RICHTIG ODER FALSCH? – Ein süsser Wundertrunk?
14.01.2022 GesundheitMilch wird schon im Naturzustand allerlei Gutes nachgesagt. Mit Honig kombiniert soll ihre positive Wirkung noch einmal zunehmen, etwa als Einschlafhilfe oder als Mittel gegen Erkältung. Aber stimmt das auch?
MARK POLLMEIER
Heisse Milch mit Honig – gerade in der ...
Milch wird schon im Naturzustand allerlei Gutes nachgesagt. Mit Honig kombiniert soll ihre positive Wirkung noch einmal zunehmen, etwa als Einschlafhilfe oder als Mittel gegen Erkältung. Aber stimmt das auch?
MARK POLLMEIER
Heisse Milch mit Honig – gerade in der Erkältungszeit schwört so mancher auf dieses Hausmittel. Doch warum soll der süsse Trunk überhaupt gegen Schnupfen und Heiserkeit helfen?
Zunächst einmal helfen heisse Getränke generell, Erkältungssymptome zu lindern und die Flüssigkeitszufuhr zu verbessern; das gilt grundsätzlich auch für die Milch. Honig enthält zudem antibakterielle Wirkstoffe, ist also keine schlechte Wahl, um Entzündungen zu bekämpfen. Allerdings muss es dafür schon naturbelassener Honig sein. Wird er zu stark erhitzt, zum Beispiel zum Pasteurisieren, verliert er seine bakterienhemmende Wirkung. Selbst wenn man also naturbelassenen Honig verwendet, sollte dieser nicht in heisse, sondern allenfalls warme Milch gerührt werden. Denn sonst ist das Getränk zwar süss, aber ansonsten keine grosse Hilfe. Apropos: Hartnäckig hält sich das Gerücht, Milch sei schleimbildend, weswegen man sie bei Husten vermeiden solle. Doch das ist nicht zutreffend. Möglicherweise rührt das Missverständnis von einem Bestandteil der Milch her. Sie enthält nämlich Galaktose, zu deutsch: Schleimzucker. Negative Wirkung hat die Galaktose indes nicht – eher im Gegenteil. Bei Halskratzen und gereizten Schleimhäuten können die Inhaltsstoffe der Milch sogar wohltuend und beruhigend wirken.
Auch das Einschlafen soll nach einem Glas Honigmilch leichter fallen. Tatsächlich enthält Milch eine Aminosäure namens Tryptophan, und die ist eine Vorstufe zum «Glückshormon» Serotonin. Ausserdem hilft Tryptophan dem Körper, das «Schlafhormon» Melatonin zu bilden.
Sorgt ein Glas süsse Milch vor dem Zubettgehen also für süsse Träume? Ganz so einfach ist es dann doch nicht. Die genannte Aminosäure kommt in der Milch nur in geringer Menge vor. Man müsste schon mindestens zwei Liter trinken, um eine Wirkung zu erzielen – und das wäre als Einschlafhilfe vielleicht doch etwas zu viel.
Denkbar ist aber ein psychologischer Effekt: Eine warme Milch mit Honig erinnert viele Menschen an ihre Kindheit und vermittelt das Gefühl von Geborgenheit. Zudem hat der Trunk auch einen leicht sättigenden Effekt, und beides zusammen ist fürs Einschlafen eine gute Voraussetzung.
Fazit: Heisse Milch mit Honig ist sicher kein Wundermittel. Wer aber keine entsprechenden Allergien hat, macht damit weder bei Erkältung noch bei Einschlafproblemen etwas falsch.
Vorsicht bei Kleinkindern
Auf Kuhmilch und Honig verzichten sollte man allerdings bei Säuglingen und Kleinkindern unter einem Jahr. Die Milch steht im Verdacht, Allergien und Neurodermitis zu fördern. Naturbelassener Honig wiederum kann das Bodenbakterium Clostridium botulinum enthalten, das im Darm sehr junger Menschen Giftstoffe bildet. Im ungünstigsten Fall entwickelt sich daraus der sogenannte Säuglingsbotulismus, der unter anderem zu Lähmungen der Schluckmuskulatur bis hin zum Atemstillstand führen kann. Ab einem Alter von zwölf Monaten ist der Darm von Kleinkindern dann so weit entwickelt und mit «guten» Bakterien besiedelt, dass keine Gefahr mehr besteht.