Aus «Auf und davon» wird jetzt wohl «Daheim und weiter»
19.08.2025 GesellschaftMarina Marrer und Mike Hostettler wanderten 2020 von Reichenbach im Frutigland nach Tampa in Florida aus. Die beiden sind schweizweit bekannt geworden durch ihre Teilnahme an der SRF-Sendung «Auf und davon». Seit Ende Mai 2025 sind die zwei nun wieder zurück in der Schweiz. ...
Marina Marrer und Mike Hostettler wanderten 2020 von Reichenbach im Frutigland nach Tampa in Florida aus. Die beiden sind schweizweit bekannt geworden durch ihre Teilnahme an der SRF-Sendung «Auf und davon». Seit Ende Mai 2025 sind die zwei nun wieder zurück in der Schweiz. Was hat sie dazu bewogen, in die USA auszuwandern, und was machen sie heute? Der «Frutigländer» wollte es wissen und hat sich mit den beiden unterhalten.
JACQUELINE RÜESCH
Die beiden Abenteurer sitzen grad im Auto, als sie über die Video-Call-Funktion von WhatsApp mit dem «Frutigländer» sprechen. Hinten auf der Rückbank sitzt Juna, die süsse Mischlingshündin, die sich kaum von den Gesprächen im Cockpit des Autos beeindrucken lässt. Nur ab und zu schaut sie hoch, wenn Mike sich nach hinten lehnt und ihr über den Kopf streichelt. «Ich wollte schon immer in die USA auswandern», beantwortet er die Frage, «irgendwann haben wir uns dann gemeinsam dazu entschieden, von hier wegzugehen. In der Schweiz gibt es mir zu viele Regeln, zu viele Einschränkungen. Jeder mischt sich in die Angelegenheiten der anderen ein und kritisiert, belehrt oder möchte andere zu seinem eigenen Nutzen zurechtweisen. Es gibt zu viel Neid in der Schweiz, zu viel Kleinlichkeit – zu viel Gegeneinander anstelle von Miteinander». Auch wenn die USA Freiheit verspricht und gemäss dem «American Dream» da alles möglich sein soll, sei es nicht das gewesen, was sie in die USA auswandern liess, sondern das Neue, die persönliche Freiheit, das Abenteuer.
Alles begann im Frutigland
Nach Reichenbach gezogen sind Marina Marrer und Mike Hostettler wegen Mikes neuer Stelle als Leiter Verkehrstechnik bei der Stadt Thun und weil gleichzeitig auch Marina eine neue Stelle in Thun fand. Gelernt habe er ursprünglich Schreiner, meint der Stadtberner, doch auf diesem Beruf habe er nicht lange gearbeitet, sondern bald zur Polizei gewechselt. Für diese hatte er erst in Bern gearbeitet und danach auch in Solothurn. Marina arbeitete lange im kaufmännischen Bereich und lernte Mike dann während einer Anstellung bei der Polizei in Solothurn kennen. Während sie zusammen in Reichenbach wohnten, eröffnete Mike auch ein Tattoo-Studio, das recht gut lief. «Es war immer ausgebucht», meint er und verrät, dass es eigentlich seine Mutter war, bei der er zeichnen gelernt hatte. Das Tätowieren ist nun eigentlich sein wahrer Beruf. Auch während der Zeit in den USA führte Mike Hostettler ein Tätowierungs-Studio. Allerdings nicht von Beginn an.
Auf und davon: Neustart in den USA
Die zwei Auswanderer begannen ihr Leben in den USA mit der Eröffnung eines Waffelladens. Diese ermöglichte ihnen ein Investoren-Visum, mit welchem sie in die USA einreisen konnten. Ihre Zukunft in den USA war geplant, das meiste gepackt und die administrativen Anforderungen erfüllt, als Mike dann auf die Idee kam, bei der Sendung «Auf und davon» mitzumachen. «Es war ein recht spontaner Entscheid und Marina wollte eigentlich zuerst nicht mitmachen, willigte dann aber doch ein», erzählen sie. Es sei eine gute Werbung gewesen, viele Schweizer seien sie während dieser Zeit besuchen gekommen. Aber nicht nur das. Die Leute in Florida hätten sie mit offenen Armen empfangen. Sie hätten viele Freunde gefunden und lieben die Warmherzigkeit der Menschen dort. «
In Floria gab es keine Menschen, die negativ auf unsere Anwesenheit reagiert haben», schildern sie dankbar. «Im Gegenteil, alle waren neugierig auf uns, offen und freundlich.»
Den Waffelladen haben die beiden später aber aufgegeben. Mike arbeitete schon länger wieder auf seinem eigentlichen Beruf als Tätowierer. Marina führte den Laden mit Hilfe von bis zu zwölf Angestellten noch etwa zwei Jahre weiter, dies parallel zu ihrem Online-Business als Beraterin für kleine und mittelgrosse Unternehmen. Irgendwann wurden diese drei Geschäfte dann zu viel und 2024 verkauften sie den Waffelladen, um sich ihren Berufungen zu widmen. Es sei nicht so, dass es einfacher gewesen wäre, ein Tattoo-Studio zu führen; anders als man denkt, sei dies recht aufwändig. Man müsse viele Normen erfüllen, gerade was die der Gesundheitsbehörde betreffe.
Die Rückkehr in die Schweiz
Aber warum sind denn nun Marina Marrer und Mike Hostettler wieder in die Schweiz zurückgekommen? Es gibt in den sozialen Medien einige Kommentare, die sich über die beiden auslassen, schadenfreudig vielleicht, oder auch einfach nur böse. Doch die zwei Heimkehrer erhalten aus der Bevölkerung vor allem viele positive Rückmeldungen. «Die Teilnahme an der SRF-Sendung hat uns viele positive Erfahrungen ermöglicht, wir lernen viele nette Menschen kennen, die uns einfach so ansprechen, zum Beispiel in den Einkaufsläden oder im Restaurant.» Kürzlich habe ihn jemand gefragt: «Bist du nicht …», worauf Mike gleich darauf gesagt hatte «Ja, der bin ich.» Auch beim Einkaufen gab es bereits viele Gespräche, meint Marina. Oder zumindest vielsagende Blicke.
Trotz dem, was die vereinzelt negativen Kommentare vermuten lassen, sind die beiden aus freien Stücken wieder zurück in die Schweiz gekommen. Nicht, dass es ihnen in den USA nicht mehr gefallen hätte, auch die Geschäfte liefen sehr gut, doch die Anforderungen an Einwanderer in Bezug auf die Visumspolitik seien restriktive und seit der Wahl des derzeitigen Präsidenten würde es nur schlimmer. «Vielleicht hätte es noch eine Möglichkeit gegeben zu bleiben, aber wir wollten vor allem aus familiären Gründen, aufgrund steigender Kriminalität und der veränderten wirtschaftlichen und politischen Faktoren lieber wieder zurück in die Schweiz kommen», erläutern die beiden.
Huttwil und weitere Pläne
Es ist nicht mehr Reichenbach, wofür sie sich nun als Wohnort entschieden haben, sondern Huttwil. Das habe logistische Gründe, meint Marina. Huttwil sei von der Lage her am besten geeignet, allen Verpflichtungen gerecht zu werden. Von hier aus haben sie etwa gleich lang, ihre jeweiligen Familien zu erreichen, und sie haben auch viele Freunde in der Nähe. Zur Zeit des Gesprächs leben Marina und Mike noch provisorisch mit ausgeliehenen Tellern der Nachbarn. Diese hätten ihnen die Teller und einige weitere Dinge geliehen, weil der Container eine etwas längere Reise von den USA in die Schweiz habe und sie deshalb auf die 5,5 Kubikmeter grosse Lieferung mit Mobiliar, Erinnerungen und Geschenken warten müssten, schildern sie und sind den Nachbarn für ihre freundliche Hilfsbereitschaft dankbar. «In den beinahe sechs Jahren, in welchen wir in den USA gelebt haben, hat sich auch die Schweiz verändert», meint Marina, «und es gibt auch hier viele offene, freundliche und positive Menschen.»
Die Ferne lockt sie weiterhin
Trotzdem wollen sie nicht auf das Reisen verzichten. Auch wenn Mike in Huttwil wieder ein Tattoo-Studio führt und sich Marina weiterhin ihrem Online-Business widmet, wollen sie nicht an Ort und Stelle verharren. Die zwei haben sich einen Pick-up-Camper gekauft und planen nun, sich mit Basis in Huttwil Europa anzusehen.
Ihre erste Reise führe sicher in den wärmeren Süden, nach Spanien, Portugal oder so, überlegen sie laut. Danach wollen sie dann in den Osten, unter anderem auch nach Rumänien, um Freunde zu besuchen, und später dann in den Norden. Aber das nur monateweise, sodass sie sich immer wieder ihrer Familie und den Geschäften in der Schweiz widmen können.