Spannend und zum Staunen

Meine dritte Session im Grossen Rat war eine turbulente politische Reise. Drängende Themen, lange Diskussionen und überraschende Wendungen versetzten selbst erfahrene Politiker ins Staunen.

Mit knapper Mehrheit wurde das Ausländerstimmrecht auf Gemeindeebene durchgewinkt. Wenn das Berner Volk nun die Verfassungsänderung annimmt, können die einzelnen Gemeinden selber entscheiden, ob niedergelassene AusländerInnen an kommunalen Abstimmungen teilnehmen dürfen. Die Debatte war emotional dermassen aufgeladen, dass die Grossratspräsidentin am Ende die Parlamentarier sogar zu mehr Disziplin bei der Wortwahl ermahnen musste.
Die Solar-Initiative begann als ambitioniertes Projekt, verlor mit der Zeit jedoch deutlich an Strahlkraft. Ursprünglich sollten Solaranlagen auf allen geeigneten Dächern zur Pflicht werden, doch nach intensiven Diskussionen blieb nur noch ein abgeschwächter Kompromiss für Neubauten übrig. Jetzt steht das Volk vor der Wahl, ob der verwässerte Gegenvorschlag oder die ursprüngliche Initiative durchgesetzt werden soll.
Auch die Debatte um den Container-Kredit verlief dramatisch. Zusätzliche Container hätten im Gefängnis Burgdorf für mehr Haftplätze sorgen sollen. Doch durch den Stichentscheid der Ratspräsidentin sagte das Parlament Nein zur Übergangslösung, die es als zu teuer ansah. Für Regierungsrat Philippe Müller heisst es nun: zurück auf Feld eins und nach Alternativen suchen.
Ein weiteres Thema, das für lange Diskussionen sorgte, war der FILAG-Bericht, in dem die Zentrumsfunktionen von Langenthal und Burgdorf im Mittelpunkt standen. Am Ende hagelte es Planungserklärungen, als hätten wir alle unser inneres Organisationstalent gerade neu entdeckt. Das Ergebnis: Beide Städte werden künftig, nebst Bern, Biel und Thun, auch eine pauschale Abgeltung der Zentrumslast erhalten. Wie diese finanziert respektive wo dafür gespart werden soll, bleibt – typisch für die Politik – allerdings offen. Ein kniffliges Puzzle, das Regierungsrätin Astrid Bärtschi und ihr Team noch lösen müssen.
Schliesslich wurde auch über die transparente Politfinanzierung diskutiert. Das Ziel wäre eigentlich klar: mehr Offenheit bei der Finanzierung von Wahlen und Abstimmungen. Dass daran nicht alle Parteien gleichermassen interessiert sind, war offensichtlich und dementsprechend bleibt abzuwarten, ob die neuen Regeln die erhoffte Transparenz auch tatsächlich bringen werden.

Insgesamt war diese Session sehr spannend und reich an Diskussionen. Die Kantonsverwaltung wurde mit schwierigen Aufgaben betraut und das Berner Volk wird in wichtigen Fragen den finalen Entscheid treffen müssen respektive dürfen. Nach zwei Wochen intensiver Parlamentsarbeit freue ich mich nun darauf, wieder meinem Beruf nachzugehen und von der Legislative in die Exekutive zu wechseln – mit mehr Bewegung, weniger Partei- und dafür mehr Sachpolitik mit konkreten Umsetzungsmöglichkeiten.

BEATRIX HURNI, GROSSRÄTIN SP

SESSIONSRÜCKBLICK

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