Bereit für die nächsten hundert Jahre
13.05.2022 Mülenen, EmdthalKürzlich wurde unweit der Niesen-Talstation die Brücke über die Kander wiedereröffnet. Ein mehrköpfiges Team aus Bauingenieuren hatte das innovative Sanierungsprojekt im Auftrag der Gemeinde Aeschi und in Zusammenarbeit mit regionalen Kräften sowie Forschern der ETH Lausanne ...
Kürzlich wurde unweit der Niesen-Talstation die Brücke über die Kander wiedereröffnet. Ein mehrköpfiges Team aus Bauingenieuren hatte das innovative Sanierungsprojekt im Auftrag der Gemeinde Aeschi und in Zusammenarbeit mit regionalen Kräften sowie Forschern der ETH Lausanne ermöglicht.
Wanderer, Spaziergänger und Velofahrer überqueren an einem milden Donnerstagnachmittag Ende April die Brücke – so selbstverständlich, als wäre es noch nie anders gewesen. Tatsächlich steht die Stahlkonstruktion schon über ein Jahrhundert in Mülenen direkt neben der Talstation der Niesenbahn. Doch erst seit ein paar Tagen ist das Bauwerk vollständig erneuert und wieder offiziell für sämtlichen Verkehr freigegeben.
Das Sanierungsprojekt wurde durch einen Baukredit der Gemeinde in Höhe von 850 000 Franken ermöglicht. Im Rahmen ihres Gesellschaftsengagements hat auch die Mobiliar Genossenschaft die Instandsetzung mit 50 000 Franken unterstützt. Genau für solche Projekte hat die Hauptpartnerin des Verbands Schweizer Wanderwege den «Mobiliar Fonds Brücken & Stege» eingerichtet. 2021 wurden aus den eingereichten Gesuchen zehn ausgewählt – die Sanierung der Kanderbrücke in Mülenen gehörte dazu.
Vor rund zwei Jahren musste der Übergang aus Sicherheitsgründen fast gesperrt werden. Chloridhaltige Flüssigkeiten hatten den Oberflächenschutz des Stahls beschädigt und sich immer stärker in die Profile gefressen. Im Fachjargon nennt man das «Lochfrass», der in etwa vergleichbar mit Karies bei den Zähnen ist. Eine Sanierung war unumgänglich.
Brückenschlag zwischen Historie und Modernität
Die genietete Stahl-Fachwerk-Brücke ist im Bauinventar der kantonalen Denkmalpflege aufgeführt und wurde nach einem Konzept der Berner Firma Emch+Berger AG erneuert. Nach einer pandemiebedingten Verzögerung starteten die Sanierungsarbeiten im November des letzten Jahres. Das Instandsetzungsszenario wurde zusammen mit der ETH Lausanne und der kantonalen Denkmalpflege erarbeitet. Die Planung verfolgte das Ziel, diesen historischen, genieteten Brückentyp (der Struktur der Niesenbahn nebenan sehr ähnlich) zu erhalten. Durch eine innovative Bauweise sollten das Kulturdenkmal und der zentrale Wegzugang in das Wandergebiet erhalten werden.
Konkret wurde der Korrosionsschutz erneuert und die schwere Fahrbahnplatte durch leichtere Fertigelemente aus Ultra-Hochleistungs-Faserbaustoff (UHFB) ersetzt. Dieser neuartige Werkstoff besteht aus Zement, Wasser, Sand, Bindemitteln und Stahlfasern. UHFB ist zwar etwas teurer als Beton, dafür wird viel Material eingespart.
Ein grossartiges Gemeinschaftswerk
Der seit 2012 für das Tiefbauwesen zuständige Gemeinderat Thomas Knupp studierter Theologe, hielt am Tag der Eröffnung eine feierliche Ansprache und lobte die gute Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen Betrieben, Handwerkern, Ingenieuren und Spezialisten. Auch der Gesamtprojektleiter Jean-Pascal Ammann, Bauingenieur und Brückenspezialist des Berner Büros Emch+Berger AG, sagte: «Ich habe selten ein Projekt begleitet, bei dem die Zusammenarbeit mit allen Beteiligten so zielgerichtet und harmonisch verlaufen ist.» Ammann selbst erhielt von den ansässigen Handwerkern ebenso gute Noten: Sie berichteten unisono, dass die Arbeit mit so engagierten und kompetenten Bauingenieuren äusserst rar sei.
MARTINA BORTOLANI, DIE MOBILIAR