DERFÜR U DERWIDER – Christliche Werte
11.03.2025 KolumneChristliche Werte
Am 20. Dezember letzten Jahres rast ein Auto auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg in die Menschenmenge. Es werden fünf Tote und über zweihundert zum Teil schwer Verletzte beklagt. Magdeburg und ganz Deutschland stehen unter Schock. Der ...
Christliche Werte
Am 20. Dezember letzten Jahres rast ein Auto auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg in die Menschenmenge. Es werden fünf Tote und über zweihundert zum Teil schwer Verletzte beklagt. Magdeburg und ganz Deutschland stehen unter Schock. Der mutmassliche Täter stammt aus Saudi-Arabien und lebt seit 2006 in Deutschland. Die Gründe für diesen Anschlag sind äusserst komplex und wirr. Ein Motiv sticht aber deutlich heraus: Hass.
In Aschaffenburg tötet am 22. Januar dieses Jahres ein aus Afghanistan stammender Asylsuchender einen zwei Jahre alten Buben und einen Passanten, der dem Kind zu Hilfe eilen wollte. Weitere Kinder und Erwachsene werden verletzt. Schon wieder. Die Politiker aller Couleur und die Medien zeigen sich entsetzt und die Bevölkerung schwankt zwischen Trauer und Wut. Auch hier ist kein klares Tatprofil ersichtlich, ein Motiv aber schon: Hass.
Diese schrecklichen Ereignisse haben die Bundestagswahlen in Deutschland von Ende Februar massgeblich geprägt. «Wie viele Menschen müssen denn noch ermordet werden?», schrie der wohl zukünftige Kanzler in das Rund der Abgeordneten. Die CDU / CSU-Fraktion im Bundestag hat die Stimmung in der Bevölkerung gerade noch rechtzeitig vor den Wahlen aufgenommen und unter dem Applaus der Rechtsextremen eine deutlich verschärfte Asylpolitik vorgeschlagen. Dabei ging es nicht unbedingt um die Wirksamkeit oder die Durchführbarkeit der vorgeschlagenen Massnahmen. Vielmehr standen die Gunst der Wähler und die Wirkung auf die bevorstehenden Wahlen im Vordergrund. Man wollte die wutentbrannte Stimmung und die damit verbundenen Wählerstimmen nicht den rechtsextremen Kräften überlassen.
Im politischen Jargon bezeichnet man diese Strategie oft etwas abschätzig als «Klientelpolitik». Die Wählerstimmen sind in diesem Fall wichtiger als die eigene Werthaltung oder die politische Vision. Das C in der Parteibezeichnung der CDU / CSU-Fraktion würde eigentlich für christliche Nächstenliebe, Vergebung und Gerechtigkeit stehen. Deren sogenannter «5-Punkte-Plan für sichere Grenzen» entstellt aber diese biblischen Prinzipien bis zur Unkenntlichkeit. Asylsuchende werden von gestandenen, aber sichtlich nervösen Politikern unter Generalverdacht gestellt. Die Würde von Menschen, die Zuflucht suchen, wird plötzlich nicht mehr hochgehalten und ihre Fluchtgeschichten werden bedeutungslos.
Es steht mir nicht zu, die deutsche Politik zu kommentieren oder gar Kritik am Wählerwillen unserer Nachbarn zu üben. Ich möchte aber versuchen, Muster und Prinzipien in politischen oder gesellschaftlichen Prozessen zu erkennen und einzuordnen. Wut, Trauer oder Angst in der Bevölkerung werden auch hier bei uns teilweise rücksichtslos für den eigenen Wahlerfolg missbraucht. Auch in der netten Schweiz wird Klientelpolitik betrieben. Als kritischer Bürger will ich aber wachsam bleiben und mich nicht von lauten Marktschreiern und ihrer Polemik instrumentalisieren lassen. Es ist mir schon klar, dass wir die herausfordernde Migrations- und Asylsituation auch in der Schweiz regeln und möglicherweise verschärfte Aufnahme- und Integrationsmassnahmen beschliessen müssen. Ich weigere mich aber standhaft, Hass mit Hass zu begegnen und halte trotzig an der Würde aller Menschen fest.
HANS PETER BACH
HANSPETER.BACH@LIVENET.CH