Gitzi oder Lamm waren bis vor wenigen Jahrzehnten traditionelle Ostergerichte. Heute hält sich die Nachfrage in Grenzen. Wer diese Menüs auftischen möchte, sollte gleichwohl rechtzeitig bestellen.

KATHARINA WITTWER
«Der Brauch, aufgrund seiner Reinheit vornehmlich an Ostern Gitzifleisch zu essen, entstammt der christlich-abendländischen Tradition», ist auf der Website von «Schweizer Gitzi» zu lesen. Der «Frutigländer» wollte wissen, ob dieses Gericht ausserhalb des Tessins, wo die Tradition noch gepflegt wird, auch im Frutigland auf den Ostertisch kommt.

Trend «e chli verby»
Fritz Gempeler von der gleichnamigen Metzgerei in Adelboden nimmt kaum mehr Bestellungen für Gitzifleisch auf. Dieser Trend sei «e chli verby», meint er. Natürlich organisiert er auf Vorbestellung Schlegel, doch er möchte sämtliche Teile des Tieres verarbeiten. Der aus Amerika kommende Trend «nose to tail» (die Verwendung sämtlicher Stücke von der Nase bis zum Schwanz) gelte bei der Kundschaft bloss fürs Rind, jedoch noch nicht für Lamm und Gitzi. Auch Jonas Lengacher macht in seinem Geschäft in Aeschi die gleiche Erfahrung. «Die Restaurants haben dieses Menü meines Wissens in den letzten Jahren kaum mehr auf die Osterkarte gesetzt.» Da die Restaurants dieses Jahr geschlossen bleiben, wird sich kaum ein Koch zur Zubereitung von Take-away-Gitzi entschliessen. Ähnlich tönt es von Ueli Thierstein. In seinem Laden in Frutigen gehen wohl noch alljährlich Bestellungen von «treuen alten Kunden» ein, doch diese sterben langsam aus. «Die jungen Leute haben die Zubereitung von Gitzi von ihren Müttern oder Grossmüttern nicht mehr gelernt.» Michael Martins aus Reichenbach bildet im Tal fast eine Ausnahme. Zu Beginn seiner Geschäftstätigkeit habe er vor Ostern stets zwei bis drei Gitzi von hiesigen Bauern gekauft und geschlachtet. Heute gibt er die Bestellung frühzeitig im Metzgerzentrum Thun auf, da die Nachfrage inzwischen wieder im Steigen begriffen ist.

Er schlachtet ganzjährig Geissen
Hans Reichen ist Metzger und übt seinen Beruf im eigenen Betrieb in Wengi aus. Vor fünf Jahren begann er mit dem Schlachten von ungefähr 200 Ostergitzi für Proviande (Branchenorganisation der Schweizer Fleischwirtschaft). Die Tiere müssen ein Schlachtgewicht von 5 bis 9,8 kg aufweisen. «Die Ziegenhalter melden bei mir die Schlachttiere an. Das Fleisch geht dann in die Verteilerzentrale ins Tessin und wird von dort aus in die ganze Schweiz verteilt», so Reichen. Wünscht ein Züchter das Fleisch zurück, ist dies selbstverständlich möglich. Reichen schlachtet ganzjährig Ziegen jeden Alters. In der Regel verarbeitet und vakuumiert er das Fleisch für die Lieferanten, und der Kreis schliesst sich.

Ist das Ostergitzi aus der Mode gekommen?

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