Zeitzeugen gesucht – und gefunden
17.05.2022 FrutigenBAD HEUSTRICH Wegen Corona musste der vor einigen Monaten geplante Zeitzeugenanlass auf den 7. Mai verschoben werden. Nun konnte er eine Woche vor der Premiere der szenischen Führung zu Louise Hofstetter-Regez durchgeführt werden.
KATHARINA WITTWER
Gut 20 Personen, ...
BAD HEUSTRICH Wegen Corona musste der vor einigen Monaten geplante Zeitzeugenanlass auf den 7. Mai verschoben werden. Nun konnte er eine Woche vor der Premiere der szenischen Führung zu Louise Hofstetter-Regez durchgeführt werden.
KATHARINA WITTWER
Gut 20 Personen, die meisten im Rentenalter, folgten dem Aufruf «Zeitzeugen gesucht!» des Bads Heustrich. Peter Lüps, ein direkter Nachkomme der Hofstettler-Dynastie, hatte den «Findungsanlass» zusammen mit dem Institutionsleiter Arnold Sieber und einigen Angestellten initiiert.
Der Rahmen war so offen wie möglich gehalten. «Wir wissen nicht, was heute zusammenkommt und was wir mit den gesammelten Erzählungen, Schriften, Fotos und Gegenständen von und über dieses geschichtsträchtige Haus tun werden», so Sieber bei der Begrüssung.
Persönliches, Peinliches und Intimes
Die Anwesenden wussten Bekanntes und weniger Bekanntes, Peinliches und teilweise sogar Intimes zu erzählen. Eine Reichenbacherin, die in den 1950er-Jahren im Bad Heustrich Köchin lernte (damals war das Haus im Besitz der Krankenkasse ÖKK), berichtete von einer damals neuen Erfahrung. Der Küchenchef habe einmal Fenchel gebracht, ein Gemüse, das von der Küchenbrigade niemand kannte. Die Begeisterung beim Zubereiten und vor allem beim späteren Essen habe sich bei allen sehr in Grenzen gehalten, so die Erinnerung. Anwesend war auch ein Frutiger, der als Bub bei seinen Grosseltern auf dem nahe gelegenen Bauernhof in den Ferien weilte und von dort die Rehapatienten ehrfürchtig aus der Ferne beobachtete.
Der Brandstiftung verdächtigt
Ein Rentner aus Mülenen, dessen Vater in den 1920er-Jahren in den USA weilte, wusste aus Erzählungen seiner Eltern, dass diese am Sonntag vor dem verheerenden Brand im Jahr 1932 zum Bad Heustrich spazieren gegangen waren. Wegen der ungewohnten amerikanischen Kleidung seines Vaters wurde dieser als suspekt angeschaut und folglich später der Brandstiftung verdächtigt. Bis zur Abklärung seiner Identität musste er eine Nacht in der «Chefi» Frutigen verbringen.
Auch Hobbyhistoriker, die im Staatsarchiv nach anderen Themen aus dem Tal forschen, stossen immer wieder auf dieses geschichtsträchtige Haus.
Irgendwann kam das Thema Strassenverbindungen und Brückenbau über die Kander zur Sprache. Im Anschluss daran spann ein Architekt den Faden weiter. Zwei Hofstetter-Schwestern aus Spiez erwähnten ihre kinderlose Grosstante Alice Keller-Hofstetter mit ihrer äusserst lebhaften Fantasie. Josy Doyon, die Autorin des Buches «Ein Königreich am Fuss des Niesen» habe sich wahrscheinlich von Alices teilweise idealisierten und übertriebenen Erzählungen einlullen lassen, hiess es. Nicht alles, was im hinteren Teil dieses Buches stehe, dürfe man für bare Münze nehmen.
Einige Anwesende boten fürs Lesen der handschriftlichen Aufzeichnungen sowie für die Prüfung von Lager- und elektronischer Speichermöglichkeiten der Originaldokumente ihre Hilfe an.

