Der Schulterschluss zwischen der Bergbahnen Adelboden AG (BAAG) und der Genossenschaft Lenk Bergbahnen ist Tatsache. Die beiden Organisationen gründen eine gemeinsame Tochtergesellschaft, die Bergbahnen Adelboden-Lenk (BAL) AG.

RETO KOLLER
Zuerst war Adelboden an der Reihe. Am Freitagabend versammelten sich 81 Aktionärinnen und Aktionäre mit 44,6 Prozent Stimmenanteil im Kirchgemeindehaus. Einziges Thema war die Gründung einer Tochtergesellschaft, der Bergbahnen Adelboden-Lenk AG (BAL AG).

Gemeinsam stärker
René Müller, VR-Präsident der BAAG, eröffnete die ausserordentliche Generalversammlung pünktlich um 20 Uhr. Nach den üblichen Formalitäten kam er zur Sache: «Wir wollen die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft stellen», meinte der Hotelier, bevor er das Wort dem Geschäftsführer Markus Hostettler übergab. Dieser erläuterte vorerst die Art und Weise, wie die rund 30 Millionen Franken Einnahmen verteilt werden, welche die BAAG und ihre Partnerin, die Genossenschaft Lenk Bergbahnen (LBB), jährlich im gemeinsamen Gebiet Adelboden-Lenk erwirtschaften. Dann kam er auf den Pferdefuss der heutigen Lösung zu sprechen.

«Wir haben uns lange Zeit schwergetan, das Beste für die Region und den Gast zu leisten. Zu schwer wogen die Eigeninteressen der beiden Gesellschaften. Dies soll nun anders werden.» Wie gewinnbringend eine enge Zusammenarbeit sein kann, zeigte die technische Beschneiung. «Adelboden hat viel fliessendes Wasser, die Lenk trumpft mit dem Brenggen-Speichersee auf. Seit 2016 betreiben wir die Beschneiungsanlagen zum Vorteil beider Gesellschaften gemeinsam.» Dies sei die Initialzündung für den heutigen Vorschlag gewesen. Hostettler und sein Lenker Kollege Nicolas Vauclair steckten im Rahmen eines Besuchs bei den Bergbahnen Flumserberg AG die Köpfe zusammen und analysierten die Stärken und Schwächen ihres gemeinsamen Sportgebietes. «Wir erkannten, dass wir jahrelang Esel waren – beide mit dem gleichen Strick verbunden, doch getrieben von den Erwartungen unserer Arbeitgeber», kommentierte er mit erfrischender Selbstkritik. Die zwei Manager heckten den Plan einer gemeinsamen Betriebsgesellschaft aus und präsentierten ihn im Juni 2021 den jeweiligen Verwaltungsräten. Das Resultat der langen Verhandlungen liegt nun vor.

Wem gehört was?
Müller ging detailliert auf das Projekt ein. Die neue Betriebs-AG wird je zur Hälfte den beiden jetzigen Gesellschaften gehören. Alle Grundstücke und die damit verbundenen Rechte und Pflichten, die Immobilien und die Bahnanlagen verbleiben bei den Muttergesellschaften. Das gilt auch für die Restaurants. Die BAAG beziehungsweise die LBB vermieten ihr Eigentum an die neue Bergbahnen Adelboden-Lenk AG. Deshalb verfügen sie weiterhin über eine eigene Finanzkraft. Nur die Betriebsmittel wie etwa die Beschneiungsanlagen, die Fahrzeuge und die Pistenmaschinen gehen an die neue BAL AG über. Das Gleiche gilt für sämtliche Arbeitsverträge des Personals. Alle Angestellten wechseln zu den gleichen Bedingungen zur Betriebs-AG. Diese wird künftig sämtliche Dienstleistungen für den Gast übernehmen und die Restaurants bewirtschaften.

Wie fliesst das Geld?
Sämtliche Einnahmen aus den Kassen in Adelboden und der Lenk sowie die Mittel aus dem Webshop gehen an die BAL AG. Diese richtet die Mieten und weitere Entschädigungen an die Muttergesellschaften aus. Verbleibt ein Gewinn, wird er hälftig beiden «Müttern» gutgeschrieben. Die BAL AG erstellt jährlich ein Investitionsbudget für den laufenden Betrieb. Dies wird von den Muttergesellschaften geprüft und verabschiedet. Auch grössere Investitionen wie Bahnersatzanlagen oder Restaurantsanierungen schlägt die Betriebs-AG vor. Die Finanzierung obliegt den Muttergesellschaften. Bereits beschlossene Vorhaben wie die «Direttissima» und der Neubau des Bergrestaurants Metschstand verbleiben bei der BAAG AG beziehungsweise der Genossenschaft Lenk Bergbahnen.

Die schlankeren und effizienteren Strukturen sollen gemäss Hostettler zu jährlichen Einsparungen von rund einer halben Million Franken führen. Er erwartet insbesondere tiefere Ausgaben bei der Warenbeschaffung, den Energiekosten und den Versicherungsprämien. «Unsere Grösse verspricht bessere Beschaffungspreise», kündigte er an.

Müller und Hostettler bekräftigten ihre Überzeugung, dass man mit dieser Lösung den Herausforderungen der Zukunft wie Klimawandel, abnehmende Skifahrerzahlen, steigende Kosten, Fachkräftemangel und Digitalisierung am wirksamsten begegnen könne. Auch die Entwicklung des geplanten Bikelandes Adelboden-Lenk sei nun wesentlich einfacher voranzutreiben.

Klares Verdikt
Bevor es zur Abstimmung kam, wollte eine Aktionärin wissen, was geschähe, wenn sich die beiden einzigen BAL-Aktionäre mit je 50 Prozent Stimmenanteil nicht einig seien. «Die Statuten sehen in diesem Fall ein Schiedsgericht aus den Gemeindevertretern in den Muttergesellschaften vor. Sie müssen dann einen gangbaren Weg finden», erklärte Müller. Die Abstimmung ergab ein klares Resultat. Nur vereinzelte Aktionäre liessen sich nicht überzeugen und verweigerten die Einwilligung. Der überwiegende Anteil stimmte der Gründung der Tochtergesellschaft zu. Die Versammlung quittierte Müllers Dank mit einem kräftigen Applaus. Das taten tags darauf auch die GenossenschafterInnen der Lenk Bergbahnen. Somit steht der Gründung nichts mehr im Wege. Auch alle weiteren Anpassungen der Unternehmensstatuten fanden einhellige Zustimmung. Am 1. Oktober wird die BAL AG ihre operative Tätigkeit aufnehmen. Der bisherige Leiter der Lenk Bergbahnen, Nicolas Vauclair, wird sie als CEO führen, Markus Hostettler übernimmt bis zu seiner Pensionierung in zwei Jahren die Stellvertretung.

Restaurant Sillerenbühl: Verzögerte Eröffnung
Im Laufe der Versammlung orientierte Hostettler auch über die Umbauarbeiten im Restaurant Sillerenbühl. Diese kämen zwar gut voran, die Eröffnung werde sich jedoch wegen Lieferengpässen verzögern. Hostettler stellte den 24. Juni in Aussicht. «Wir werden dafür sorgen, dass bei Saisonstart am 11. Juni unsere Gäste mit einem Basisangebot rechnen dürfen, bis das Restaurant bereit sein wird.»

Der Verwaltungsrat der neuen BAL AG

Der VR setzt sich aus je drei VR-Mitgliedern der beiden Muttergesellschaften zusammen. Als Präsident ist der Freiburger Betriebswirtschafter sowie Finanz- und Steuerexperte Raphael Häring vorgesehen. Die weiteren Mitglieder sind René Müller (Präsident BAAG), André Troxler (Präsident LBB), Reto Burn (VR-Mitglied BAAG), Raphael Reinle (VR-Mitglied BAAG), Roman Cortesi (VR-Mitglied LBB) und Urs Grimm (VR-Mitglied LBB).

RK

Aus zwei mach drei

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