Die TeilnehmerInnen der 56. Generalversammlung der Bergbahnen Engstligenalp AG verabschiedeten eine von Witterungseinflüssen geprägte Jahresrechnung und wählten einen neuen Verwaltungsratspräsidenten.

RETO KOLLER
In gewohnt zügiger Weise preschte Verwaltungsratspräsident Daniel Fluri am Donnerstag im Restaurant des Berghotels durch seine letzte Generalversammlung. Die 96 anwesenden AktionärInnen – sie vertraten rund 90 Prozent der Stimmen – folgten allen Anträgen ohne Gegenstimme.

Im Kommentar zum Geschäftsbericht verwies Fluri auf die starke Witterungsabhängigkeit des Unternehmens. Ein Beispiel dafür war der Verlauf der Wintersaison 2023 / 24. Bis Ende Februar zeichneten sich rekordhohe Erträge ab, doch die häufigen Föhnstürme während der für die Bahn bedeutsamen Frühlingsmonate machten die Hoffnungen zunichte. Trotzdem erzielte die Firma höhere Gesamterträge. Diese stiegen gegenüber dem Vorjahr um 7,26 Prozent auf 7,2 Millionen Franken. Der rekordhohe Ertrag wurde jedoch von den gestiegenen Kosten weggefressen. Letztlich verblieb ein Mini-Gewinn nach Steuern und Abschreibungen von 2200 Franken; im Vorjahr hatte er noch bei 193 000 Franken gelegen. Ein vertiefter Blick in die Erfolgsrechnung zeigt, dass dafür die deutlich gestiegenen Kapitalzinsen und die höheren Abschreibungen verantwortlich waren – beides Folgen der hohen Investitionen in die vollständig umgebaute Raclettehütte und die sieben neu gestalteten Hotelzimmer in der «Sennhütte». Beide Angebote seien zwar gut angelaufen, bei den Übernachtungen habe sich jedoch eine Verlagerung vom bisherigen Haus Wildstrubel in die neuen Zimmer der Sennhütte gezeigt. Auch im Fondue-Iglu seien etwas weniger Racletteportionen verkauft worden als im Vorjahr, was gemäss Fluri ebenfalls der unberechenbaren Witterung im März geschuldet war. Der scheidende VR-Präsident strahlte trotzdem viel Zuversicht für die Zukunft aus. «Wir sind mit unseren Angeboten gut aufgestellt und werden die Marketinganstrengungen weiter verstärken», meinte er.

Weitere Ausbaupläne
Der seit April amtierende Geschäftsführer Bruno Riesen präsentierte die geplanten Investitionen. Zwischen dem Haupthaus und der Sennhütte ist ein weiterer Bau geplant. Er soll nebst zusätzlichen Zimmern auch dringend benötigte Seminarräume beherbergen. «Wenn wir die Auslastung unter der Woche verbessern wollen, brauchen wir neue Angebote, die vor allem Firmen ansprechen», gab Riesen kund. Das Projekt befinde sich zurzeit beim Kanton in der Vorprüfung. Anschliessend will der Verwaltungsrat die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens noch einmal prüfen. Die Überbauungsordnung, welche die im Frühjahr abgelaufene Ausnahmebewilligung für die Iglus in eine dauerhafte Form überführen soll, ist zurzeit öffentlich publiziert.

Neuer Präsident von «ennet dem Berg»
Unter das Traktandum «Wahlen» fiel die Verabschiedung dreier verdienter Verwaltungsräte. Gerard Jenni, Manuel Thomke und Christof Gerber verlassen den Verwaltungsrat. Thomas Egger, Andreas Kernen und Daniel Fluri wurden wiedergewählt. Fluri tritt vom Präsidentenamt zurück. Ihn ersetzt der Oberwalliser Gunther Seewer (siehe Kasten). Das Gremium wird durch den 62-jährigen Luzerner Gastronomen und Unternehmer Stephan Fröhlich ergänzt.

Der Betrugsfall ist abgeschlossen
Verwaltungsrat Thomas Egger informierte über den Stand der Dinge im Betrugsfall, der sich im Jahr 2019 in dem Unternehmen ereignet hatte. Die mittlerweile verurteilte Person hatte sich schon vorher mit einem Vermögensdelikt strafbar gemacht. Es stellte sich heraus, dass sie ohne die Mithilfe Dritter agiert hatte. Die Deliktsumme sei zwar rückzahlungspflichtig, doch die Chancen auf einen unverhofften Geldstrom in die Kasse seien höchst gering, liess Egger wissen. Das Geld sei wohl verloren. Der Verwaltungsrat gedachte in kurzen Worten des in den letzten Tagen verstorbenen langjährigen technischen Betriebsleiters Hans Stoller-Urfer. Er wurde gleichentags in Frutigen beerdigt.

«Wir brauchen mehr internationale Gäste»

Der aus Saas-Fee stammende Günther Seewer wuchs in einer Hotelierfamilie auf. Er ist ausgebildeter Tourismusfachmann und wechselte später in die Telekommunikationsbranche. Heute wirkt der Oberwalliser in der Unternehmensentwicklung und arbeitet dabei auch mit Daniel Fluri zusammen. Seewer lernte die Engstligenalp erst vor drei Jahren kennen und war tief beeindruckt von der alpinen Hochebene. Der neue Präsident will seinen betriebswirtschaftlichen und touristischen Hintergrund einbringen und die Engstligenalp weiterentwickeln. «Wir brauchen neue Angebote für neue Gästegruppen, insbesondere für Firmen. Sie können die fehlende Auslastung während der Woche verbessern», sagt er und meint damit den Ausbau des Unterkunfts- und Seminarangebots im angedachten Ergänzungsbau neben der Sennhütte. Seewer möchte vermehrt internationale Kunden ansprechen, die weniger witterungsabhängig sind als die Schweizer Stammkundschaft. «Wir können auf der Engstligenalp wichtige Merkmale des Schweizer Tourismus auf engstem Raum anbieten, nämlich Gletscherberge, Kühe und lokale, hochwertige Produkte.»

RK

7 Prozent mehr Ertrag, 99 Prozent weniger Gewinn

Image Title

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Ja. Ich benötige ein Abo.

Article

Image Title