Versorgungssicherheit ist Sache der Arbeitgeber
18.02.2022 GesundheitDie angespannte Situation in den Pflegeberufen beschäftigt (auch) die kantonale Politik. Eine Motion aus der SP-Fraktion fordert den Regierungsrat auf, den «Personalexodus» zu stoppen und die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Doch die Regierung sieht sich in einem ...
Die angespannte Situation in den Pflegeberufen beschäftigt (auch) die kantonale Politik. Eine Motion aus der SP-Fraktion fordert den Regierungsrat auf, den «Personalexodus» zu stoppen und die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Doch die Regierung sieht sich in einem wesentlichen Punkt nicht in der Verantwortung.
MARK POLLMEIER
«Wenn wir längerfristig die Versorgung garantieren wollen, dann müssen wir jetzt das Personal entlasten», so der Kernsatz des SP-Vorstosses. In der aktuellen Situation finde bereits eine versteckte Rationierung statt. Sprich: In manchen Versorgungsbereichen (konkret genannt werden Psychiatrie, Intensivpflege und Langzeitpflege) habe man einen Versorgungsengpass feststellen müssen, worunter die Pflegequalität leide. Auch den inzwischen hinlänglich bekannten Personalmangel greift die Motion auf. Gemäss Aussagen des Pflegefachverbands SBK seien aktuell 15 Prozent weniger Intensivpflegefachpersonen in ihrem Beruf tätig als vor einem Jahr. Die schon vor Corona angespannte Personalsituation habe sich während der Pandemie durch die permanente Dauerbelastung zusätzlich verschlechtert. Von einer «Negativspirale» sprechen die Motionäre und zählen die befürchteten Folgen – und Folgekosten – dieser Entwicklung auf.
Vier Forderungen stellen sie an den Regierungsrat. Erstens müsse dieser wirkungsvolle Massnahmen gegen die Abwanderung des Pflegepersonals aufzeigen. Zweitens solle er sich mit der Gesundheitsdirektorenkonferenz dafür einsetzen, dass in den gefährdeten Versorgungsbereichen mehr Stellen für Pflegefachpersonal zur Verfügung stehen. Drittens müsse er einen Plan aufzeigen, wie die Grundversorgung der Bevölkerung in der aktuellen Situation zu gewährleisten sei. Viertens solle der Regierungsrat dem Parlament regelmässig berichten, wie sich die Versorgungssituation und die Pflegequalität in den verschiedenen Gesundheitsbereichen darstellen.
Zuständig sind andere
Der Regierungsrat teilt in seiner Antwort zwar «die Sorgen betreffend Arbeitsbedingungen für das Gesundheits- und im Speziellen für das Pflegepersonal während und ausserhalb der COVID-19-Pandemie». Gleich im ersten und wichtigsten Punkt ihres Forderungskatalogs erteilt er den Motionären jedoch eine Absage. Für die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeitenden oder für die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben seien die Betriebe des Gesundheitswesens zuständig, nicht der Regierungsrat. Man habe insofern gar keine Möglichkeit, die geforderten wirkungsvollen Massnahmen zu ergreifen; der Punkt sei deshalb vom Parlament abzulehnen.
Zu den Forderungen zwei und drei zählt der Regierungsrat auf, in welchen Bereichen der Kanton schon jetzt engagiert sei. Die Botschaft: Hier seien die Möglichkeiten im Grossen und Ganzen bereits ausgeschöpft. Beide Punkte werden deshalb zur Annahme und gleichzeitig zur Abschreibung empfohlen, sodass sie als erledigt gelten können.
Auch beim vierten Punkt verweist die Kantonsregierung noch einmal auf die Gesundheitsinstitutionen: Sie seien in erster Linie für die Sicherstellung der Pflegequalität verantwortlich. Trotzdem wird die Forderung der Motionäre teilweise aufgenommen. Zwar werde dem Grossen Rat bereits im Rahmen der Versorgungsplanung regelmässig Bericht erstattet. Man werde aber prüfen, ob in diesen Berichten ein zusätzlicher Abschnitt zur Versorgungssituation in den Pflegeberufen und zur Pflegequalität aufgenommen werden soll. Dabei werde man die Umsetzung der kürzlich angenommenen Pflegeinitiative auf Bundesebene berücksichtigen. Seinen Ausführungen entsprechend beantragt der Regierungsrat die Annahme von Punkt vier als Postulat.