Auf den Spuren der Gemmi-Leitung
12.07.2022 NaturWanderer sind auf dem Jakobsweg oder sonstigen Fernwanderrouten unterwegs, umrunden Seen oder erklimmen Berggipfel. Eine etwas ungewöhnlichere Strecke hat unsere Redaktionsmitarbeiterin Katharina Wittwer unter die Füsse genommen: Zwischen dem 21. April und dem 16. Juni 2022 folgte sie der ...
Wanderer sind auf dem Jakobsweg oder sonstigen Fernwanderrouten unterwegs, umrunden Seen oder erklimmen Berggipfel. Eine etwas ungewöhnlichere Strecke hat unsere Redaktionsmitarbeiterin Katharina Wittwer unter die Füsse genommen: Zwischen dem 21. April und dem 16. Juni 2022 folgte sie der längsten Hochspannungsleitung im Schweizer Stromübertragungsnetz – der 1963 bis 1965 gebauten und 1967 in Betrieb genommenen, 57,1 Kilometer langen Gemmi-Leitung von Chippis VS bis Bickigen bei Burgdorf. In einer siebenteiligen Serie lässt sie die LeserInnen des «Frutigländers» an ihren Erlebnissen und Beobachtungen teilhaben.
ETAPPE 1 Den Pfynwald kannte ich bisher bloss vom Hörensagen, sah ihn bloss durch die Scheibe des Zuges oder des Autos. Beim Durchwandern schärfe ich all meine Sinne und erlebe allerlei Unerwartetes.
KATHARINA WITTWER
An einem heissen Apriltag nehme ich den gut einstündigen Fussmarsch von Siders bis zum Ausgangspunkt, dem Unterwerk Chippis nahe der Autobahnausfahrt Sierre Ost, in Angriff (siehe Kasten). Hier vereinen sich die Leitungen von und nach Chamonson, Mörel, Stalden und Bickigen.
Ausser Hoch- und Höchstspannungsleitungen ist hier für den Laien wenig Interessantes zu sehen. Das Gelände ist eingezäunt – der Zutritt nur Berechtigten erlaubt. Vor dem Tor treffe ich einen Angestellten von Swissgrid. Meine Fragen zur Anlage kann er mir zwar nicht beantworten, aber immerhin spricht er Deutsch, was hier nicht unbedingt zu erwarten ist. Ich befinde mich nämlich an der Sprachgrenze. Wie «Hochspannungsleitungsmasten» und «Unterwerk» auf Französisch heissen, weiss ich nicht.
Direkt gegenüber der A9 thront Mast Nr. 1. Ab hier interessieren mich weder Streckenkilometer noch Zeitangaben und schon gar nicht zu überwindende Höhenmeter. «Masten» werden meine neue Zähleinheit. Bis zum Ziel werden es deren 297 sein.
Unterwegs im Biodiversitäts-Hotspot
Im gleichen Jahr, in dem der Bau der Gemmi-Leitung in Angriff genommen wurde, fand der Pfynwald Aufnahme ins Inventar der zu erhaltenden Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (KLN-Inventar). Seit 1997 steht er als Kernstück und Biodiversitäts-Hotspot des regionalen Naturparks Pfyn-Finges unter Schutz. Zahlreiche Wege führen über teils gewaltige Gesteinsmassen eines nacheiszeitlichen Bergsturzes und über Geschiebe des Illgrabens. In Senken des frei fliessenden Rotten (so nennen die Einheimischen die Rhone) tritt Grundwasser hervor und bildet eine Reihe von Weihern, in denen Frösche munter quaken. Der üppigen Vegetation rund um die Weiher steht der humusarme, trockene Boden auf den umliegenden Hügeln gegenüber. Hier gedeihen fast nur Föhren. Eben haben langjährige Forschungen des Bundesamtes für Wald und Landschaft BWL ergeben, dass der Baumbestand aufgrund der Klimaerwärmung und zunehmender Trockenheit seit Jahren unter Hitzestress leidet und deswegen teilweise in einem bedenklichen Gesundheitszustand ist.
Im Pfynwald wird auch Landwirtschaft betrieben. Auf einer schattigen Weide entdecke ich Ziegen, in der Nähe des Gehöftes weiden einige Pferde. Das «Chalet de Mathé» auf dem Gelände kann von Gruppen bis zu 18 Personen gemietet werden.
Bei Mast Nr. 7 «verabschiede» ich mich von der Hochspannungsleitung, denn sie quert unwegsames Gelände und den mäandernden Fluss, der dem Tal den Namen gab. Für Zweibeiner und Räder gibt es hier kein Durchkommen.
Unterwerke sind wichtige Elemente innerhalb des Übertragungsnetzes. Dort sind die Schaltanlagen untergebracht, welche Knotenpunkte zwischen den verschiedenen Leitungen darstellen. In den Schaltanlagen werden Leitungen getrennt und verbunden, um die Energieflüsse zu lenken.
Auch wird der Strom auf eine niedrigere Spannungsebene transformiert und von dort über die Verteilnetze feinverteilt. Das Stromnetz kann mit dem Strassennetz verglichen werden: Über die «Autobahn», «Kantonsstrasse» und «Gemeindestrasse» bis hin zu den Endverbrauchern.
Im gesamten Swissgrid-Netz gibt es 125 Unterwerke mit 147 Schaltanlagen und 21 Transformatoren.
QUELLE: SWISSGRID
Mehr Infos zu Unterwerken: www.frutiglaender.ch/web-links.html