NUR FÜR ALTE MÄNNER?
Es gibt ihn schon lange mit Schweizer Kreuzen, den umstrittenen F-35-Jet des amerianischen Herstellers Lockheed Martin. Natürlich nicht als Arbeitsgerät für die Piloten – er steht in einer Glasvitrine. Gleich daneben ist der schon vor der ...
NUR FÜR ALTE MÄNNER?
Es gibt ihn schon lange mit Schweizer Kreuzen, den umstrittenen F-35-Jet des amerianischen Herstellers Lockheed Martin. Natürlich nicht als Arbeitsgerät für die Piloten – er steht in einer Glasvitrine. Gleich daneben ist der schon vor der Evaluation ausgeschiedene «Gripen» parkiert, und im Nebenzimmer wartet noch ein französischer «Rafale»-Jet. Diese Luftwaffe besteht natürlich nur im Massstab 1:72 und aus Plastik. Aber hey, es steckt einiges an Arbeit drin, die Finanzen werden nicht überstrapaziert und der Fluglärm ist kein Problem!
Der Bau solcher Plastikbausätze sei ein «Hobby der alten Männer», las ich kürzlich in einem Magazin. Ich zuckte kurz zusammen – aber stört mich das? Nach einem anstrengenden Tag kraulen einige zum Runterfahren auf geistige Betttemperatur ihre – bei mir nicht vorhandene – miauende Fellnase oder erleichtern die Flaschen in der Bar um ihren Inhalt. Ich ziehe dem eine halbe Stunde am Basteltisch vor. Wobei ... wenn ich ehrlich bin, klappt es dann doch nicht immer mit dem ruhiger werden. Eines der feinen Teile bricht, fällt auf den Boden und ist nicht mehr auffindbar. Oder genau dann juckt die Nase, wenn ich mit dem feinsten Pinsel versuche, eine Markierung auf einem Jet anzubringen – und schon ist Nacharbeiten angesagt.
Während meiner Schulzeit waren es oft recht grob gefertige Bausätze, heute sind es wahre Hightech-Produkte. Die Qualität des Materials, der Details, die Passgenauigkeit und die Kleber werden immer besser, und die Profis bauen auch noch geätzte Teile ein. Wie man sich darüber freuen kann, können nur langjährige Modellbauer richtig einschätzen!
Und von wegen Hobby der alten Männer: Sogar den Sprung in die digitale Welt hat der Plastikmodellbau geschafft. Am Bildschirm lassen sich Einzelteile oder komplette Modelle konstruieren, die dann auf einem 3D-Drucker Realität werden können. Auch für den Bau ganzer Dioramen ist diese Methode geeignet, und die Entwicklung hat erst gerade angefangen. Gefragt sind da auch junge innovative Köpfe. Soll also mal einer sagen, dieses Hobby sei überholt. Und überhaupt: Meine Schweizer F-35 existiert immerhin schon!
HANS RUDOLF SCHNEIDER
H.SCHNEIDER@FRUTIGLAENDER.CH