Kalte Hände und Essen am Einzeltisch
18.02.2022 Kandersteg, SportOLYMPISCHE SPIELE Seit dem 10. Februar weilt Mario Hari in China. Während sämtlicher alpiner Skirennen bedient er am Pistenrand eine Kamera und liefert Bilder für die TV-Live-Übertragungen. Dem «Frutigländer» erzählte er am Telefon von seinen Erlebnissen vor Ort. ...
OLYMPISCHE SPIELE Seit dem 10. Februar weilt Mario Hari in China. Während sämtlicher alpiner Skirennen bedient er am Pistenrand eine Kamera und liefert Bilder für die TV-Live-Übertragungen. Dem «Frutigländer» erzählte er am Telefon von seinen Erlebnissen vor Ort.
«Eigentlich hätte ich am 29. Januar mit dem Kamerateam der SRG für die Produktion der Alpinen Skirennen nach Peking fliegen sollen. Leider erhielt ich kurz vor der Abreise ein positives Covid- 19-Resultat. Erkrankt bin ich zwar nur ganz leicht. Trotzdem dachte ich, der Traum von Olympia sei nun ausgeträumt. Damit ich zehn Tage später mit den Nachzüglern fliegen durfte, war im Vorfeld an vier aufeinanderfolgenden Tagen ein negativer PCR-Test notwendig. Das konnte ich zum Glück vorweisen, und so kam ich doch noch nach Peking.
Kaum aus dem Flugzeug gestiegen, mussten wir uns je einem Nasen- und Halsabstrich unterziehen, dann gings ab in den Bus. Die Fahrt zum Hotel dauerte etwa zwei Stunden. Dort mussten wir sofort unsere Einzelzimmer beziehen und das Testresultat abwarten. Nach kurzer Zeit erhielt ich telefonisch das negative Ergebnis und durfte gleich mit meinem Team Znacht essen.
Beim Frühstück keine Experimente
Das mit dem gemeinsamen Essen darf man nicht wörtlich nehmen. Man holt sich am Buffet, worauf man Lust hat, und setzt sich dann an einen Einzeltisch. An grossen Tischen dürfen wohl zwei Personen sitzen, doch die Kommunikation ist wegen der trennenden Plexiglasscheibe erschwert. Bis jetzt habe ich mich beim Frühstück an Gewohntes gehalten und auf Reis oder scharfe Suppe verzichtet, denn ich will keine Magenverstimmung riskieren.
In unserem Hotel ist weiteres technisches Personal aus verschiedenen Nationen einquartiert. Da sind zum Beispiel diejenigen von der Zeitmessung. Es liegt auf der Hand, dass der Kontakt zwischen den verschiedenen Gruppen möglichst vermieden wird. Gut, am Abend geht man schon mal in die Hotelbar und genehmigt sich ein Feierabendbierchen. Aber auch dort herrscht Masken- und Abstandspflicht.
Einsatzpläne per WhatsApp
Am ersten Tag nach meiner Ankunft fand der Super-G der Damen statt, bei dem sich Lara Gut-Behrami die Goldund Michelle Gisin die Bronzemedaille holten. Da hatte ich noch keine eigene Kamera, sondern begleitete einen Kollegen. Seitdem war ich täglich an der Piste – wir produzieren nämlich auch während der Trainings. Jeden Abend erhalten wir eine WhatsApp-Nachricht mit dem Einsatzplan des nächsten Tages. Die tragbaren Kameras holt man ab, die fix installierten sind bereits vor Ort. Per Bahn und mit Skiern oder Snowboard begibt man sich an den Einsatzort. Es ist kalt hier. Warte ich auf den nächsten Athleten, den ich ‹verfolgen› muss, stecke ich die Hände in einen Wärmebeutel. Mit Fausthandschuhen kann man keine Kamera bedienen.
‹Unsere› MedaillengewinnerInnen habe ich bisher nur von Weitem oder im Fernsehen gesehen. Vorgestern filmte ich die Siegesehrung beim Herren-Slalom im Zielraum. Leider schaffte es kein Schweizer aufs Podest.
Heute ist mein erster freier Tag. Mal sehen, was ich tun werde. Morgen ist noch der Teamevent, und am Dienstag gehts zurück in die Heimat.»
AUFGEZEICHNET VON KATHARINA WITTWER