Erst grosse Enttäuschung, dann ebensolche Freude
22.02.2022 FrutigenOLYMPISCHE SPIELE Zum vierten Mal war Skicross olympisch. Der Frutiger Mike Schmid war stets dabei – zweimal als Athlet, zweimal als Coach. Nach der diesjährigen Schlussfeier erzählte er dem «Frutigländer» von der emotionalen Berg-und-Tal-Fahrt in Peking.
«Fanny ...
OLYMPISCHE SPIELE Zum vierten Mal war Skicross olympisch. Der Frutiger Mike Schmid war stets dabei – zweimal als Athlet, zweimal als Coach. Nach der diesjährigen Schlussfeier erzählte er dem «Frutigländer» von der emotionalen Berg-und-Tal-Fahrt in Peking.
«Fanny Smiths Disqualifikation, beziehungsweise die Rückstufung vom Bronze- auf den undankbaren vierten Platz, ist nach wie vor unverständlich und schlicht nicht nachvollziehbar. Es bringt aber nichts, lange Groll zu hegen. Im Sport muss man so etwas wegstecken und sich aufs nächste Ziel fokussieren. Das gilt auch für uns Trainer. Die Goldmedaille von Ryan Regez und die silberne für Alex Fiva am darauffolgenden Tag liessen die Stimmung in unserem Team wieder ansteigen. Die Medaillengewinner habe ich erst Stunden später wieder gesehen, denn sie hatten Interviewtermine, mussten zur Dopingkontrolle, ins Medienzentrum usw. Am Abend haben wir innerhalb unseres Teams ein bisschen gefeiert. Es freut mich natürlich sehr und ich bin auch ein bisschen stolz, dass ich nun einen Nachfolger habe – noch dazu einen aus dem Berner Oberland.
Viel Aufwand für die beste Vorbereitung
Da vor einem Jahr die Hauptprobe ausgefallen war, wurde sie im November nachgeholt. Ich selbst musste wegen meiner Covid-Erkrankung zu Hause bleiben. Wir wussten, dass der Parcours ganz ähnlich hergerichtet war, wie er an den Olympischen Spielen sein würde. Zur idealen Vorbereitung bauten wir nachher in Laax den Start nach und trainierten vier Tage lang. Es hat sich gelohnt.
Unsere vier Serviceleute haben wirklich tolle Arbeit geleistet. Wie oft haben sie im November den Kunstschnee analysiert sowie Luft- und Schneetemperaturen gemessen, um das beste Material und die richtige Wachsmischung zu ermitteln. Dann schneite es in der Nacht vor und auch während der Wettkämpfe der Damen, was in Peking bekanntlich selten vorkommt. Somit waren die meisten Vorarbeiten ‹für die Katz›. Statt zu schlafen, krampften die Serviceleute die ganze Nacht und bis kurz vor dem Rennen. ‹Chapeau› für diese Leistung!
Kaum Zeit für Begegnungen
Vom Hörensagen hatte ich mir die ganzen Vorsichtsmassnahmen und das tägliche Testen schlimmer vorgestellt. Wir haben uns ja längst ans Maskentragen, Abstandhalten und an die Stäbchen in Nase und Rachen gewöhnt. Im Village (Olympisches Dorf) konnten wir uns recht frei bewegen – auch beim Parcours. Die Freestyler und die Langläufer waren im gleichen Haus einquartiert wie wir. Einmal habe ich Dario Cologna kurz gesehen und ihm viel Glück gewünscht. Es ist immer wieder schön, Weggefährten aus meiner aktiven Zeit oder auch von später zu treffen. Mein einstiger Servicemann ist nach wie vor mit von der Partie. Andere sind – wie ich – inzwischen Trainer oder Betreuer. Den Physiotherapeuten der Langläufer kenne ich bestens, war ich doch nach meinen Bänderrissen in Magglingen jahrelang bei ihm in Behandlung.
Erst in den Südural, dann nach Hause
Da Ryan Regez die Fahne ins Stadion tragen durfte und nicht mehr viele Landsleute vor Ort waren, haben wir alle an der Schlussfeier teilgenommen. Immerhin war es am Sonntag nicht mehr dermassen kalt wie an den Tagen zuvor.
Letzte Nacht flogen wir in den Südural, wo die nächsten Weltcuprennen stattfinden. Anschliessend geht’s nach Hause. Ich vermisse meine Familie. Natürlich freue mich auf heimische Kost, obwohl wir hier eine grosse Auswahl haben und das Essen wirklich gut schmeckt.»
AUFGEZEICHNET VON KATHARINA WITTWER