Das Wort der Stunde: Flexibilität
10.01.2025 AdelbodenDie Wetterkapriolen zwangen die Organisatoren des Weltcups zu einem ungewöhnlichen Schritt: den altbewährten Ablauf umzustellen. Die Programmänderung betrifft nahezu alle, die am Rennwochenende beteiligt sind – inklusive Fans.
MARK POLLMEIER
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Die Wetterkapriolen zwangen die Organisatoren des Weltcups zu einem ungewöhnlichen Schritt: den altbewährten Ablauf umzustellen. Die Programmänderung betrifft nahezu alle, die am Rennwochenende beteiligt sind – inklusive Fans.
MARK POLLMEIER
Am Mittwochmittag um Punkt 12 Uhr versandte die Ski-Weltcup Adelboden AG eine E-Mail. Dass der Inhalt ungewöhnlich war, liess schon die Kennzeichnung vermuten: «Diese Mitteilung hat hohe Priorität.» Die Verantwortlichen – neben den Weltcup-Organisatoren auch FIS und Swiss-Ski – informierten darüber, dass das Rennprogramm wegen der schwierigen Wetterbedingungen umgestellt werden muss. Bislang machte Föhn- und Regenwetter den Pistenpräparatoren zu schaffen, von heute auf morgen sind Schneefälle angekündigt. Am Samstag ist zudem mit Nebel zu rechnen. Die deutlich längere Riesenslalomstrecke unter diesen Bedingungen «rennfähig» zu machen, wäre fast unmöglich. Also entschied man sich, den Slalom vorzuziehen und ihn am Samstag durchzuführen – in der Hoffnung, die Piste für diesen weniger rasanten Lauf präpapieren zu können. Für den Sonntag ist dagegen passables Wetter vorhergesagt.
Die Notmassnahme ist nötig, um das Wochenende mit beiden Rennen duchführen zu können – die Alternative wäre nämlich fast sicher eine Absage des Riesenslaloms am Samstag gewesen. Doch auch, wenn der Tausch die bessere Lösung ist, hat sie doch für viele Beteiligte weitreichende Konsequenzen – nicht zuletzt auch für die Weltcup-Fans. Zwar bleiben die Tickets für die Rennen gültig. Wer jedoch Karten für den Riesenslalom hat, wird nun unerwartet den Slalom sehen – und umgekehrt.
Was ist mit den Tickets?
Nicht alle sind mit dieser Lösung glücklich. Kaum hatten die ersten Medien über die Umstellung der Renndisziplinen berichtet, gingen in den Kommentarspalten die Diskussionen los. Es sei doch heute alles digital – warum man denn nicht auch die Tickets umstellen könne?
Doch das ist nicht so einfach. Für die Rennen am Samstag erwartet man in Adelboden 25 000 ZuschauerInnen, am Sonntag (bisher) etwa die Hälfte. Abläufe und Logistik seien auf diese Zahlen ausgelegt, erläutert die Weltcup AG und verweist etwa auf den Shuttlebus-Service oder auf die Dienstpläne für die freiwilligen HelferInnen. Nicht nur die Renndisziplinen zu tauschen, sondern auch noch die Tickets «umzubuchen», sei deshalb in der Kürze der Zeit schlicht nicht möglich. «Man muss sich nur einmal vorstellen, am Sonntagnachmittag würden 25 000 Weltcup-Besucher die Heimfahrt antreten, dazu noch ein grosser Teil der Adelbodner Ferienhausbesitzer», skizziert Geschäftsleitungsmitglied Christian Haueter das Szenario. «Dazu käme dann noch der Reiseverkehr aus dem Wallis – wir hätten das totale Verkehrschaos.» Schon aus Sicherheitsgründen könne man dieses Risiko nicht eingehen.
Zusammen mit den Rennen auch die Tickets zu tauschen, ist also keine Option. Immerhin: Wer seine Weltcup-Karten einreicht, kann sich unter Umständen die Preisdifferenz erstatten lassen. «Wir bitten dich, dein Ticket auf diesem Formular hochzuladen. Deine Anfrage wird geprüft», heisst es dazu auf der Website des Adelbodner Weltcups.
Eine Erstattung des kompletten Preises wird dagegen nicht angeboten (zur rechtlichen Situation: siehe Kasten rechts unten).
«Am Samstig gnai so Gas geh»
Vom Rechtlichen einmal abgesehen: Dass die Umstellung der Renndisziplinen den BesucherInnen einiges abverlangt, ist den Organisatoren natürlich bewusst. Schon in ihrer Infomail appelieren sie deshalb «an alle Skifans, die Flexibilität und Fairness zu unterstützen, die den Sport so besonders machen». Christian Haueter erläuterte in kurzen YouTube-Videos die Situation und warb um Verständnis – auch, weil bei der Geschäftsstelle viele Fragen eingegangen waren. Selbst Skistar Marco Odermatt versuchte, die Verärgerten unter den Weltcup-Fans zu beschwichtigen. «Meini Slalom-Kollege wärid am Samstig gnai so Gas geh und e super Stimmig isch z Worldcup Adelboden sowieso garantiert», schrieb er in einem Instagram-Post und richtete sich damit speziell an den «Fanclub Marco Odermatt».
Man sei aktuell mit allen Fanclubs im Gespräch und suche nach Lösungen, erläutert Christian Haueter. Aber auch diesbezüglich ist die Situation kompliziert. Die Fans hätten die Anfahrt schon organisiert, Zimmer seien gebucht – das alles umzuorganisieren sei eben schwierig, auch für die Weltcup-Besucher selbst.
Geforderte Hoteliers
Durcheinandergewirbelt wurde auch der Zeitplan der anreisenden Skiathleten. Damit jeder von ihnen am richtigen Tag anreisen kann und ein Bett vorfindet, hat die Weltcup-Geschäftsstelle nun einiges zu tun. «Zum Glück haben wir eine super Zusammenarbeit mit der Hotellerie», lobt Haueter. Auch bei den Gastgebern ist nun Flexibilität gefragt, und alle tun ihr Möglichstes, damit das Rennwochenende reibungslos stattfinden kann.
Weitere Hinweise zum Rennwochenende:
• Das Programm der Side-Events bleibt trotz der Umstellung bestehen, ebenso das Musik- und Festprogramm.
• Die Startnummernauslosung vom Freitag gilt neu für den Slalom, die Siegerehrung am Samstag entsprechend für die Top 5 des Slalomrennens, gefolgt von der Startnummernauslosung für den Riesenslalom.
• Die Tickets für den Sonntag (Riesenslalom) sind bzw. waren limitiert und nur online verfügbar. Eine Tageskasse gibt es nicht.
• Aktuelle Infos zum Wochenende: weltcup-adelboden.ch/news
PRESSEDIENST SKI-WELTCUP ADELOBODEN AG
Was steht eigentlich im «Kleingedruckten»?
In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Ski-Weltcup Adelboden AG wird in Art. 12 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei den Rennen um eine Freiluftveranstaltung handelt. «Die Gefahr von Programmänderungen, -verschiebungen und -absagen ist daher als typisches Risiko zu bezeichnen.» Eine Rückerstattung des Ticketpreises wegen einer Rennverbschiebung wird deshalb ausgeschlossen (Art. 14 AGB).
Im Artikel 12 heisst es jedoch auch: «Die Tickets sind gültig für die jeweilige Renndisziplin.» Diese Vorgabe ist nun definitiv nicht zu halten.
Es tue ihm wirklich leid, dass viele Fans nun ein anderes Rennen sehen würden als geplant, sagt Christian Haueter zum Tausch der Disziplinen. «Aber unser Ziel ist es, den Adelbodner Weltcup mit zwei Rennen durchzuführen – und dafür war die Massnahme nötig.» Andernfalls wäre der Riesenslalom am Samstag mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 70 Prozent kurzfristig abgesagt worden. «Und davon hätte dann ja auch niemand was», so Haueter.
Gegen weitergehende Schadenersatzansprüche hat sich die Weltcup AG jedenfalls abgesichert. «Der Veranstalter haftet nicht für die dem Weltcupgast durch eine eventuelle Rennabsage oder Rennverschiebung entstehenden Kosten (Schadenersatz wie Reisekosten, Verpflegung, Unterkunft usw.), heisst es in Artikel 16 der AGB.
POL / SKI-WELTCUP ADELOBODEN AG