Die Durchführung des traditionellen Kandersteger Brauches der Pelzmartiga fand dieses Jahr in reduzierter Form statt. Doch nicht nur Corona bereitete den jungen Kandersteger Männern Sorgen – der Zahn der Zeit nagt an den Kostümen.

ELSI RÖSTI
Der Brauch der Pelzmartiga, wonach verkleidete junge Männer im alten Jahr die bösen Geister austreiben und im neuen die guten eintreiben sollen, ist vor allem mündlich überliefert. Wie und wann dieser Brauch entstand, ist nicht bekannt. Aber bis heute finden sich immer wieder einheimische junge Burschen, die bei diesem Spektakel gerne mitmachen.

Um dabei zu sein, muss man mindestens 18-jährig sein. Es sind genau zehn Gestalten, welche die Pelzmartiga verkörpern. Die beiden Kostüme mit dem Bärenfell symbolisieren die Angst vor wilden Tieren, insbesondere dem Bären. Das Chriismandli macht auf Naturgefahren wie Lawinen und Bergstürze aufmerksam. Der Chindlifrässer hingegen steht für den in früheren Zeiten häufig vorkommenden Kindstod. Das Huttefroueli trägt in ihrer Hutte einen kriegsversehrten Soldaten – bekanntermassen traten früher auch Männer aus unserem Tal in ausländische Kriegsdienste. Das Chartemandli hingegen macht auf die Gefahren der Spielsucht aufmerksam, und das Lumpemandli verkörpert die Armut, die vor nicht allzu langer Zeit auch in unserer Gegend verbreitet war. Eher unauffällig wirkt dagegen das Burli, das die einfachen Leute symbolisiert. Ziemlich hartnäckig verhält sich der Lyrimaa, der mit seinem Leierkasten um eine Spende bittet, damit er das «Böse» von den Leuten fernhalten wird. Das vornehme Herri hat die Aufgabe, die wilden Gesellen in die Schranken zu weisen, wenn diese gar zu ausfällig werden. Wenn nötig, lässt er auch seine Peitsche knallen.

Keine Besuche in Innenräumen
Der junge Kandersteger Thierry Brand hat seine Pelzmarti-Zeit schon hinter sich. Heute kümmert er sich noch um die Organisation des Anlasses sowie den Zustand der Kostüme und erklärt den Neulingen den Brauch und die Verhaltensregeln.

Normalerweise fahren die Pelzmartiga als Erstes mit der Gondelbahn an Oeschinen. Später ziehen sie mit Treicheln und schaurigem Gejohle durchs Dorf und von Restaurant zu Restaurant. Dazwischen werden Autofahrer und Fussgänger auf der Strasse angehalten, und diese reagieren entweder erstaunt, belustigt oder manchmal auch ängstlich auf die bedrohlichen Gestalten. Dieses Jahr war es bis kurz vor Weihnachten jedoch unklar, ob die Pelzmartiga überhaupt ausrücken dürfen. Unter Einhaltung aller geforderten Corona-Schutzmassnahmen konnte der Anlass am 25. Dezember dann doch noch, wenn auch in reduzierter Form, durchgeführt werden: Die Pelzmartiga betraten dieses Jahr keine Innenräume und überbrachten deshalb die Weihnachtsgrüsse auf den Restaurantterrassen.

Gefundenes Fressen für die Motten
Nicht nur die Corona-Massnahmen erschwerten dieses Jahr den Anlass, auch starker Mottenbefall der Pelze und Kostüme bereitete den Teilnehmenden etliche Sorgen, erklärte Thierry Brand. Aus diesem Grund wurden die betroffenen Teile vorgängig in einer Holztrocknungsanlage aufgeheizt, um alles Ungeziefer zu eliminieren. Im Übrigen haben schon seit jeher Familienangehörige der Pelzmartiga mitgeholfen, Teile der Kostüme zu erneuern oder Ausbesserungsarbeiten auszuführen. Trotz allem nutzen sich diese mit der Zeit ab und zukünftig werden es vor wohl vor allem die Pelze sein, die neu angeschafft werden müssen.

Voraussichtlich werden die Pelzmartiga auch am 1. Januar auftreten und den Leuten im Dorf ein gutes neues Jahr wünschen.

Auch dieses Jahr ziehen sie lärmend durchs Dorf

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