LANDWIRTSCHAFT Um die Umweltauswirkungen eines Produktes zu bewerten, ist auch der dafür nötige Wasserverbrauch entscheidend. Doch häufig ist diese Frage gar nicht so leicht zu beantworten. Das Beispiel Rindfleisch zeigt: Wasser ist nicht gleich Wasser.

Das Water Footprint Network versucht, den «Wasser-Fussabdruck» bestimmter Erzeugnisse zu messen. Demnach verbraucht eine einzige Tasse Kaffee 132 Liter Wasser, ein Glas Milch schlägt mit 255 Litern zu Buche, für ein Kilo Mais sind schon 1222 Liter nötig und für ein Kilo Zucker aus Zuckerrohr 1782 Liter.

Einen Spitzenplatz beim Wasserverbrauch nimmt das Rindfleisch ein: Sagenhafte 15 415 Liter Wasser soll das Kilo im weltweiten Durchschnitt verbrauchen. Dieser Wert ist mit dafür verantwortlich, dass der Fleischverbrauch und speziell der Rindfleischverbrauch zunehmend kritisiert wird.

Graues, blaues und grünes Wasser
Allerdings lohnt sich ein genauer Blick darauf, wie sich der enorme Wasserverbrauch zusammensetzt. Bei der Bemessung des Verbrauchs unterscheidet man drei verschiedene Kategorien: grünes Wasser, blaues Wasser und graues Wasser.
• Graues Wasser ist qualitativ beeinträchtigt, etwa durch Düngemittel, Pestizide oder Industrieabfälle, sodass es nicht mehr als Trinkwasser verwendet werden kann. Es wird unter anderem in der Verarbeitung verbraucht.
• Blaues Wasser wird etwa bei der künstlichen Bewässerung verbraucht. Es handelt sich dabei um Grundwasser oder um Wasser aus Seen und Flüssen. Dieses Wasser wird also dem natürlichen Kreislauf entzogen, die Entnahme grosser Mengen kann zu Problemen führen. Ein Beispiel dafür sind die ausgeschöpften Grundwasserreserven in den intensiv genutzten Gemüseanbaugebieten Spaniens. Oder der nahezu komplett ausgetrocknete Aralsee, dessen Zuflüssen noch immer Wasser für Baumwollplantagen entnommen wird. In Ställen zählt Wasser, das zur Reinigung und zum Tränken benutzt wird, zum blauen Wasser.
• Grünes Wasser ist Regenwasser. Es bleibt im natürlichen Kreislauf erhalten. Beim Rindfleisch wird dieses grüne Wasser miteinbezogen, weil es zum Pflanzenwachstum – also zur Futtergewinnung – benötigt wird.

Alle drei Wasserkategorien werden unter dem Begriff «virtuelles Wasser» zusammengefasst. Blickt man nun auf den Wasserverbrauch für die Produktion von Rindfleisch, so werden dabei laut Water Footprint Network über 90 Prozent grünes, 4 Prozent blaues und 3 Prozent graues Wasser verbraucht. Das bedeutet: Der mit Abstand grösste Anteil wird dem natürlichen Kreislauf nicht entzogen, sondern fällt schlicht als Regen auf die Weiden. Das aber täte er auch, wenn dort keine Tiere stehen würden: Ohne Rindfleischproduktion würde auf den beregneten Flächen einfach Gras wachsen.

Höherer Verbrauch bei extensiver Haltung
Bei der Produktion von Rindfleisch den hohen virtuellen Wasserverbrauch zu kritisieren, erscheint unter Umweltgesichtspunkten also zu einfach. So ergeben sich etwa aus der Haltungsform grosse Unterschiede.

Intensive Rindermast, bei der viel Kraftfutter eingesetzt wird, führt zu einem tieferen virtuellen Wasserverbrauch als eine extensive Haltung auf der Weide. Dies gilt umso mehr in regenreichen Regionen wie der Schweiz, denn der Niederschlag, der hier fällt, wird ja auf den Wasserverbrauch angerechnet (grünes Wasser). Eine Studie des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) aus dem Jahr 2014 zeigt zudem, dass Bio-Weide-Beef einen rund dreimal so hohen Bedarf an grünem Wasser hat wie ein konventionelles Produktionssystem. Die Erklärung liegt in der doppelt so langen Mastdauer und dem höheren Futterbedarf aufgrund des tieferen Kraftfutterkonsums. Beim grauen Wasser hingegen ist der Verbrauch im Bio-Weide-Beef-System nur halb so gross wie bei den anderen Produktionsformen.

Bedenkt man diese Faktoren, relativiert sich der Wasserverbrauch in der Rindfleischproduktion erheblich. Gemäss einem Artikel in der Fachzeitschrift «Die Mutterkuh» benötigt die Herstellung von einem Kilo Rindfleisch bei Weidehaltung in der Schweiz 200 Liter – jedenfalls dann, wenn das grüne Regenwasser abgezogen wird.

JONAS INGOLD, LID.CH / MARK POLLMEIER

Wie viel Wasser braucht es für Rindfleisch?

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