Draussen leuchete die verschneite Blümlisalp, die sich in Kandersteg ja ohne e schreibt, hell im Sonnenschein: Ein Wintertag wie aus dem Bilderbuch. Drinnen im Gemeindesaal gibt es auch eine Blümlisalp, als Wandbild, das als Bühnenhintergrund dient. Während vor dem echten Bergmassiv die ...
Draussen leuchete die verschneite Blümlisalp, die sich in Kandersteg ja ohne e schreibt, hell im Sonnenschein: Ein Wintertag wie aus dem Bilderbuch. Drinnen im Gemeindesaal gibt es auch eine Blümlisalp, als Wandbild, das als Bühnenhintergrund dient. Während vor dem echten Bergmassiv die Langläufer ihre Bahnen zogen, ging es vor der Kopie nicht minder schwungvoll zu. Zum Eröffnungsanlass hatte man «Les quatre Salonesses» eingeladen, vier Musikerinnen, zwei von ihnen an der Violine, je eine an Cello und Klavier. Sie entführten die Gäste mit ihrer Musik in die Belle Epoque und liessen dabei die Zeit der beiden Johanns Strauss aufleben. Man musste kein Kenner der Epoche sein, um mitsummen zu können. Melodien wie der Radetzky-Marsch (Strauss Vater), «Wiener Blut» oder den Kaiserwalzer (beide von Strauss junior) hatten wohl die meisten im Ohr.
Fürs Heiraten Deutscher geworden
Die Salonesses beliessen es jedoch nicht dabei, die Stücke vorzutragen. Mit allerlei Anekdoten lieferten sie vor allem zum jüngeren Johann Strauss auch allerlei Hintergrundinfos und Anekdoten, etwa jene zu Johann Strauss juniors dritter Hochzeit. Die nämlich konnte nicht in seiner Heimat stattfinden – gemäss der damaligen Rechtslage in Österreich durfte sich Strauss nämlich nicht von seiner zweiten Frau Lili scheiden lassen. Also wurde der Komponist kurzerhand Deutscher und heiratete dort seine dritte Frau, die 31 Jahre jüngere Adele. Die neue Beziehung befügelte Strauss: Zur Eröffnung des Berliner Konzertsaals 1889 komponierte er eines seiner berühmtesten Stücke, den Kaiserwalzer, den die vier Salonesses dann auch prompt zum Besten gaben.
Ein Second-Hand-Walzer für den König
Amüsant auch die Geschichte zum Stück «Rosen aus dem Süden». Entstanden war dieser Walzer in einem ganz anderen Zusammenhang, nämlich für Straussens Operette «Das Spitzentuch der Königin». Darin gibt es eine Gesangspassage mit dem Titel «Wo die wilde Rose erblüht». Als nun Johann Strauss 1880 König Umberto I. von Italien besuchte, brauchte er ein Stück, das er dem Regenten widmen konnte. Der Einfachheit halber griff er auf die «wilden Rosen» aus seiner Operette zurück, schrieb die Melodie etwas um und gab dem so entstandenen Walzer einen neuen Namen: «Rosen aus dem Süden». Und fertig war das Werk für den italienischen König, das ebenfalls im Kandersteger Gemeindesaal erklang.
MARK POLLMEIER