500 Jahre Roesti
29.09.2023 AdelbodenGESCHICHTE Eine umfangreiche und vielfältig bebilderte Chronik zeigt die Geschichte des Geschlechts der Roesti (oder Rösti) seit den Anfängen um 1524. Diese begann in Frutigen – bevor Mitglieder der Familie auch in Adelboden heimisch wurden.
TONI ...
GESCHICHTE Eine umfangreiche und vielfältig bebilderte Chronik zeigt die Geschichte des Geschlechts der Roesti (oder Rösti) seit den Anfängen um 1524. Diese begann in Frutigen – bevor Mitglieder der Familie auch in Adelboden heimisch wurden.
TONI KOLLER
Er heisst weder Rösti noch Roesti, er ist auch kein Frutiger und kein Adelbodner. Pierre Aerni, pensionierter Grafiker aus dem zürcherischen Volketswil, beschäftigt sich einfach leidenschaftlich gerne mit Familienforschung. Neben seinem eigenen hat er schon verschiedene andere Stammbäume erarbeitet. Zurzeit geht nun jener der Roestis in Druck; im Oktober soll das zweibändige Werk erscheinen. «Mit diesem Projekt will ich einen langjährigen Freund mit Heimatort Adelboden namens Marc Roesti erfreuen, der im Thurgau lebt», erzählt der Hobby-Genealoge beim Gespräch in seiner Wohnung.
«Frutigländer»: Zunächst zu «Rösti» oder «Roesti»: Wie kommt es zu den beiden Schreibweisen, Herr Aerni? Unterscheiden sie sich je nach Familienzweig?
Pierre Aerni: Nein, das Durcheinander ist individuell. Je nach Vorliebe schreiben sich die Leute ihren Namen so oder so. Dem habe ich in der Chronik natürlich Rechnung getragen.
Wo liegt der Ursprung des Geschlechts?
Alle Roestis und Röstis der Welt gehen auf Frutigen zurück: Die ersten fünf Träger des Namens – wahrscheinlich waren es Brüder – sind um 1550 in Frutigen dokumentiert. Auch heute noch gibt es zahlreiche Röstis mit Heimatort Frutigen, darunter auch der aus Kandersteg stammende Bundesrat Albert Rösti. Seine Herkunft lässt sich in meinem Buch zurückverfolgen bis zum Urahnen im 16. Jahrhundert.
Rösti ist aber auch ein Adelbodner Name. Wie kam es dazu?
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts – also 200 Jahre nach dem ersten Auftauchen des Namens – begannen Frutiger Röstis, sich in Adelboden niederzulassen. Der erste in Adelboden eingebürgerte Rösti hiess Anton, er ist im dortigen Burgerrodel von 1724 vermerkt. Sein Sohn, ebenfalls ein Anton (1789–1854), soll einer der reichsten Adelbodner geworden sein.
Vermutlich sind die Leute aber auch anderswohin weggezogen?
Genau. So sind etwa fünf Röstis in der ersten Auswanderungswelle 1751 nach Nova Scotia in Kanada gereist, wo sie mit anderen Deutschsprachigen die Stadt Lunenburg gründeten.
Auch später emigrierten viele; zum Beispiel wanderte ein Friedrich Emanuel Rösti nach dem Tod seiner Frau Margaretha 1885 mit acht Kindern in die USA aus. Am besten nachzuverfolgen sind naturgemäss jene, die es dabei zu grossem Ruhm brachten. Zum Beispiel der 1885 geborene Frutiger Gerichtspräsidentensohn Max Ferdinand Roesti: Nach einer Banklehre in Mailand wanderte er 1912 nach Amerika aus, um in New York, Boston und San Francisco eine glänzende Bänker-Laufbahn hinzulegen. Als deren Krönung wurde Roesti als Vertreter der Bank of America – damals das grösste Finanzinstitut der Welt – für acht Jahre nach Zürich entsandt. Er verstarb 1956 in Morschach, hoch über dem Vierwaldstättersee.
Auswärtige Karrieren in Ehren – aber Röstis haben sich auch in heimatlicher Umgebung nützlich gemacht …
… ja, sicher. Da wäre etwa der 1827 in Adelboden geborene Christian Rösti zu erwähnen: Als Notar, Gemeindeschreiber und Grossrat förderte er soziale Einrichtungen wie das Schulwesen und verfasste eine Ortschronik. Zu seiner Person zitiere ich in der Familiengeschichte Alfred Bärtschis «Adelbodenbuch»: «Tatendrang, Unerschrockenheit und Ausdauer, verbunden mit aussergewöhnlicher Begabung, kennzeichneten sein Wesen.»
… was gewiss auch zutrifft auf Röstis und Roestis in der jüngeren Vergangenheit und der Gegenwart, die Ihr Werk mit Texten und (sofern einverstanden) und Bildern vorstellt.
Ja, beispielsweise die beiden Adelbodner Skirennfahrer Peter und Adolf Rösti – und viele mehr.
Woher kommt eigentlich dieser Name? Mit einem Kartoffelgericht hat er ja nichts zu tun …
Wahrscheinlich auch nicht mit der manchmal genannten «Resti-Burg» bei Meiringen. Eher schon dürften die Urahnen des Geschlechts an einem steilen Hang gelebt haben, an einem «Rööschteli» – «röescht» bedeutet in der Frutigländer Mundart so viel wie «stotzig».
Ihr Werk umfasst imposante 316 Seiten. Der detaillierte Stammbaum der verschiedenen Rösti-Zweige ist ergänzt mit erklärenden Texten und Hunderten von Illustrationen. Eine Riesenarbeit!
Tatsächlich hat mir die Chronik ordentlich zu tun gegeben: Nebst der reinen Genealogie mussten Zeitungsausschnitte, alte Dokumente, Briefe und Fotografien zusammengetragen werden; viele Aufnahmen habe ich mit einem KI-Programm optisch aufgewertet. Auch wenn mich Rösti-Familienmitglieder bei mancher Recherche unterstützten, verbrachte ich unzählige Stunden des Nachforschens in Archiven und Bibliotheken. Wobei die Digitalisierung inzwischen eine grosse Hilfe ist: Heute sind viele historische Dokumente leicht via Internet zugänglich. Dann muss man bloss noch die alten Schriften entziffern können … Item, so eine Familienchronik zu verfassen, ist ungemein spannend und lehrreich. Es braucht aber auch Ausdauer und Freude an der Arbeit – und beides habe ich.
Das zweibändige Werk «500 Jahre Roesti» ist erhältlich bei Pierre Aerni, Burgstrasse 4, 8604 Volketswil. Tel.: 044 945 29 94, E-Mail: nipivolk@ bluewin.ch. Ebenfalls erhältlich ist das Familienwappen in den Varianten «Rösti» und «Roesti».