ÄRGER UM DEN DÖNER

Keine Frage: Bündnerfleisch ist Schweizer Kulturgut. Erstens kann niemand mehr das Wort lesen, ohne sich einen giggelnden Hans-Rudolf Merz dazu zu denken. Zweitens ist die «Swissness» dieses Produkts sogar rechtlich verbrieft. Nur Stotzenstücke, die Bünderluft geschnuppert haben, dürfen so heissen. Etliche Schweizer Waren sind innerhalb der EU entweder nach Herkunft (Jambon cru du Valais) oder Herstellungsart (Emmentaler) geschützt. Im Gegenzug darf kein Bündner «Nürnberger Lebkuchen» backen oder eine «Pizza Napoletana» mit Ananas belegen. Klingt fair, oder?
Was aber, wenn weder Herkunft noch Herstellungsart eindeutig sind – wie im Falle des guten alten Döner Kebabs? «Döner» kommt aus dem Türkischen und bedeutet übersetzt so viel wie «drehend», «Kebab» ist eine arabische Bezeichnung für gegrilltes Fleisch. Das mit allerlei lustigen Zutaten gefüllte Fladenbrot ist aber eine deutsche Erfindung. In den 70ern kam ein türkischer Gastarbeiter auf die Idee, Fleisch, Salat und Sauce in ein Brot zu werfen und «to go» zu verkaufen. Mittlerweile ist das Gericht der Protoyp deutscher Kulinarik, und auch andernorts wird seine wahre Herkunft nicht bestritten. In London oder Paris wimmelt es nur so von «German Kebab»-Buden.
Nun will eine türkische Interessengemeinschaft zumindest das Fleisch für sich beanspruchen und den Begriff «Döner» schützen. Der Rundspiess soll künftig nur noch mit Fleisch von mindestens 16 Monate alten Rindern oder mindestens 6 Monate alten Schafen bestückt sein. Auch Scheibendicke und Material des Dönermessers will die Istanbuler «Dönerföderation» haarklein festlegen. In diesen Wochen befasst sich die EU mit dem Antrag. Sollte er angenommen werden, könnte der beliebte Imbiss künftig viel mehr kosten. Dann wäre Schluss mit 3-Euro-Kebab in Berlin. Kein Wunder, dass insbesondere die deutsche Döner-Lobby Sturm läuft. An vorderster Front kämpft Agrarminister Cem Özdemir gegen den Vorstoss aus Istanbul.
Aber wozu der ganze Terz? Eine einfache Namensänderung tät’s doch auch. Das WWW ist voll von Döner-Synonymen wie «Kalb-Knoblauch-Koffer» oder «Trapezbrot mit Rotationshammel». Oder nennen wir ihn doch ganz einfach «German Fleischfladen».

BIANCA HÜSING

B.HUESING@FRUTIGLAENDER.CH

SCHLUSSPUNKT - Ärger um den Döner

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