Breite Unterstützung für die «Ehe für alle»
03.06.2022 GesellschaftDas Parlament der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn hat sich trotz vereinzelter Bedenken in erster Lesung dafür ausgesprochen, dass auch gleichgeschlechtliche Paare kirchlich getraut werden können. Im Synodalrat, der Kirchenexekutive, stellen Frauen erstmals die ...
Das Parlament der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn hat sich trotz vereinzelter Bedenken in erster Lesung dafür ausgesprochen, dass auch gleichgeschlechtliche Paare kirchlich getraut werden können. Im Synodalrat, der Kirchenexekutive, stellen Frauen erstmals die Mehrheit.
Das Parlament der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn führte am Dienstag und Mittwoch vor Auffahrt seine Sommersynode im Kongresszentrum der Bernexpo durch. Dabei behandelten die Synodalen eine Reihe von Vorlagen – darunter auch das Thema «Ehe für alle».
Die neue gesetzliche Regelung, die per 1. Juli 2022 in Kraft tritt, war am 26. September 2021 von den Schweizer Stimmberechtigten gutgeheissen worden. Die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz (EKS) hatte sich bereits im November 2019 für die Öffnung der zivilrechtlichen Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ausgesprochen und dies im letzten Jahr erneut bekräftigt. Zudem empfahl die EKS ihren Mitgliederkirchen, allen zivilrechtlich verheirateten Paaren die kirchliche Trauung zugänglich zu machen.
Die Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn befassten sich im Oktober 2021 an einer sogenannten Gesprächssynode eingehend mit dem Thema, um so – wie es der reformierten Tradition entspricht – eine breite innerkirchliche Meinungsbildung zu ermöglichen.
Unterstützung bei Gewissenskonflikten
An der aktuellen Sommersynode war zur «Ehe für alle» eine Änderung der Kirchenordnung traktandiert. Die Öffnung der kirchlichen Trauung für gleichgeschlechtliche Paare wurde klar mit 109 zu 20 Stimmen bei 14 Enthaltungen genehmigt, wobei Änderungen der Kirchenordnung noch in einer zweiten Lesung behandelt werden.
Vereinzelte Synodale bekannten, dass sie mit der neuen Regelung Mühe hätten. Sie äusserten die Befürchtung, dass PfarrerInnen, die aus innerer Überzeugung keine Trauung gleichgeschlechtlicher Paare durchführen wollen, in rechtliche Schwierigkeiten geraten könnten.
Der Synodalrat hielt dem entgegen, dass keine Pfarrperson gegen ihre Überzeugung zu einer solchen Trauung gezwungen werden könne. Bei allfälligen rechtlichen Schwierigkeiten werde der Synodalrat vollumfänglich hinter diesen PfarrerInnen stehen. Insgesamt sei die Kirche jedoch aufgerufen, alle Menschen bedingungslos anzunehmen, was auch der Kern der biblischen Botschaft sei.
Wechsel in der Kirchenleitung
Nach vier Jahren wurde Synodalrat Roland Stach mit Standing Ovations verabschiedet und geehrt. Der aus dem solothurnischen Bettlach stammende Stach hatte sich 2017 bereit erklärt, das Amt zu übernehmen, in das er seinen Sachverstand in Finanzfragen einbrachte. In seine Amtszeit fiel der administrativ anspruchsvolle Wechsel im Anstellungsverhältnis der Pfarrschaft: Pfarrerinnen und Pfarrer sind nicht mehr beim Kanton angestellt, sondern direkt bei der Kirche. Stach hatte auch die Pandemiezeit zu bewältigen, die Homeoffice, virtuelle Sitzungen und eine beschleunigte Digitalisierung erforderte.
Zur Nachfolgerin wählte die Synode am Dienstag die 64-jährige Annette Geissbühler-Sollberger in die Kirchenexekutive. Die in Oberhofen wohnhafte studierte ETH-Agronomin, gelernte Bäuerin, vormalige Direktorin der Berner Schule NMS und Mutter von vier erwachsenen Söhnen sass während zwölf Jahren im Kirchenparlament.
Innovationen fördern
Die Sommersynode geht in der Frage der Pfarrstellenzuteilung neue Wege, auch wenn grundsätzlich an den örtlichen Kirchgemeinden und den damit verbundenen Pfarrstellen festgehalten wird. So will man innovative Formen kirchlicher Präsenz fördern, indem drei Prozent des Stellenkontingents dafür reserviert werden. Kleine Gemeinden sollen ermuntert werden, mit anderen Gemeinden zu kooperieren, damit gemeinsam Pfarrstellen mit einem attraktiven Anstellungsgrad angeboten werden können.
PRESSEDIENST REFORMIERTE KIRCHEN BERN-JURA-SOLOTHURN
Der Synodalrat und seine Aufgaben
Der Synodalrat ist die Exekutive der reformierten Landeskirche und kann auf politischer Ebene mit dem Regierungsrat verglichen werden. Die sieben Synodalrätinnen und Synodalräte führen je ein Departement und sind als Kollegialbehörde oberstes Vollzugs-, Aufsichts- und Verwaltungsorgan der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn.
Die Mitglieder des Synodalrats werden vom Kirchenparlament für eine Amtsdauer von vier Jahren gewählt. Die Präsidentin – derzeit Judith Pörksen Roder – ist vollamtlich tätig und hat den Vorsitz inne. Die weiteren Mitglieder des Synodalrats nehmen ihre Aufgabe nebenamtlich wahr. Das Gremium trifft sich mindestens alle zwei Wochen für eine Tagessitzung.
POL