Angesichts schnell steigender Corona-Fallzahlen wurde die Gemeindeversammlung vom 7. Dezember kurzfristig abgesagt und an die Urne verlegt. Dass sich der Gemeinderat damit nicht unbedingt einen Gefallen getan hat, weiss auch Obmann Hans Schmid. Der «Frutigländer» hat mit ihm über diesen ...
Angesichts schnell steigender Corona-Fallzahlen wurde die Gemeindeversammlung vom 7. Dezember kurzfristig abgesagt und an die Urne verlegt. Dass sich der Gemeinderat damit nicht unbedingt einen Gefallen getan hat, weiss auch Obmann Hans Schmid. Der «Frutigländer» hat mit ihm über diesen Entscheid gesprochen – und darüber, was bei einem Nein zur Steuererhöhung konkret passieren würde.
Herr Schmid, mit einer Steueranlage von 1,95 Einheiten wäre ein Leben in Frutigen noch einmal deutlich teurer als etwa in Krattigen oder Reichenbach. Fürchten Sie nicht, dass die Gemeinde an Attraktivität verliert?
Niemand zahlt gern mehr Steuern, das ist klar. Aber der Attraktivitätsverlust wäre grösser, wenn wir wichtige Investitionen zurückstellen müssten oder unsere Liegenschaften nicht mehr zeitgemäss sanieren könnten.
Das deuten Sie auch in der Abstimmungsbotschaft an, allerdings wenig konkret. An welche Investitionen denken Sie da?
Zum Beispiel an die Freibadsanierung. Bei einem Nein zur Steuererhöhung müsste der Gemeinderat genau prüfen, ob die Umsetzung dieses Projekts in naher Zukunft realistisch ist. Beim Ausbau der Rinderwaldstrasse müsste man allenfalls eine Pause einlegen oder die Arbeiten neu etappieren. Auch ganz reguläre Unterhaltsarbeiten oder die energetische Sanierung von Gemeindeliegenschaften müssten warten.
Das soll keine Drohung sein. Aber der Gemeinderat wird sich mit diesen Fragen auseinandersetzen müssen, wenn er die Schulden im Rahmen halten möchte. Schon ein geringer Zinsanstieg hätte starke Auswirkungen auf den Schuldzins. Dieses Risiko wollen wir nicht eingehen.
Wenn aber die BürgerInnen dieses Risiko in Kauf nehmen wollen?
Dann ist das ihre Entscheidung, die es zu akzeptieren gilt. Der Bürger hat immer recht. Trotzdem wird der Gemeinderat nicht einfach im gleichen Masse weiterinvestieren können, wenn die 663 000 Franken Mehreinnahmen durch die Steuererhöhung fehlen.
Um es noch einmal klarzustellen: Mit der Steuererhöhung möchten wir den Schuldzuwachs, der durch anstehende Investitionen noch steigt, abbremsen. Nachdem dieser Zuwachs abgebremst und auf ein tragbares Mass zurückgefahren ist, muss der Steuersatz wieder auf den heutigen Stand gebracht werden.
Glauben Sie, dass ein Nein an der Urne wahrscheinlicher ist als an der Versammlung?
Das kann ich nicht voraussagen. Aber die Rahmenbedingungen haben sich auf jeden Fall geändert. Ohne den direkten Austausch ist es schwieriger für uns, die Problematik verständlich rüberzubringen und Rückfragen zu beantworten. In der Abstimmungsbotschaft mussten wir uns auf die wesentlichen Informationen beschränken. Ein mehrseitiges Traktat würde kaum jemand lesen.
Warum haben Sie die Gemeindeversammlung dann abgesagt?
Wir wollten niemanden ausschliessen, der Respekt vor dem Virus hat oder gesundheitlich eingeschränkt ist. Bei diesem Thema sollte jeder mitbestimmen können.
INVERVIEW: BIANCA HÜSING