhnlichen Könnens avancierte die Mutter von vier Kindern 1994 an der Migros-Klubschule zur Mallehrerin. «Ich habe mein Leben lang auf verschiedenen Ebenen hart gearbeitet. Und es galt auch Schicksalsschläge zu verkraften. Das Porzellanmalen bot mir stets Ausgleich und Befriedigung. Auch nach der Pensionierung habe ich noch während zwei Jahren im kleineren Rahmen unterrichtet. Bei Bedarf mache ich das jetzt noch bei mir zu Hause.» Zudem trifft sie sich ab und zu mit Gleichgesinnten.
International prämierte Werke
Gerne erinnert sich Hanny Zurbrügg an die beiden internationalen Porzellanausstellungen in Bern, die ihr je ein Diplom eintrugen. «2002 haben 220 Profis und HobbykünstlerInnen teilgenommen, viele aus Übersee und dem asiatischen Raum. Ich habe eine Bildplatte mit Schwingermotiven meines Sohnes Peter eingereicht, die besonders bei den Asiaten auf grosses Interesse stiess. Fünf Jahre später erreichte ich mit einer Porzellanplatte, die unsere Eselin Britta zeigt, Rang 12 von 36 in dieser Kategorie klassierten Teilnehmenden.»
Der Kontakt mit Leuten aus so vielen Ländern und deren unterschiedliche Motive und Techniken – das sei ganz einfach faszinierend gewesen. «Aber auch motivierend, sodass ich weitere Techniken ausprobiert habe.»
Klassische Malerei bevorzugt
Obwohl die Frutigerin offen für Neues ist, bleibt sie der klassischen Porzellanmalerei mit Pinsel und Feder treu. So verziert sie mit ruhiger Hand Geschirr, Bildplatten, Dekoelemente und Figuren. «Dabei kommt auch Biskuitporzellan zum Einsatz. Unglasiert gebrannt hat es eine weiche, feine, nicht glänzende Art. Mein Brennofen ist übrigens bereits 30-jährig und funktioniert noch immer bestens. Je nach Material und Malweise braucht es mehrere Brände bei 800 Grad, bis das Objekt fertig ist.»
Auch wenn die Seniorin, die sich mit Wandern, Schwimmen, Yoga und Pistolenschiessen fit hält, heute nur noch hobbymässig malt, nimmt die Kreativität in ihrem Leben weiterhin einen grossen Platz ein. Momentan verziert Hanny Zurbrügg Porzellanglöcklein mit Weihnachtssujets. «Die Volkskunstausstellung in Reichenbach ist leider wegen der Auswirkungen von Corona abgesagt worden. Am Weihnachtsmärit von Adelboden vom 4. und 5. Dezember werde ich aber mit meinen Sachen präsent sein.»