«Das Thema sollte nicht verschleppt werden»
20.09.2022 FrutigenGegen den Gemeindeentscheid, das Freibad fürs Erste nicht zu sanieren, regt sich Widerstand: Seit Montag sammelt das Liberale Frutigen (LF) Unterschriften für eine Initiative. Im Interview erklärt LF-Präsident Niklaus Liechti, warum er das Projekt trotz angespannter ...
Gegen den Gemeindeentscheid, das Freibad fürs Erste nicht zu sanieren, regt sich Widerstand: Seit Montag sammelt das Liberale Frutigen (LF) Unterschriften für eine Initiative. Im Interview erklärt LF-Präsident Niklaus Liechti, warum er das Projekt trotz angespannter Gemeindefinanzen an die Urne bringen will.
BIANCA HÜSING
«Wünschbare Investitionen haben keine Priorität» – so begründete Gemeinderatspräsident Hans Schmid im April den Beschluss, die Sanierung des Freibads vorerst ad acta zu legen. Nachdem die BürgerInnen gegen eine Steuererhöhung votiert haben, müsse die Gemeinde den Gürtel eben enger schnallen, um die Verschuldung in den Griff zu bekommen. Die Zwei-Millionen-Sanierung der maroden Badi verschwand damit aus dem Investitionsprogramm der kommenden Jahre.
Auf den ersten Blick schienen die Frutiger diesen Entscheid akzeptiert zu haben. Abgesehen von ein paar Leserbriefen im «Frutigländer» und einer Nachfrage an der Frühjahrs-Gemeindeversammlung rührte sich nicht allzu viel. Doch der Schein trog: Im Hintergrund arbeitete das Liberale Frutigen an einer Gemeindeinitiative. Seit Montag sammelt die Partei nun Unterschriften mit dem Ziel, das Geschäft nächstes Jahr an die Urne zu bringen. Die Badi sei zu wichtig, als dass man fahrlässig deren Schliessung riskieren könne.
Federführend an der Initiative beteiligt ist der ehemalige Gemeinderat und frühere Vizeobmann Niklaus Liechti. Einerseits ist sein Engagement in dieser Angelegenheit naheliegend – schliesslich war er in seiner Amtszeit für die Sanierung des Freibads zuständig und hat das Projekt mit ausgearbeitet. Gleichzeitig warnte er als Finanzressort-Chef aber stets vor zu hohen Schulden. Der «Frutigländer» hat ihn zur Gemeindeinitiative des Liberalen Frutigen befragt.
Herr Liechti, Sie wissen nur zu gut um die angespannten Gemeindefinanzen. Trotzdem setzen Sie sich für eine Zwei-Millionen-Investition ein. Wie geht das zusammen?
Es kommt auf die Prioritäten an, die man setzt. Die Sanierung des Freibads ist eine wichtige Investition, weil sie die Qualität der Gemeinde als Wohn-, Tourismusund Arbeitsort erheblich steigert. Auch als Treffpunkt für Jugendliche wird die Badi deutlich attraktiver, wenn der geplante Drei-Meter-Sprungturm steht.
Aber irgendwo muss das Geld herkommen. Ihre Partei hat sich am vehementesten gegen die Steuererhöhung ausgesprochen.
Weil wir die Erhöhung um einen Steuerzehntel für zu drastisch halten. Bei einem halben Steuerzehntel wären wir vielleicht mitgegangen. Aber nicht um jeden Preis: Das Liberale Frutigen ist nach wie vor gegen Steuererhöhungen, wenn damit Projekte finanziert werden sollen, die aus unserer Sicht keine Priorität haben.
Welche zum Beispiel?
Frutigen ist immer schnell dabei, wenn es um Strassensanierungen in der Peripherie geht. Ausserdem leistet sich die Gemeinde sehr viele verschiedene Schulstandorte. Besonders aufgestossen ist uns aber, dass der neue Gemeinderat gleich in seiner ersten Sitzung einen Beitrag für eine private Zufahrt gesprochen hat. Solche Geschenke sind angesichts der Finanzlage mehr als fraglich. Von der Sanierung der Badi würde dagegen das ganze Dorf profitieren – und deshalb sollte auch das ganze Dorf darüber entscheiden können.
Von der Idee, die Anlage an einen Investor abzutreten, halten Sie nichts?
Dass man im Gemeinderat auf eine Übernahme durch die Brügger HTB spekuliert, ist ein offenes Geheimnis. Natürlich hat die Firma als Betreiberin des Frutigresorts ein Interesse daran, dass das Freibad erhalten bleibt. Aber man kann doch nicht von einem Privatunternehmen verlangen, eine marode Anlage zu kaufen, die von vornherein Kosten verursacht und nie rentabel sein wird. Die Brügger HTB sollte ihre verfügbaren Mittel wie geplant in die Weiterentwicklung des Frutigresorts investieren können. Von der Freizeitanlage hat schliesslich auch die Gemeinde etwas – man denke nur an die Kurtaxen, Arbeitsplätze und Steuereinnahmen.
Aber das Frutigresort profitiert durchaus auch vom Freibad.
Deshalb erwarte ich auch, dass sich die Brügger HTB in irgendeiner Form beteiligt – am besten durch einen jährlichen Beitrag an die Betriebskosten. Das betrifft aber die Zeit nach der Sanierung. In der aktuellen Situation ist das Freibad meines Erachtens eine öffentliche Angelegenheit.
... die nicht noch warten kann, bis sich die wirtschaftliche Lage etwas entspannt und die Gemeinde ihre Schulden reduziert hat?
Nein, denn die Gefahr ist gross, dass das Freibad bald nicht mehr weiterbetrieben werden kann. Und selbst wenn: Die alte Anlage ist ein richtiger Stromfresser und sollte durch eine energieeffizientere ersetzt werden. Ausserdem versickert schon seit Jahren chlorhaltiges Wasser durch undichte Stellen in den Boden. Das ist umwelttechnisch höchst bedenklich.
Nehmen wir an, Sie bekommen die nötigen rund 530 Unterschriften zusammen. Dann hat die Gemeinde immer noch ein Jahr Zeit, Ihr Anliegen zu prüfen und eine Urnenvorlage auszuarbeiten. Wirklich schnell geht das auch nicht.
Das ist richtig. Deshalb drängen wir in unserem Initiativtext darauf, dass das Thema nicht verschleppt wird. Es sollte auch nicht besonders kompliziert sein, eine Urnenvorlage zu erstellen. Schliesslich liegt bereits ein pfannenfertiges Projekt inklusive Kostenschätzung vor, für dessen Ausarbeitung die Gemeinde ja auch schon 28 000 Franken ausgegeben hat. Unser Wunsch ist, dass es spätestens Ende 2023 zur Abstimmung kommt und man 2024 mit der Sanierung beginnen kann – auch wenn das sehr sportlich ist ...
Die Brügger HTB und das Freibad
Die Besitzverhältnisse auf dem grossen Areal ums Freibad sind kompliziert. Das Freibad selbst gehört der Gemeinde, wird aber betrieben von der Sportzentrum Frutigen AG. Diese wiederum besass einst das benachbarte «Frutighus», bis sie es Ende 2017 an die Brügger HTB verkaufte. Die Brügger HTB machte aus der defizitären Gruppenunterkunft und dem umliegenden Gelände eine florierende Freizeitanlage mit Spiel- und Campingplätzen, Hotelzimmern, Restaurant und Kletterturm. Auch das Freibad wird von den Gästen des Frutigresorts gern genutzt. Keine Frage: Frutigresort und Freibad profitieren voneinander und werden durch das geplante gemeinsame Eingangsgebäude künftig noch näher zusammenwachsen.
Das sieht auch Beat Brügger so: «Natürlich haben wir ein Interesse daran, dass das Freibad bestehen bleibt. Deshalb beteiligen wir uns schon heute auf verschiedene Art und Weise daran.» Feriengäste haben dank Gästekarte eigentlich einen Gratiszugang zum Freibad. Weil das Frutigresort (wie übrigens auch andere Gastgeber) von diesem Angebot profitiert, zahlt die Brügger HTB für jeden Übernachtungsgast eine Abgabe an die Sportzentrum Frutigen AG – und zwar freiwillig, wie Beat Brügger betont. «Ausserdem stellen wir Container-Garderoben auf und machen regelmässig Umgebungsarbeiten, die wir nicht in Rechnung stellen. Schliesslich ist es auch in unserem Interesse, dass das Areal gepflegt aussieht und sich unsere Gäste wohlfühlen.» Insgesamt, schätzt Brügger, zahlt seine Firma jährlich mehrere Zehntausend Franken an die Sportzentrum AG. Was eine mögliche Übernahme des Freibads oder eine Beteiligung an der Sanierung angeht, dazu möchte er sich zurzeit nicht äussern.
HÜS