SCHRITT FÜR SCHRITT – Freu(n)de herrscht!
20.05.2022 KolumneFreu(n)de herrscht!
Freude herrscht! Nach drei Jahren Wettkampfpause stehe ich zum ersten Mal wieder an der Startlinie zu einem Trail-Rennen, dem Leifers Trail. Mit diesem Lauf fühle ich mich besonders verbunden, da er in meiner alten Heimat Südtirol stattfindet. Aber ...
Freu(n)de herrscht!
Freude herrscht! Nach drei Jahren Wettkampfpause stehe ich zum ersten Mal wieder an der Startlinie zu einem Trail-Rennen, dem Leifers Trail. Mit diesem Lauf fühle ich mich besonders verbunden, da er in meiner alten Heimat Südtirol stattfindet. Aber nicht nur die Strecke mit ihren 52 Kilometern und 2700 Höhenmetern gefällt mir, sondern besonders auch die Menschen, die mich dabei begleiten. Da das Rennen durch das schöne Dorf Deutschnofen führt, wo meine Eltern wohnen, werde ich unterwegs auch meine Eltern und Geschwister antreffen. So ist die Freude gross, als pünktlich um 7.30 Uhr der Startschuss fällt und eine Gruppe von zirka 250 Lauffreudigen unter tosendem Applaus die Stadt in Richtung Berg verlässt.
«Freude herrscht!» Mit diesen Worten erreichte Alt-Bundesrat Adolf Ogi im Jahr 1992 Kultstatus – und hat damit voll ins Schwarze getroffen. Wo Freude herrscht, da ist man gern, da fühlt man sich wohl und da gibt es keinen Kummer und kein Leid. Freude verbindet. Nicht selten lösen schöne Begegnungen in der Natur oder mit Freunden diese Freude aus. Freude herrscht, wenn ich an einem schönen Frühlingsmorgen oberhalb des Oeschinensees eine Herde Steinböcke beobachten kann. In solchen Momenten erscheinen mir diese freien Wildtiere wie meine Freunde. Ich fühle mich mit ihnen verbunden und glücklich, ein wunderbares Gefühl. «Freude herrscht!» Adolf Ogi sah damals hinter Claude Nicollier das Matterhorn, auf dem er zwei Wochen vorher selbst gestanden hatte. Kein Wunder also, dass ihm diese Worte über die Lippen kamen. Sie waren so mächtig, dass daraus die Stiftung «Freude herrscht» entstand. Gemeinsam mit Freunden hat Ogi die Stiftung gegründet mit dem Ziel, die Tugenden Lebensfreude, Hilfsbereitschaft, Durchhaltewille und Kameradschaft an Kinder und Jugendliche weiterzugeben. Wo Freude herrscht, dort sind Freunde also meist auch nicht weit.
Gross ist die Freude auch, als ich nach 18 Kilometern schon von Weitem meine Mutter winken sehe, die mich mit Tränen in den Augen anfeuert und mir völlig aus dem Häuschen mitteilt, dass ich die erst Frau bin, die hier vorbeiläuft. Dann noch eine kurze Umarmung meiner Freundin S., die ebenfalls am Verpflegungsposten auf mich gewartet hat und mich freudig beklatscht.
Voller Endorphine geht es so mit Leichtigkeit den nächsten Berg hinauf. Freude beflügelt. Freunde beflügeln auch.
Sport, Freude und Freunde gehören zusammen wie Kuchen mit Erdbeeren und Sahne. Natürlich könnte man die Sahne auch weglassen, aber mit schmeckt es einfach besser. Ohne Freunde kann man sich natürlich auch freuen – aber sie steigern die Freude um ein Vielfaches.
Nach 51 Kilometern ist das Ziel nicht mehr weit und ich freue mich auf den Zieleinlauf. Meine Geschwister, ihre Kinder und viele Freunde und Zuschauer werden mich dort erwarten. Diese aufkommende Freude bewegt mich zu einem rasanten Endspurt. Die Musik wird laut, der Lautsprecher verkündet meinen Namen als Tagessiegerin. Ich klatsche mich mit ein paar Kindern ab und laufe unter tosendem Applaus über die Ziel linie. Freudentränen stehen in meinen Augen. Die Tochter meiner Freundin drückt mir einen selbstgepflückten Blumenstrauss in die Hand. Alle strahlen über beide Ohren und freuen sich mit mir. Was gibt es Schöneres? Freu(n)de herrscht!
HELENE OGI
INFO@FIT-MIT-MOVIDA.CH