Das Google KI-Modul: Ein Megatrend ist im Anmarsch
24.10.2025 GesellschaftIn den vergangenen Jahren war die Optimierung von Metadaten für Suchmaschinen – die sogenannte Suchmaschinenoptimierung (SEO, «Search Engine Optimization») – das A und O beim Aufbau von Webseiten für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Dies ändert ...
In den vergangenen Jahren war die Optimierung von Metadaten für Suchmaschinen – die sogenannte Suchmaschinenoptimierung (SEO, «Search Engine Optimization») – das A und O beim Aufbau von Webseiten für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Dies ändert sich nun rasch.
MARTIN NATTERER
Über fast zwei Jahrzehnte, seit sich das «Googeln» als Synonym für die Internet-Suche etabliert hat, galt: Wer gefunden werden will, muss in der Suchmaschine ganz oben erscheinen.
Dass Google nun auch in der Schweiz das KI-Modul eingeführt hat, ist symptomatisch – und kein Einzelfall. Nahezu alle marktüblichen Suchmaschinen verwenden mittlerweile künstliche Intelligenz, um wie in einem Gespräch direkte Antworten zu liefern – statt, wie bisher, einfach Suchergebnisse. Eine Weiterleitung zu den ursprünglichen Webseiten, die das Material für diese Antworten liefern, findet immer seltener statt. Ein Problem.
Vom Suchbegriff zur «Antwortmaschine»
Für KMU ist die Auffindbarkeit in Suchmaschinen eine essenzielle Funktion des Internets, weil darüber Leistungen und Firmendaten zugeordnet und gefunden werden können. In der klassischen Suchmaschine erhielten Interessierte nach Eingabe eines Suchbegriffs eine Trefferliste, anhand derer sie selbst weiter recherchieren konnten.
Nur wenn ein KMU seine Leistungen auffindbar machte und in dieser Trefferliste erschien, wurde es sichtbar – und konnte von potenziellen Kundinnen und Kunden «weitergeklickt» werden. Diese Sichtbarkeit war entscheidend für die Präsenz «am Markt» – neben klassischen Kommunikationsformen wie Zeitungsanzeigen, Plakaten, Messen oder persönlichen Kontakten.
Die Optimierung einer Website für Suchmaschinen, kurz SEO, diente genau dieser Auffindbarkeit. Dazu füllte man im Hintergrund der Website Listen mit Suchbegriffen, von denen man glaubte, dass sie von Interessenten eingegeben würden. Auch die Inhalte selbst wurden oft daran angepasst. Diese Daten mussten für die sogenannten Crawler («Krabbler») der Suchmaschinen zugänglich gemacht werden.
Nur wer gefunden werden konnte, war im Internet «existent». Was nicht gefunden wird, scheint nicht zu existieren. Realität ist in dieser Denkweise das, was die Suchmaschine liefert – Internet-Wirklichkeit bedeutet also, erscheinen zu können. Für alle, die Webseiten betreiben – privat wie geschäftlich –, ist das in Zeiten der künstlichen Intelligenz eine Existenzfrage.
KI verändert das Browserverhalten
Die Integration von KI-Modulen in nahezu allen gängigen Browsern verändert dieses «Erscheinen» im Internet grundlegend. Im März führte Google sein KI-Modul in den USA ein, und seit Kurzem wird es auch in der Schweiz ausgerollt.
Parallel zur klassischen Suche liefert der neue KI-Modus – über ein kleines Menü auswählbar – eine ausformulierte Antwort. Weblinks erscheinen nur noch als Quellenangaben in Fussnoten oder am Rand. Der KI-Modus ist in der Menüleiste neben «Bilder», «Videos» und «News» als zusätzliche Option verfügbar. Damit wird aus der Suchmaschine eine Antwortmaschine. Fachleute sind sich einig: Die sogenannte «Click-Through-Rate», also der Anteil der Nutzenden, die von der Suchmaschine auf Firmen-Webseiten weiterklicken, sinkt rapide. In nur zwei Jahren könnte der Zugriff der KI-Systeme auf Webseiten («AI-Traffic») den traditionellen Suchverkehr («organischen Traffic») überholen. Hinzu kommt die «Mobile-First-Realität»: Auf Smartphones ist der Platz begrenzt, und die KI-Überblick-Funktion nimmt fast den gesamten Bildschirm ein. So werden klassische Suchergebnisse zunehmend verdrängt. Ein Megatrend bahnt sich an.
Das Wort «Kander» als Beispiel
Eine einfache Google-Suche nach dem Wort «Kander» zeigt den Effekt: In der klassischen Suche erscheinen sowohl die Kander im Frutigland als auch die Schwarzwälder Kander und verschiedene touristische Seiten. Im KI-Modus hingegen erhält man eine Art Essay, das allerlei Informationen bietet – unterhaltsam, aber teils auch ungenau. So liest man etwa, man könne in der Kander «baden» – inklusive des irreführenden Textes: «Ein Uferstreifen von 30 bis 40 Metern ist ganzjährig frei zugänglich. Hier kann der Mensch das natürliche Ufer geniessen und baden, bräteln, spielen und vieles mehr.» Fakt ist: Das sollte man an der Kander im Allgemeinen besser unterlassen. Klar ist: Der Browser wird zur Antwortmaschine. Der Hinweis auf Quellen könnte künftig sogar ganz verschwinden. Damit werden Firmenwebseiten zu blossem Rohmaterial für die KI-Module verschiedenster Anbieter.
Was können KMU tun?
Wie Unternehmen künftig «an die Kunden» kommen und ihre technische Infrastruktur anpassen sollten, ist noch offen. Fachleute geben aber bereits erste Empfehlungen – ohne Anspruch auf abschliessende Wahrheit:
• Traffic-Audit durchführen: Analysieren, woher der aktuelle Webseiten-Verkehr stammt, und Abhängigkeiten erkennen.
• Content-Strategie anpassen: Weg von SEO- hin zu KI-Optimierung – also mehr Inhalte im Gesprächston, mit direkten Antworten und klar strukturierten Informationen.
• Technische Infrastruktur modernisieren: Den Hintergrund der eigenen Webseiten aktualisieren und sich dabei von Web-Agenturen beraten lassen.
• Kooperationen aufbauen: Neben den klassischen Kundenbeziehungen parallel auch technische Netzwerke und Communities pflegen, die ähnliche Inhalte teilen.
• Experimentieren und lernen: Die Internetlandschaft verändert sich rasant. Kontinuierliches Testen neuer Formate und Kanäle ist entscheidend – gerade für KMU, die gefunden werden wollen.


