Aus dem «Noteinsatz» wurden 19 Jahre
28.06.2022 Kandergrund, Blausee, MitholzAls Präsident der Schulkommission war Christian Wandfluh schon vor etlichen Jahren mit dem Lehrkräftemangel konfrontiert. Schliesslich fand er eine nicht alltägliche Lösung: Als Landwirt und Schreiner sprang er notfallmässig ein – und blieb.
MONIKA INGOLD
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Als Präsident der Schulkommission war Christian Wandfluh schon vor etlichen Jahren mit dem Lehrkräftemangel konfrontiert. Schliesslich fand er eine nicht alltägliche Lösung: Als Landwirt und Schreiner sprang er notfallmässig ein – und blieb.
MONIKA INGOLD
Jetzt wird er pensioniert – als Werklehrer. Christian Wandfluh erinnert sich: «Auf eine Ausschreibung im damaligen Amtlichen Schulblatt meldete sich niemand. Ich war seinerzeit Schulkommissionspräsident und deswegen verantwortlich – schliesslich war die Schulkommission zuständig für die Besetzung der Stellen an den Schulen.» Am Ende schlug er den Kommissionsmitgliedern vor, dass er sich an der Stelle selbst ein halbes Jahr lang versuchen wolle. Das war der Start in einen neuen Beruf.
Sprung ins kalte Wasser
Als Lückenbüsser wagte er den Sprung ins kalte Wasser. Aber Christian Wandfluh gefiel die Arbeit im Werkraum und er konnte es gut mit den Kindern. Sein gelernter Beruf half ihm im technischen Bereich: Als Schreiner waren Holzarbeiten sein täglich Brot. «Mit den grösseren Kindern ist es einfacher. Die Arbeit mit den Unterstufenkindern ist kniffliger», sagt Wandfluh über den Unterricht.
Seine Anstellung als Schreiner hat er schon 2003 an den Nagel gehängt. Seinen Bauernhof mit Simmentaler Kühen betrieb er weiterhin mit Herzblut. Im Gespräch spürt man die Liebe Wandfluhs zu den Tieren und zur Arbeit auf dem Hof. Sowohl mit den Tieren als auch in der Schule braucht es Geduld und Einfühlungsvermögen. Irgendwann hörte man in Adelboden von diesem Werklehrer, und so übernahm Wandfluh vor neun Jahren das sogenannte freiwillige Werken im Boden. «Das ist nochmal etwas ganz anderes. Die Mädchen und Knaben kommen freiwillig. Alle haben ihre eigenen Ideen und Wünsche, und gemeinsam suchen wir nach Lösungen.» Die Kombination Lehrer und Bauer erinnert an früher. In alten Büchern liest man von Lehrern, die neben der Schule aus Verdienstgründen auf den Bauernbetrieb angewiesen waren. Christian Wandfluh ist beides mit Leib und Seele. Eltern und Jugendliche sehen in ihm nicht nur den Lehrer. Ein Schüler sagte einmal zu ihm: «Dier sit scho streng, aber nid Lehrer-streng.»
Der Sohn übernimmt
Vor fünf Jahren hat Christian Wandfluh den Hof seinem Sohn Thomas und dessen Frau Ursi übergeben. Jetzt tritt dieser auch in der Schule seine Nachfolge an.
Mit 65 Jahren darf Christian Wandfluh wieder vermehrt beim Bauern helfen und zBärg gehen auf die Alp Schlafegg. Daneben hat er Pläne für längere Europareisen mit seiner Frau – mit dem E-Bike. Er wird weiter singen und jodeln mit dem Jodlerklub Alpenrösli Kandergrund, und er hofft, Zeit zu finden fürs Lesen historischer Romane. Nicht zuletzt ist er Grossvater. So freut er sich darauf, mehr Zeit mit Malea und Lou zu verbringen.
«Die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen war schön», meint Christian Wandfluh abschliessend. «Die Schule hat sich in diesen fast 20 Jahren sehr verändert. In den Kollegien wird mehr zusammengearbeitet und die Schulleitungen sind in allen Schulen installiert worden. Sie haben viele Aufgaben der einstigen Schulkommissionen übernommen.»