Zwischen Sparen und Geld ausgeben

In der Herbstsession – bereits meine vierte Session im Bundeshaus – standen viele brandaktuelle Themen zur Debatte. Aufgrund der vielen Reaktionen aus der Bevölkerung habe ich gemerkt, wie aktiv das Geschehen im Bundeshaus mitverfolgt wird.

An realistischen Szenarien orientieren
Das für mich wichtigste Thema war natürlich die Armeebotschaft. Unsere Armee braucht mehr Geld, um ihren Auftrag – die Verteidigung und den Schutz der Bevölkerung – effektiv ausführen zu können. Das ist klar. Aus meiner Sicht setzen der Bundesrat und die bürgerliche Ratsmehrheit aber die falschen Prioritäten. Die wahrscheinlichste Bedrohung für unser Land, da sind sich viele Experten einig, sind nicht feindliche Panzer am Rhein, sondern eine hybride Kriegsführung, etwa ausländische Desinformations- und Propagandakampagnen, Terrorattacken sowie Cyber- oder Drohnenangriffe. Ich setzte mich in der Debatte dafür ein, dass sich die Armee bei ihren Prioritäten an realistischen Szenarien orientiert. Trotz der Dringlichkeit, jetzt Massnahmen zu ergreifen, können wir nicht einfach schnell Milliarden für mechanisiertes Kriegsgerät ausgeben, das danach wieder in Bunkern verrosten wird – und dafür andere wichtige Akteure wie den Nachrichtendienst vernachlässigen.

Auch Einnahmequellen überprüfen
Besonders wichtig ist das mit Blick auf das andere grosse Thema: die Sparpläne des Bundesrates. Für die Armee gibt die bürgerliche Mehrheit gerne viel Geld aus, überall sonst soll aber der Gürtel enger geschnallt werden. So sollen etwa Beiträge an den öV, für den Klimaschutz, für Kitas oder für den Sozialbereich gestrichen werden. In manchen Fällen würde der Bund zwar sparen, dafür müssten aber die Kantone und Gemeinden mehr zahlen. Klar, wir dürfen zukünftigen Generationen keine zu hohe Verschuldung überlassen. Aber genauso wenig dürfen wir ihnen eine marode Infra struktur oder einen schlechten Service public überlassen.
Deshalb muss der Bund auch neue Einnahmequellen überprüfen. Ich verweise da auf meinen eigenen Vorstoss zu mehr Steuergerechtigkeit, dem automatischen Informationsaustausch (AIA) im Inland, die ich Ende Oktober in der Kommissionen für Wirtschaft und Abgaben vorstellen darf. Von der Steuerhinterziehung profitieren hierzulande vor allem die Reichen und Superreichen, und es ist Zeit, da für mehr Fairness zu sorgen.

Das Ende der «Heiratsstrafe»
Aber es gibt auch gute Nachrichten aus der Session. Mit Unterstützung von links und rechts hat das Parlament die Individualbesteuerung beschlossen und damit endlich das Ende der «Heiratsstrafe» eingeleitet. Das war längst überfällig. Dass Ehepaare eine gemeinsame Steuererklärung ausfüllen und aufgrund der Progression höhere Steuern zahlen müssen als Konkubinatspaare, entspricht nicht mehr der heutigen Lebensrealität.

Mehr Geld für die Schutzwaldpflege
In meinem letzten Sessionsrückblick habe ich auf die in der Sommersession angenommene Motion Fässler hingewiesen: «Wald. Rasche Anpassung an den Klimawandel ist dringend». Diese verlangt, 100 Millionen Franken zusätzlich für die Bewirtschaftung und Pflege unserer Waldgebiete. In der Herbstsession kam dieses Thema im Rahmen der Programmvereinbarungen im Umweltbereich für die Jahre 2025 – 2028 noch einmal auf den Tisch. Der Ständerat hat den Betrag zwar auf 70 Millionen reduziert, in dieser Form wurde die Finanzierung nun aber von beiden Kammern beschlossen. Die Folgen der katastrophalen Unwetter in diesen Sommer, zuletzt in Brienz, sind für alle sichtbar. Wir müssen jetzt handeln, um unseren Wald und damit unsere Berggebiete auf die veränderten Bedingungen vorzubereiten.

ANDREA ZRYD, NATIONALRÄTIN SP

SESSIONSRÜCKBLICK - Zwischen Sparen und Geld ausgeben

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