Ferienzeit ist Reisezeit. Es gibt Leute, die zwanzig Jahre lang in dieselbe Ferienwohnung vor dem Alltag flüchten. Allerdings könnte man auch mal etwas weiter denken bei der Reiseplanung. «111 Places in Space That You Must Not Miss» läutet das neue Zeitalter der ...
Ferienzeit ist Reisezeit. Es gibt Leute, die zwanzig Jahre lang in dieselbe Ferienwohnung vor dem Alltag flüchten. Allerdings könnte man auch mal etwas weiter denken bei der Reiseplanung. «111 Places in Space That You Must Not Miss» läutet das neue Zeitalter der kosmischen Fernreise ein. In seinem Reiseführer listet der Sternforscher Mark McCaughrean 111 Orte im Kosmos auf, die jeder Mensch kennen sollte. Zwar wissenschaftlich korrekt, aber mit einem Augenzwinkern werden im galaktischen Schmöker Hotspots jenseits des letzten Zimmerservice aufgelistet: Kometen mit malerischen Steilklippen für Basejumping oder schwarze Löcher als ultimative Selfie-Spots. Und bitte lassen Sie das Handtuch nicht im Orionnebel liegen!
Ein bisschen realistischer für Normalsterbliche sind da schon die Reisepläne der Südkoreaner. Das Land möchte bis 2045 die dritte Nation mit einer eigenen Mondbasis sein, wie es kürzlich mitteilte. Geplant ist, Ressourcen wie Wassereis zu Tage zu fördern oder wohl auch gleich Weltraum-Internet zu verlegen, damit der TikTok-Account (oder was dannzumal sozialmedial heiss ist) gepflegt werden kann. Immerhin hat das Land mit einer Sonde schon den Mond umrundet und Mondrover abgesetzt.
Wer es lieber bodenständiger mag, kann sich dennoch auf All-Abenteuer einlassen. Aktuell bereiten sich Nachwuchsastronauten in einer der unwirtlichsten Ecken der Schweiz auf galaktische Abenteuer vor: Tief im Fels des Gotthards, in der Festung Sasso San Gottardo, simulieren angehende Raumfahrer möglichst realistisch das Überleben in Isolation und Dunkelheit und mit Notrationen. Es gibt fast alles, wovor man sich im All fürchtet: Enge, Kälte, Dunkelheit – und ganz fies, das Fehlen des Handyempfangs. Nach Ferien tönt das nicht, ich weiss, aber immerhin nach Abenteuer.
Ferien müssen ja durchaus nicht nur aus reiner Erholung bestehen, sondern dürfen ein bisschen Herausforderung im Gegensatz zum Einerlei des Alltags sein – und sei es nur in Gedanken: der grosse Traum vom Mondurlaub (ob man dort ausgerechnet auf die Nachbarn trifft wie auf Malle?) oder ein bisschen Fernweh im Taschenbuchformat.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
H.SCHNEIDER@FRUTIGLAENDER.CH