33 Jahre harte Musik – und noch kein bisschen leiser
12.09.2025 KulturIm Frutigland gibt es nicht nur raues Gebirge, hier wird auch harte Musik gemacht. In ihrer Jugend verwirklichten einheimische Musiker ihre Vision und gründeten mit Pertness eine eigene Band. So entstand der «Swiss Highland Metal». Über 30 Jahre später stehen die ...
Im Frutigland gibt es nicht nur raues Gebirge, hier wird auch harte Musik gemacht. In ihrer Jugend verwirklichten einheimische Musiker ihre Vision und gründeten mit Pertness eine eigene Band. So entstand der «Swiss Highland Metal». Über 30 Jahre später stehen die Musiker noch immer leidenschaftlich auf der Bühne – in Schottenröcken, bei Konzerten im In- und Ausland.
Ein Schlagzeug, mehrere E-Gitarren, gestapelte Lautsprecher, Verstärker und Bühnenbeleuchtung: Das alles steht in einem Raum mit dunklen Wänden, der auf den ersten Blick etwas düster wirkt. Hier proben vier teils langhaarige Männer jüngeren bis mittleren Alters. Ganz dem Musikstil entsprechend sind sie überwiegend schwarz gekleidet und verkörpern das typische Bild einer Heavy-Metal-Band. Willkommen im Bandraum von Pertness. Der anfänglich düstere Eindruck verfliegt schnell.
Die Bandmitglieder Tom Schluchter, Tom Zurbrügg, Tobi Hari und Märs Bühler zeigen sich beim Besuch des «Frutigländers» als gesprächige, humorvolle und freundliche Einheimische, die ihrer Leidenschaft mit viel Engagement nachgehen. Ihr Markenzeichen und charakteristisch für all ihre Veröffentlichungen: Die vier Heavy-Metal-Musiker treten nur mit Vornamen auf und möchten deswegen auch in diesem Bericht in der Folge nur bei diesem benannt werden.
Dass ihre Leidenschaft, Heavy Metal mit Wurzeln im Hard Rock, ausgerechnet im ländlich geprägten Frutigland entstand, überrascht. Für die beiden Toms war laute Musik mit imposanten Gitarrenriffs vor rund 35 Jahren etwas völlig Neues.
Bands wie Iron Maiden, Dokken, Europe und Deep Purple aus London beeindruckten die Jugendlichen aus den Bergen. «Diese Musik hörten wir im Radio und wollten sie auch spielen», erinnert sich der eine Tom, der heute 50-jährige Sänger der Band.
«Wir waren Anfänger»
Auch die Band Pharao aus Reichenbach, die bereits härtere Musik spielte, brachte sie auf den Geschmack. «Das faszinierte mich. Wir wollten diesen Stil spielen, einfach etwas härter», erzählt Gitarrist Tom. 1992 gründete er mit dem zwei Jahre jüngeren Sänger und Gitarristen, ebenfalls Tom, sowie mit ehemaligen Schulfreunden die Band Pertness. Musikalische Vorkenntnisse, etwa im Notenlesen, fehlten jedoch. «Wir waren Anfänger», sagt der Gitarrist. Gemeinsames Üben war daher entscheidend.
Schon bald organisierte die junge Band mit Hilfe von Berufsschulkameraden ihre erste Tournee. Die Auftritte im Kandertal, an der Lenk und in Spiez waren gut besucht. Heavy Metal war in der Region damals noch wenig verbreitet. Dabei entwickelte Pertness von Anfang an einen eigenen Stil, der sich nur schwer mit anderen Bands vergleichen lässt. «Viele Leute, die sonst nicht solche Musik hören, können sich unsere Musik gut anhören», erklärt Schlagzeuger Tobi. Der Grund hierfür sei der melodiöse Stil. Zudem steckt in Pertness 100 Prozent Frutigland. Alle Bandmitglieder leben in der Region, lieben die Berge und verbringen ihre Freizeit auf Skiern, beim Joggen oder beim Biken.
Verlorene Wette am Loch Ness
Inspiriert vom Herkunftsort der Band und den Auftritten der Musiker in Schottenröcken entwarf ein britischer Journalist sogar die Stilbezeichnung «Swiss Highland Metal». Der eigenständige Stil und tiefgründige Texte prägen das musikalische Repertoire von Pertness. Früher inspirierten literarische Werke wie jene von Hemingway den Sänger, Gitarristen und Komponisten Tom. Heute stehen andere Themen im Fokus, so die Band: negative Einflüsse von aussen wie Grössenwahn, Ungerechtigkeit oder Umweltverschmutzung. Diese Bedrohungen würden auch das Frutigland betreffen, welches für die Musiker ein «friedlicher Haufen» ist.
Die Tradition der Schottenröcke geht auf eine Schottlandreise im Jahr 2004 zurück. Eigentlich wollten die beiden Toms einen Dudelsack kaufen. Doch am Ende wurden es zwei Flöten. Damit musizierten sie am Ufer des mystischen Loch Ness und verloren eine Wette: Das Seeungeheuer Nessie zeigte sich nicht. Seither treten die Bandmitglieder daher bei Konzerten in Schottenröcken auf.
«Bandmitglieder im Tal zu finden, ist schwierig»
Auch der 38-jährige Bassist Märs, der 2012 zur Band stiess, und Drummer Tobi, mit 31 Jahren das jüngste Mitglied, sind mit Herzblut dabei. Tobi kannte Pertness von Konzerten, lernte ihretwegen Schlagzeug und wurde vor rund sieben Jahren Teil der Band. «Es bedeutet mir viel, dabei zu sein», sagt Märs. Für Pertness sind beide ein Glücksfall. «Bandmitglieder im Tal zu finden, ist schwierig», weiss Gitarrist Tom. Die vier Musiker harmonieren gut miteinander. Für sie ist die Band ein wertvoller Ausgleich zum Berufsalltag.
Sie sehen darin eine Quelle der Freude, um «mit guten Leuten etwas Cooles zu machen», wie sie betonen und um gemeinsame Erfolge zu feiern. Dazu gehören nicht nur die wöchentlichen Proben, sondern auch bis zu 15 Konzerte pro Jahr. So treten Pertness in der Heimat, etwa am Metal Marmot in Frutigen, in der Schweiz und regelmässig auch im Ausland auf. Für ihre Fans organisiert die Band sogar Konzertreisen, etwa zum Auftritt nächstes Jahr in Frankfurt. Immer mit dabei bei ihren Auftritten haben sie die Leidenschaft für ihren ganz eigenen Swiss Highland Metal. «Wir machen es aus purer Freude», sind sich die vier Heavy-Metal-Musiker einig.
MICHAEL MAURER
Weitere Informationen:
www.pertness.ch