NAMENSKUNDE Das Bundesamt für Landestopografie bietet im Internet verschiedene Karten der Schweiz an. Gibt man dort den Suchbegriff «Weihnachten» in hochdeutscher Sprache und in verschiedenen Dialektschreibweisen ein, so staunt man, wie viele Flure oder Höfe diesen Namen ...
NAMENSKUNDE Das Bundesamt für Landestopografie bietet im Internet verschiedene Karten der Schweiz an. Gibt man dort den Suchbegriff «Weihnachten» in hochdeutscher Sprache und in verschiedenen Dialektschreibweisen ein, so staunt man, wie viele Flure oder Höfe diesen Namen tragen. Die Namensherkunft liegt oft im Dunkeln. Sicher dagegen ist, dass nirgends ganzjährig Weihnachten gefeiert wird – auch nicht in Orten, die so heissen.
Vom Wein zur Weihnacht?
Am bekanntesten ist wahrscheinlich Wienacht(-Tobel) im Kanton Appenzell Ausserrhoden (Bild 1). Das Dörfchen liegt auf etwa 750 m ü. M. in der Gemeinde Lutzenberg oberhalb des Bodensees. Über die Namensherkunft kursieren drei verschiedene Versionen, die vielleicht nicht alle ganz ernst gemeint sind. Eine lautet: Statt wie üblich zu Martini (11. November), wurde im Hof Wienacht der jährlich abzuliefernde Zehnte zu Weihnachten fällig. Eine andere Überlieferung behauptet, weil es dort praktisch nur Wald gehabt hätte, sei es dort eben dunkel «wiä Nacht» gewesen. Und die dritte Variante besagt, der Name habe etwas mit Wein – früher im lokalen Dialekt «Wien» ausgesprochen – zu tun. Und tatsächlich: In Wienacht (ganz genau im tiefer gelegenen Weiler Tobel) existiert noch heute der einzige Rebberg im Halbkanton.
Ungefähr 20 Kilometer Luftlinie in nordwestlicher Richtung mit Sicht auf Bodensee und Säntis heisst ein Weiler Wienachtshalden (Bild 2). Er liegt bei Abtwil in der Gemeinde Gaiserwald bei St. Gallen. Wie er zu diesem Namen kam, liess sich nicht herausfinden. Ebenso erinnert sich niemand mehr an eine «Wildheu-Plangge» namens Wienacht an unbekannter Stelle am Brünnelistock im glarnerischen Oberseetal (Bild 3).
Der Weg der Weihnachtsbäume?
Auch in der Gemeinde Troistorrents war nicht in Erfahrung zu bringen, wie der «Chemin de Noël» in Morgins VS zu seinem Namen kam (Bild 4). Entlang des Strässchens, das zu Ferienchalets führt, wächst eine inzwischen rund zehn Meter hohe Rottannenhecke. Solche Fichten waren einst beliebte Weihnachtsbäume (Sapins de Noël) – möglicherweise gibt es hier einen Zusammenhang mit dem Namen des Weges.
Wo der Samichlaus Rast macht
Schliesslich bezeichnet der Flurname Wiehnacht in Beinwil (Freiamt, AG) ein kleines Bauerngut. Nordseitig grenzt die Liegenschaft an das Wiehnachtswäldli. Auf dem eher kargen Boden in diesem Waldstück wurden in früheren Jahren vornehmlich Nadelbäume gepflanzt und zur Winterszeit geschlagen. Auch hat man dort Weihnachtsbäume für die Ortsbevölkerung aufgezogen. Auch hier könnten also die Bäume für den Flurnamen verantwortlich sein.
Im näheren Umfeld vereinigen sich verschiedene Rinnsale zum Wiehnachtsbächli. Kürzlich stellte am Wegesrand jemand ein Bänkli auf. Als wir vor Ort waren, ruhte sich gerade der Samichlaus auf der mit «Weihnachtsbänkli» beschrifteten Sitzgelegenheit aus (Bild 5).
TEXT / BILDER: KATHARINA WITTWER