Ein Fest für Gaumen und Ohren
28.01.2022 KanderstegVom Menu wie vom Gesang waren die Gäste des Waldhotels Doldenhorn am «Dîner mit Operettenmelodien» gleichermassen begeistert. Küche, Sängerin und Sänger trugen ihr Bestes zu einem unvergesslichen Abend bei.
KATHARINA WITTWER
Marie-Antoine Carême (1784 bis 1833) ...
Vom Menu wie vom Gesang waren die Gäste des Waldhotels Doldenhorn am «Dîner mit Operettenmelodien» gleichermassen begeistert. Küche, Sängerin und Sänger trugen ihr Bestes zu einem unvergesslichen Abend bei.
KATHARINA WITTWER
Marie-Antoine Carême (1784 bis 1833) gilt als Vorreiter der klassischen französischen Küche. Der Sprössling aus einer armen, kinderreichen Familie musste bereits als 10-Jähriger in einer Hotelküche Geld verdienen. Später lernte er Konditor und Koch. Dank seines Talents eröffnete er eine eigene Konditorei, wurde Chefkonditor bedeutender Persönlichkeiten und organisierte Bankette für Kaiser, Könige, Zaren und weitere, hoch angesehene Persönlichkeiten in verschiedenen Ländern. Auch veröffentlichte er einige Bücher für Profis und Laien.
Escoffier ist gleichbedeutend mit Kochkunst
Diesen Namen in den Schatten gestellt hat später eindeutig sein Landsmann Georges Auguste Escoffier (1846 bis 1935). Nach der Kochlehre war er in mehreren Hotels angestellt, wo er sich rasch emporarbeitete. Dank seines Könnens überliess man ihm in einigen der besten Häuser Europas die Organisation der Küche.
Als der aus dem Goms stammende César Ritz in Monte Carlo das erste Hotel Ritz eröffnete, engagierte er Escoffier als Chef de Cuisine. Der enorme Erfolg des Ritz ist zweifellos zu einem grossen Teil seiner hervorragenden Küche zu verdanken. Der Kochkünstler gilt als Schöpfer der Grande Cuisine. Er kreierte unzählige Gerichte, die nach wie vor als Klassiker gelten und weltweit gleich zubereitet werden. Viele tragen Namen von Prominenten, die häufig Stammgäste seiner Küche und der Ritz-Hotels waren, so beispielsweise die Desserts Pêche Melba (nach der australischen Sängerin Nellie Melba) oder Belle Hélène (nach Jacques Offenbachs Operette «Die schöne Helena»). 1903, also in der Zeit der Belle Epoque, veröffentlichte er den «Guide Culinaire» («Kochkunstführer»), der als Grundlage der Küche des 20. Jahrhunderts gilt.
Mitglied der Escoffier Vereinigung
René F. Maeder, Inhaber des Waldhotels Doldenhorn, besitzt als Mitglied der Vereinigung Disciples Escoffier eine umfassende Kochbuchsammlung, unter anderem mit mehreren Werken des Grand Seigneurs der französischen Küche. Fürs Belle-Epoque-Diner am Montagabend hatte er aus Escoffiers Büchern ein 5-Gang-Nostalgie-Menu zusammengestellt, etwas modifiziert und dezent dem heutigen Geschmack angepasst. Was die Gäste – ob dem Zeitgeist entsprechend gekleidet oder heutigem Trend angezogen – serviert bekamen, liess bei Feinschmeckern kaum einen Wunsch offen. Im Anschluss ans Amuse-Bouche kamen die Anwesenden in den Genuss von gängigen (Operetten-)Melodien gesungen von Willy Felder (Tenor) und Franziska Wigger (Sopran), am Piano belgeitet von Ruth Dängeli-Roggli.
Nach der ersten Vorspeise der «Composition de Foie de Canard avec Brioche» schmetterte die junge Sängerin «Oh mein Papa» und stand dem Essen mit diesem 1950 von Lys Assia aufgenommenen Klassiker in nichts nach.
«Wien, Wien nur du allein»
Die zweite Vorspeise «Filets de Sole aux Champignons farcies» verdaute sich wunderbar während des Duetts «Wien, Wien, nur du allein». Während sie dieses Lied sang, konnte man sich die Sopranistin Franziska Wigger nur schlecht als Jodlerin – wo sie gesanglich ebenfalls zu Hause ist – in der Entlebucher Sonntagstracht vorstellen. Nach «Poularde de Bresse et Gigot d’Agneau Provençale, Gratin Dauphinois et Légumes» glaubte dem einstigen Spitzenkoch Willy Felder niemand den Wortlaut aus «Aus ist’s mit der Liebe».
Zwischen dem «Fromage bleu à la Mode de Stilton, le verre de Porte et l’Assortiment de Crackers Anglais» und dem Finalen Gang – «Charlotte Parisienne aux Fruits de Rum» – rundete das musikalische Trio den Abend ab. Zum Abschluss vorgetragen wurden «Komm mit nach Varasdin» aus der Operette Gräfin Mariza und mit «Lippen schweigen» aus «Die lustige Witwe» von Franz Lehar.