Ein neues Kapitel
15.03.2022 KanderstegAm 1. Januar übergaben Anne und René Maeder die operative Führung des Waldhotels Doldenhorn und des «Ruedihus» an ihren Sohn Patric und seine Partnerin Riana Meyer – nach fast fünf ereignisreichen Jahrzehnten.
MICHAEL SCHINNERLING
Am 1. Januar flossen in ...
Am 1. Januar übergaben Anne und René Maeder die operative Führung des Waldhotels Doldenhorn und des «Ruedihus» an ihren Sohn Patric und seine Partnerin Riana Meyer – nach fast fünf ereignisreichen Jahrzehnten.
MICHAEL SCHINNERLING
Am 1. Januar flossen in Kandersteg Tränen, als Anne und René-François Maeder nach 46 Jahren in Anwesenheit der MitarbeiterInnen die offizielle Übergabe des «Doldenhorn» und des «Ruedihus» an Sohn Patric und dessen Partnerin Riana Meyer vollzogen. Patric Maeder und Riana Meyer sind nun für alle Belange im Waldhotel Doldenhorn zuständig. Dabei war lange nicht klar, ob der Junior das Hotel übernehmen würde. Er absolvierte unter anderem die Hotelfachschule in Lausanne (EHL) und schnupperte in diverse Berufe hinein. Schnell merkte er jedoch: «Das ist alles nichts für mich. Ich brauche den Kontakt mit Menschen. Und so bat ich meine Eltern, mir in drei Jahren alles beizubringen, was sie sich in 46 Jahren an Wissen angeeignet hatten.» Nach und nach arbeitete sich Patric Maeder in die verschiedenen Führungsaufgaben ein. Die Buchhaltung hatte er schon früher ganz übernommen.
Ausbildung auch für Quereinsteiger
Patric Maeder schlägt nun ein neues Kapitel in der Geschichte des «Doldenhorn» auf und möchte unter anderem seine Idee von einem Ausbildungshotel umsetzen. «Wir werden die bilaterale Lehre wie bis anhin (Schule und Praxis) beibehalten und Quereinsteigern vermehrt die Möglichkeit bieten, sich im Hotelbereich ausbilden zu lassen. Ziel ist es, diese Personen bei uns zu behalten und in den Betrieb zu integrieren.» Damit will man der rückläufigen Nachfrage nach Lehrstellen im Gastrobereich entgegenwirken. «Zuerst einmal werde ich mich mit meiner Partnerin in die Abläufe einleben und dann nach und nach meine Vorschläge umsetzen. Wir haben einen Betrieb übernehmen dürfen, der gesund dasteht und einen guten Ruf hat, auf dem man aufbauen kann.»
Und was machen die Eltern? «Wenn es uns noch braucht, helfen wir sehr gerne», meint René Maeder. «Nun habe ich Zeit, mich vermehrt der Politik zu widmen – und unserem Garten.»
Ein Blick auf die Anfänge
René Maeder wuchs in der Ferienpension Doldenhorn auf. Hier waren seine Eltern als Gastgeber für Pfarrer und Kirchenmitarbeiter tätig. Mit ihrem kargen Lohn bestritten sie ihren Lebensunterhalt und ermöglichten dem Sohn eine Ausbildung. «Ich wäre gerne Pfarrer oder Schauspieler geworden. Es kam zwar anders – aber beide Berufe brauchte ich später in meiner Funktion als Hotelier», so René Maeder. «Ich erlebte, dass meine Eltern im Betrieb nicht so viel zu sagen hatten. Es war die Kirche, die hier bestimmte. Da wusste ich, dass ich einmal mein eigener Herr sein will.» Nachdem er in Kandersteg seine Lehre zum Koch und die Hotelfachschule absolviert hatte, bot sich 1976 durch Zufall die Gelegenheit, das 1906 erbaute Haus mit 40 Betten und einem Badezimmer zu erwerben. Dessen Zustand war sehr schlecht. «Damals gab uns die Bank keine weiteren Investitionskredite. Doch die regionalen Handwerker halfen uns und schenkten uns ihr Vertrauen. Gemeinsam mit meiner Frau Anne legte ich los. Unser Ziel war es, hier ein Luxushotel zu etablieren», so Maeder. Es war eine harte Zeit, die Maeder sein Leben lang prägte.
Zündende Finanzierungsidee
Als er mit «Swissness»-Produkten anfing, winkten seine Berufskollegen ab. «Das geht nicht», war ihre Meinung. Maeder setzte die Idee aber erfolgreich um. Irgendwann fragte ein Hotelgast nach einem Wellnessbereich. Da es jedoch schwierig war, Kapital von den Banken zu erhalten, gingen Maeders einen anderen Weg. «Wir spielten einen Moment mit dem Gedanken, Eigentumswohnungen zu bauen und das alles auf diese Weise zu finanzieren. Dann hätten aber zu viele Leute reinreden können.» Schliesslich kam die zündende Idee. «Wir boten den Leuten einen Zinssatz an und Konsumationsgutscheine hier im Haus. Wer sein Geld zurückziehen wollte, musste dies rechtzeitig ankündigen», so René Maeder. Innerhalb von sechs Monaten seien so mehr als zwei Millionen Franken zusammengekommen. «Unsere Stammgäste glaubten an uns und schenkten uns ohne irgendwelche Absicherungen ihr Vertrauen. Das stärkte uns.»
Anne und das grüne Zimmer
Besonders dankbar aber ist René Maeder für die Partnerin an seiner Seite. «Anne hat mir immer den Rücken frei gehalten. Ohne sie hätte ich das alles nie erreichen können.» Trotz grosser Schicksaalsschläge habe seine Frau immer fest am Karren gezogen. Unter anderem war sie für die Dekoration zuständig. Die ausgebildete Krankenschwester hatte das perfekte Händchen dafür. Obwohl ihr Mann eine starke Persönlichkeit ist, setzte Anne Maeder immer um, was sie wollte. Ein Beispiel: «Anne war im Urlaub, als ich einen Raum grün anstreichen liess. Als sie nach Hause kam, erschrak sie über den unpassenden Farbton. Es musste ein neues – gefühlt nur um 10 Prozent abweichendes – Grün her», erzählt René Maeder lachend. Gemeinsam unternahm das Paar auch Betriebsbesichtigungen in anderen Hotels und Restaurants. «Wir schauten immer, wie es andere machten und was wir Positives davon mitnehmen konnten. So wurde unser Haus langsam zu einem Vier-Sterne-Hotel mit ausgezeichneter Küche.»
Kein Stillstand
War es bis Januar der Junior, der dem Vater zur Seite stand, ist es nun der Vater, der dem Junior beim Neubau zur Seite steht. Seit dem 27. September 2021 werden neue Räume für Familienfeiern, Events und Seminare gebaut. Mit diesem Angebot wollen Maeders auf Dauer Ganzjahresstellen sichern. «Mitarbeiter sind ein wertvolles Gut und wir haben viele im Team, die schon seit Jahrzehnten bei uns sind», so Patric. Zum Waldhotel und der Dependance, dem «Ruedihus», ist neu das Hotel Gasterntal dazu gekommen. Wie immer im Leben von Maeders spielte der Zufall eine Hauptrolle. «Wir wussten, dass die Besitzer einen Käufer suchten. Uns war klar: So eine Chance bekommen wir nur einmal im Leben. Also griffen wir zu. Das Hotel passt perfekt zu uns», so René Maeder. Eine Wiedereröffnung durch den Pächter sei im Sommer 2022 geplant.