Mit alten Zöpfen zu neuen Frisuren
05.01.2022 GesellschaftDie 13-jährige Sarah Wnuk brauchte viel Geduld, bis ihr Haar endlich lang genug war. Kaum war das erreicht, liess sie es abschneiden – für einen guten Zweck.
Die Situation mit Corona und den aktuellen Massnahmen ist nach wie vor schwierig, da gehen sonstige Probleme und wichtige Themen schnell mal vergessen – zum Beispiel andere schwerwiegende Leiden. Rund 30 Prozent der Menschen erkranken im Laufe ihres Lebens an Krebs, in vielen Industrienationen ist sogar jeder Zweite irgendwann betroffen.
Haarverlust nach Chemotherapie
Zum Glück hat die Wissenschaft mittlerweile eine Reihe von Behandlungsformen gegen die Krankheit erforscht und erarbeitet. Dazu gehören etwa die Strahlentherapie und die Chemotherapie. Bei der Bestrahlung werden mithilfe von Teilchen- oder ionisierender Strahlung die Krebszellen zerstört. Dadurch werden die Tumore kleiner, im besten Fall verschwinden sie sogar.
Hingegen werden den Patienten bei der Chemotherapie Medikamente ins Blut gespritzt, mit dem Ziel, die Teilung und Vermehrung der Tumorzellen zu hemmen. Leider zerstören diese Medikamente in den meisten Fällen nicht nur die Krebszellen, sondern auch die schnell wachsenden Zellen, die in den Haarwurzeln vorkommen. Haarausfall ist deshalb eine der häufigsten Nebenwirkungen, die bei krebskranken Menschen aufteten.
Glücklicherweise wachsen die Haare bei den meisten Betroffenen nach der letzten Chemotherapie wieder nach. Das aber kann dauern: Nur rund einen Zentimeter schaffen Kopfhaare pro Monat. Bis zur neuen Frisur vergehen also mindestens einige Monate.
In der Zwischenzeit sind viele Betroffene über eine Perücke froh. Dies war der Grund, weshalb ich mich entschied, meine Haare zu spenden – mit dem Gedanken, einer Person, die an Krebs erkrankt ist, eine Freude zu machen. Da ich noch zur Schule gehe und keinen Lohn habe, finde ich dies eine grossartige Alternative, jemandem zu helfen. Ich habe ganze 22 Zentimeter abgeschnitten und sie der Organisation «haarespenden.com» gesendet.
Persönlicher Brief an den Empfänger
Bei der Haarspende gibt es ein paar wichtige Punkte zu beachten. So sollte man sich bei der jeweiligen Organisation zuerst informieren, welche Mindestlänge die Haare haben müssen, ob eine Spende mit gefärbten oder getönten Haaren möglich ist und wie man die Haare abschneiden und verpacken soll, damit sie unterwegs nicht verfilzen.
Meine Friseurin hat mir nach Anleitung der Organisation einen festen Zopf geflochten und diesen oben und unten mit einem Haargummi fixiert. Dann hat sie den Zopf über dem oberen Haargummi abgeschnitten. Ich habe die Haare dann in einen wiederverschliessbaren Gefrierbeutel gelegt und zu Hause kamen sie schliesslich in den Briefumschlag. Was ich sehr schön finde ist, dass man dem Empfänger oder der Empfängerin einen persönlichen Brief schreiben kann, der mit der fertigen Perücke überreicht wird.
Aus meinen Haaren kann eine Kurzhaarperücke mit der Endlänge von etwa 17 Zentimetern hergestellt werden, da beim Flechten der Perücke einige Zentimeter Haarlänge verloren gehen. Ich habe lange gewartet, bis meine Haare lang genug waren, um sie spenden zu können. Umso mehr habe ich mich gefreut, den Schritt endlich machen zu können. Ich freue mich, als junger Mensch ein Teil von etwas Grossem zu sein und jemandem ein Lächeln ins Gesicht zaubern zu dürfen.
SARAH WNUK