2008 zog es mich vom Mittelland ins Simmental. Ich tauschte Basketball gegen ein Paar Ski und ein Job bei den Lenk Bergbahnen wurde zum Abenteuer, das bis heute andauert. Seit 2009 bin ich deren Geschäftsführer, seit 2023 CEO der neu gegründeten Bergbahnen Adelboden-Lenk AG. In dieser Kolumne gibt’s persönliche Einblicke in meinen Alltag zwischen Seilbahnen, Schnee und all dem, was das Leben im Bergdorf mit sich bringt.

Nach fast 20 Jahren in der Branche weiss ich: Jede Entscheidung wird öffentlich diskutiert, emotional bewertet und politisch gelesen. Das ist herausfordernd, manchmal anstrengend – aber auch verständlich. Bergbahnen sind eben mehr als nur Transportbetriebe. Sie sind geschichtsträchtiges Aushängeschild der eigenen Heimat, Identifikationsfaktor und Wirtschaftsmotor einer ganzen Region.
Mit dem Wechsel zum AlpsPass ist eine Debatte neu entbrannt, die zur Grundsatzfrage wird: Was darf Skifahren kosten?

Eine Debatte, für die ich offen bin und gerne führe, wenn sie konstruktiv ist und auf Augenhöhe stattfindet.

Mir ist wichtig zu sagen: Adelboden-Lenk hat den AlpsPass nicht geplant, sondern nach dem Top4-Austritt von Gstaad jede mögliche Option geprüft. Der Beitritt zum neuen Verbund ist das Resultat eines nötigen Entscheids. Wir mussten eine Lösung finden. Einerseits stehen wir unter Investitionsdruck – für Beschneiung, Erneuerung, Digitalisierung. Mit über einer Million Gästen in der Skiregion, davon allein über 250 000 Ersteintritte von Top4-SaisonabobesitzerInnen, haben wir eine grosse Verantwortung. Gegenüber genau diesen SkifahrerInnen, unseren Mitarbeitenden und zwei Talschaften. Andererseits wird erwartet, dass der Zugang zum Schnee möglichst günstig bleibt. Wollen wir langfristig Qualität, Familienfreundlichkeit und Schneesicherheit, brauchen wir stabile Grundlagen. Sind 949 Franken für den AlpsPass zu viel? Das Abo für Adelboden-Lenk kostete 2016/17 bereits 815 und läge heute bei über 1000 Franken – für ein einziges Gebiet. Der AlpsPass bietet mehr: neben Adelboden-Lenk drei weitere Skiregionen und 15 zusätzliche Skitage in der Westschweiz und im Graubünden. Ein starkes Bündnis bringt mehr Auswahl. Und hilft, Preise stabil zu halten. Das ist ein Mehrwert, kein Mehrpreis.

Werte und Nachhaltigkeit
Wenn jemand, wie der durchschnittliche Top4-Gast, 20 Tage nach Adelboden-Lenk kommt, bezahlt er mit dem AlpsPass 47.45, Kinder noch 9.95 Franken. Für bis zu acht Stunden Freizeitaktivität. Ich stelle gerne die Frage: Was kostet ein Kinobesuch, ein Fussballspiel, ein Konzert?
Die Diskussion dreht sich oft nur um Preise – zu selten um Wert. Und noch seltener um wirtschaftliche Nachhaltigkeit. Ich wünsche mir mehr Differenzierung und will selbst dazu beitragen. Um die Einnahmen aus den Saisonabos zu halten, bräuchte die BAL AG mit dem 419-fränkigen Magic Pass an jedem unserer 20 Spitzentage einen Drittel mehr Gäste. Statt 15 000 also 20 000 SchneesportlerInnen auf den Pisten. Mit der heutigen Infrastruktur: unmöglich. Mit der bestehenden Verkehrsachse im Simmen- und Kandertal: unvernünftig. Das Gästeerlebnis würde erheblich leiden. Und damit die Glaubwürdigkeit unserer Strategie.

Dass die Bergbahnen Destination Gstaad AG es mit dem Magic Pass versucht, ist ihr gutes Recht. Deren Geschäftsberichte zeigen eine andere finanzielle Realität. Wer jährlich Millionen aus der öffentlichen Hand erhält und nur einen Bruchteil seiner Investitionen selbst finanziert, kann anders kalkulieren als wir, die jeden Franken selbst erwirtschaften müssen. Das sage ich nicht etwa aus Missgunst, sondern weil es die Realität ist.

Kosten an einem Wintertag
Unser 350-köpfiger Betrieb kostet uns an jedem Wintertag fast 180 000 Franken. Sind da 949 Franken oder 47.45 Franken am Tag wirklich zu viel? Ich bin überzeugt, der Beitritt zum AlpsPass ist richtig. Der AlpsPass vereint, gemessen an der Anzahl Gäste, heute schon 8 der 10 grössten Skiregionen der Schweiz. Auch wir gehören dazu. Allzu oft geht das vergessen. Es ist an der Zeit, dass wir hinter Qualität, Schneesicherheit, Familienfreundlichkeit und Investitionsfähigkeit nicht nur die Kosten, sondern auch den Wert sehen. Und verstehen.

Ja, Skifahren kostet einen Haufen Geld. Für unsere Gäste. Für uns. Ich setze alles daran, dass es weiterhin seinen Preis wert bleibt.

NICOLAS VAUCLAIR

REDAKTION@FRUTIGLANEDER.CH

Kolumne - Bahnsinn

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