Seit 2009 betreibt das Pflegeheim Frutigland das Chalet Stampach. Spätestens im Juni 2022 wird dieses geschlossen. Ausschlaggebend für den Entscheid sind die Infrastruktur und die Betriebsgrösse – und die mangelnde Wirtschaftlichkeit.

HANS RUDOLF SCHNEIDER
Es ist schön gelegen auf dem sonnigen Plateau von Aeschi: das Chalet Stampach. Um es weiterhin als Pflegeheim betreiben zu können, wären allerdings Investitionen von mindestens 2,5 Millionen Franken nötig, die mit den 13 Pflegeplätzen nicht refinanziert werden könnten. «Die Einrichtung entspricht nicht mehr den heutigen Erwartungen an ein modernes Pflegeheim», begründet Robert Zaugg, Verwaltungsratspräsident der Spitäler fmi AG, zu der das Pflegeheim Frutigland gehört. Die Zimmer sind zu klein und die Mehrzahl davon hat keine eigene Toilette oder Dusche.

Fakt ist also: Das Gebäude ist heutzutage für die Nutzung als Pflegeheim nicht mehr geeignet. Das haben auch die sanften Renovationen der letzten Jahre nicht wettmachen können. Die Belegung im 1897 erbauten und denkmalgeschützten Haus ist in der jüngeren Vergangenheit kontinuierlich gesunken. «2021 waren durchschnittlich noch zwei Drittel der 13 Betten besetzt. Dies führte zu einer ungünstigen Kostenentwicklung und zu einer wiederholten finanziellen Unterdeckung», heisst es von Seiten der Spitäler fmi AG.

Was passiert mit den Angestellten?
fmi-CEO Daniela Wiest ergänzt, dass auch die personelle Situation in der Pflege zunehmend herausfordernd sei. Einerseits sei der Betreuungsaufwand durch die wenigen Pflegeplätze in Aeschi ausserordentlich hoch, andererseits aber auch der Fachkräftemangel spürbar – insbesondere in der Langzeitpflege. Um für die Bewohnerinnen und Bewohner die Betreuung rund um die Uhr gewährleisten zu können, sind rund acht Vollzeitstellen nötig. Von der Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion sind aber nur fünf vorgesehen.

Aktuelle Vakanzen im Pflegeheim Frutigland, im Seniorenpark Weissenau sowie den Betrieben der Spitäler fmi AG ermöglichen es, allen rund 20 (Teilzeit-) Mitarbeitenden der Pflege und der Hauswirtschaft des Chalets Stampach ein gleichwertiges Stellenangebot zu machen. Die personelle Entwicklung bzw. der eventuelle Wechsel zu anderen Arbeitgebern bestimmen auch, wann genau das Chalet geschlossen wird. Allenfalls muss der Umzug der Bewohner rascher angegangen werden, als eigentlich geplant. Vorgesehen ist die Aufhebung des Pflegeangebotes in Aeschi bis spätestens im Juni, wie Daniela Wiest sagt.

Wo hat es freie Pflegeplätze?
Im Frutigland sind derzeit genügend Pflegeplätze vorhanden, so dass ein Umzug innerhalb der Region kein Problem sein sollte. Das Pflegeheim Frutigland bietet am Standort Frutigen allen ein neues Heim an. «Die Lösung für die aktuell acht Bewohnerinnen und Bewohner stand für uns klar im Zentrum», betont der fmi-Verwaltungsratspräsident. «Wir wollten und wir können allen einen Pflegeplatz bieten.» Das Unternehmen fokussiere sich damit in der Langzeitpflege auf seinen Standort in Frutigen. Hier hat die fmi AG in den letzten drei Jahren 3,5 Millionen Franken in das Pflegeheim investiert (der «Frutigländer» berichtete). Alle Zimmer wurden bis Anfang dieses Jahres nach modernstem Standard ausgerüstet. Weil die Belegung aufgrund der Umbauarbeiten reduziert wurde, stehen heute genügend Zimmer zur Verfügung, um allen Bewohnern des Chalets Stampach ein Angebot machen zu können.

Gestern vormittag wurden die Bewohner und deren Angehörige über die geplante Veränderung in Aeschi informiert. Und «etliche haben bereits Interesse an einem Wechsel nach Frutigen gezeigt oder wollen sich zumindest das Heim einmal anschauen kommen», sagt Robert Zaugg. «Zudem ist mit der Adelmatt ein Pflegeheim vorhanden, wenn jemand in Aeschi bleiben will. Die Entscheidung liegt natürlich bei den Bewohnern und den Angehörigen. Es ist nicht unser Ziel, in Frutigen die Auslastung zu erhöhen.»

Um den Umzug zu erleichtern, bestehe in Frutigen die Möglichkeit, dass die aneinander gewöhnten Stampach-Bewohner auch als Wohngruppe zusammenbleiben könnten. Da voraussichtlich auch Pflegepersonal nach Frutigen wechseln wird, wäre die Umgebung trotz neuem Standort nicht völlig fremd. Daniela Wiest weist auch darauf hin, dass mit dem benachbarten Akutspital die medizinische Versorgung bei Bedarf rascher greifbar sei: «Ein nicht zu unterschätzender Vorteil.»

Das Chalet steht zum Verkauf
Ab Juni 2022 wird also das Gebäude in Aeschi leer stehen. Ob die im Untergeschoss des 2010 erstellten Sockelbaus tätige Physiotherapie des fmi-Spitals Frutigen dort weiter praktizieren wird, hängt von der zukünftigen Nutzung ab. Das Chalet wird sicher zum Verkauf ausgeschrieben, dabei hat die Gemeinde Aeschi ein vertraglich zugesichertes Vorkaufsrecht.

Künftige Nutzung völlig offen
Was mit der freiwerdenden Liegenschaft an der Alleestrasse 32 in Richtung Krattigen passieren wird, hängt also vor allem davon ab, wer diese übernimmt. Bei einer Umnutzung respektive allfälligen baulichen Anpassungen – beispielsweise in Wohnungen – wird dann der Denkmalschutz sicher ein Wörtchen mitzureden haben.

Mit der Gemeinde Aeschi, dem Unterstützungsverein Pro Chalet Stampach sowie Vertreterinnen und Vertretern der Planungsregion Kandertal wurde bereits Kontakt aufgenommen, um «den weiteren Weg des altehrwürdigen Gebäudes aufzugleisen», wie der VR-Präsident bestätigt.

Das Chalet Stampach schliesst

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