Ist ein Kompromiss möglich?
26.04.2022 AdelbodenÜber zwei Geschäfte der Gemeindeversammlung orientierte die Behörde im Vorfeld genauer. Punkto Wild ruhezonen will man dem Kanton zuvorkommen, und für das Erlebnisbad soll der Boden bereitet werden – was nicht ganz einfach werden dürfte.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
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Über zwei Geschäfte der Gemeindeversammlung orientierte die Behörde im Vorfeld genauer. Punkto Wild ruhezonen will man dem Kanton zuvorkommen, und für das Erlebnisbad soll der Boden bereitet werden – was nicht ganz einfach werden dürfte.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
Es ist nicht der erste Versuch, in Adelboden ein Schlechtwetterangebot in Form eines Bades zu realisieren. Bisher blieb es bei den Schlagzeilen. An der Gemeindeversammlung vom nächsten Freitag wird eine Überbauungsordnung vorgelegt, die ein solches Erlebnisbad auf dem bestehenden Parkhaus sowie Adler-Areal mitten im Dorf ermöglichen soll. Bauen und betreiben will die Anlage die Aqua Spa Resorts AG, die sechs weitere Bäder in der Schweiz besitzt und betreibt.
Die UeO Nr. 66 Bad soll die rechtliche Grundlage für das Bauprojekt und den Baurechtsvertrag bilden, der zwischen der AG und der Gemeinde respektive der Parkhaus AG abgeschlossen werden soll. Ansonsten will sich die Gemeinde nicht engagieren, sie wird im Gegenteil nach der Realisierung Baurechtszins erhalten. Das Risiko liegt also primär beim Betreiber und Bauherrn.
Das Problem der Tennisplätze
Bekannt ist, dass zwei Einsprachen eingegangen sind, diese würden aber vor allem auf das Baubewilligungsverfahren Einfluss haben und nicht auf die UeO. Dass die Meinungen geteilt sind zum neuen Erlebnis- respektive Entspannungsbad, war schon vor dem Infoanlass vom letzten Dienstag klar. Insbesondere vonseiten des Tennisclubs kam Opposition, da er zwei seiner vier Plätze auf dem Parkhaus verlieren würde. Vom Tod des Clubs ist die Rede, da für den Nachwuchs und die Interclubturniere zu wenig Spielmöglichkeiten bleiben würden. Ein dritter Platz sei dazu unabdingbar, äusserte sich Präsident Reto König. Das Resultat einer weiteren Begehung mit den potenziellen Bauherren ist noch offen, aber wirkliche Hoffnung war am letzten Dienstagabend nicht spürbar.
Die Gemeinde klärt ab, ob allenfalls der sanierungsbedürftige Sportplatz unterhalb des Gemeindehauses als dritter Platz genutzt werden könnte – als Mehrzweck-Hartplatz. Turniere auf unterschiedlichem Belag seien aber keine Option, wurde von Clubvertretern festgehalten. Das wäre höchstens eine Übergangslösung. Und für einen Umzug des ganzen Tennisclubs an einen neuen Standort fehlten einerseits das Land und andererseits dem Club die finanziellen Möglichkeiten. Diese Woche soll deshalb noch ein Flugblatt in die Haushalte flattern, um die StimmbürgerInnen auf die Problematik aufmerksam zu machen.
Gemeinde stützt Vorhaben
Die Diskussion drehte sich anschliessend weniger um die UeO als vielmehr um das Projekt, das eine Belebung Adelbodens zum Ziel hat. In Frage gestellt wurden der grundsätzliche Nutzen, die Wirtschaftlichkeit und die Zahlengrundlagen – die Rede ist von 40 000 Besuchern jährlich. An 340 Betriebstagen mit Öffnungszeiten zwischen 9 und 22 Uhr sollen im Schnitt 120 Gäste pro Tag das Wasser oder die Wellnessanwendungen geniessen. Die Zahlen stammen von der AG und deren Erfahrungm mit den anderen Bädern.
Gemeinderatspräsident Markus Gempeler erklärte, dass eine Adelbodner Delegation die Geschäftszahlen der AG gesehen hätte und dem Unternehmen Vertrauen schenke. Vorgesehen sind Investitionen von 8 bis 9 Millionen Franken. Bis zu zehn neue Arbeitsplätze würden in Adelboden geschaffen. «Die Gemeinde wird keine Kosten haben – mit Ausnahme für den neuen Platz, der auf Strassenniveau auf dem Dach des Bades entstehen soll.» Der Rat wurde aus dem Publikum ermahnt, dass sich die Gemeinde auch zurückhalten solle, falls die Betreiberin Konkurs gehen würde. «Nerven behalten» sei das Motto.
Die Bad-Initianten sind überzeugt
Lanciert wurde das Bäderprojekt 2018 vom Verein «Für Adelboden», der aus dem Hotwater-Verein entstanden ist. Was sagt Präsident Stephan Oester zur Diskussion vor der Gemeindeversammlung? Er will nicht Stimmung machen, sondern Argumente ins Feld führen. Die Abklärungen hätten klar ergeben, dass das Parkhausdach der beste Standort für ein Bad sei, da dieses von der Dorfstrasse aus über einen neuen Platz zugänglich sei und einen attraktiven Blick in die Berge biete. «Ziel ist, neue Gäste zu holen, die Parahotellerie und das Gewerbe zu unterstützen und eine Alternative bei schlechtem Wetter zu haben.» Der Nutzen eines Bades sei für den ganzen Ort vor diesem Hintergrund wahrscheinlich höher als ein zusätzlicher Tennisplatz, gibt er zu bedenken. Natürlich sei jener mit einer guten Lösung nicht ausgeschlossen, betont Stephan Oester.
Wichtig war am Infoanlass die abschliessende Aussage des Bauverwalters Nicola Lingg, dass innerhalb des UeO-Perimeters die einzelnen Projektteile noch angepasst werden könnten. Das erhöht die Chancen beim Stimmvolk, dass die UeO angenommen wird, weil theoretisch also auch ein dritter Tennisplatz möglich wäre – sollte sich doch noch ein Kompromiss finden lassen.
Mehr Ruhe für das Wild
Keine Diskussionen an der Info-Veranstaltung gab es zum Thema der Wildtierruhezonen. Eigentlich kein Wunder, denn in insgesamt zwölf Schritten wurde das Geschäft seit 2019 ausgearbeitet, immer wieder unter Einbezug betroffener Personen, Organisationen und Ämter. Schliesslich liegt nun ein kommunaler Richtplan vor, der bei einer Annahme rechtsverbindlich und auch im Baureglement festgehalten ist. Aus rund 20 einzelnen Schutzgebieten von total 18,5 Quadratkilometern sind acht geworden, die noch 8,5 Quadratkilometer gross sind.
Gemeinderätin Beatrice Germann zeigte detailliert auf, welche Überlegungen dahinter stecken. Privateigentum soll nicht eingeschränkt werden und die touristische Nutzung auch künftig möglich sein. Dazu gehört beispielsweise der Ersatz der Sillerenbahn mit einer neuen Linienführung. Eine vorgängige Umfrage habe zudem gut 30 Projekte und Ideen für die nächsten etwa zwanzig Jahre ergeben, die berücksichtigt worden seien. Sie zählte davon nur eine Aussichtsplattform auf der Engstligenalp, eine Sesselbahn beim Tosse oder eine Rodelbahn auf.
Der Kanton willigt ein
Ausser dem notwendigen Schutz der Wildtiere nannte Germann zwei weitere Argumente: «Wir wollten die Ruhezonen verkleinern und sinnvoll definieren, aber vor allem wollten wir in unserer Gemeinde die Schutzgebiete selber bestimmen. Wir wissen ja, dass der Kanton derzeit die Wildruhezonen überprüft und anpasst. Dem wollten wir zuvorkommen.»
An der Gemeindeversammlung werde nun nicht mehr über einzelne Zonen diskutiert, es gebe nur noch Ja oder Nein, erklärte sie. Sollte diese Planung angenommen werden, besteht die Zusage, dass der Kanton diese akzeptiert und nicht selber noch aktiv wird. Trotzdem konnten bis heute nicht alle sechs eingegangenen Einsprachen ausgeräumt werden, wie Germann sagte. Über die unerledigten Einsprachen wird das Amt für Gemeinden und Raumordnung im Rahmen der Richtplangenehmigung befinden müssen.
Die Unterlagen zur Adelbodner Gemeindeversammlung finden Sie in unserer Web-Link-Übersicht unter www.frutiglaender.ch/web-links.html
Die weiteren Traktanden der Gemeindeversammlung
Am 29. April werden zudem folgende Geschäfte zum Entscheid vorgelegt:
• Die Jahresrechnung 2021 schliesst im Gesamthaushalt (inkl. Spezialfinanzierungen) mit einem Aufwandüberschuss von 107 213 Franken ab. Dies bei einem Aufwand von knapp 18 Millionen Franken. Diverse Posten wie Personalaufwand oder Sach- / Betriebsaufwand schlossen besser als budgetiert ab, zudem wurden 273 000 Franken mehr Steuererträge verbucht. Die Nettoinvestitionen betrugen 3,6 Millionen Franken, budgetiert waren 6,6 Millionen Franken.
• Die Überbauungsordnung Nr. 62 Kreuzgasse-Dürrenegge umfasst die rechtliche Sicherung für den Ausbau der Bodenstrasse mit einem durchgehenden Trottoir. Wird die UeO angenommen, kann das Ausführungsprojekt fertig ausgearbeitet werden. Die Strasse soll auf sechs Meter Breite inklusive zwei Meter Trottoir erweitert werden, zudem müssen Werkleitungen und Entwässerung erneuert oder erstellt werden. Das Vorprojekt dieser Basiserschliessung geht von 4,2 Millionen Franken aus, die Detailerschliessung geht zulasten der Privateigentümer. Während der öffentlichen Auflage gingen keine Einsprachen ein.
• Das 2019 genehmigte Reglement zur familienergänzenden Kinderbetreuung soll angepasst werden. Damals wurde die Abgabe von Betreuungsgutscheinen auf maximal 3700 Franken plafoniert, da das Angebot vor Ort nicht umfangreich war. Der Gemeinderat hat diese Grenze auf 30 000 Franken erhöht, da eine Kindertagesstätte mit zwölf Plätzen vorgesehen ist. Die Suche nach einer passenden Liegenschaft durch den Verein Kita Adelboden ist im Gang. Über allfällig eingegangene Einsprachen während der bis am 29. April laufenden Auflage wird direkt an der Gemeindeversammlung informiert.
• Die Schäden an der Kanalisation im Heliosgässli zwingen zum Ersatz der Entwässerungsleitungen. Dafür wird ein Kredit von 330 000 Franken beantragt.
HSF